Brühtemperatur und Druck bei einem Handhebler

Diskutiere Brühtemperatur und Druck bei einem Handhebler im Grundsätzliches Forum im Bereich Fragen und Tipps; Hallo! Schon vor längerem habe ich einen sehr netten Nachmittag bei Harald von Sancta Coffea verbracht, um mit dem Scace 2.0 einen schönen...

  1. #1 octabeer, 29.10.2014
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    Hallo!

    Schon vor längerem habe ich einen sehr netten Nachmittag bei Harald von Sancta Coffea verbracht, um mit dem Scace 2.0 einen schönen Gastro-Handhebler hinsichtlich realer Brüh- und Druckkurve durchzumessen. Ich erinnere mich hoffentlich richtig. es müsste eine Faema Antigue Handhebel gewesen sein. Der Espresso, der darauf gebrüht wird, war extrem rund und differenziert. Nichts was auf der Zunge ein Theater macht, dass man retronasal nichts mehr wahrnimmt. Das ist wichtig, weil die Messungen zu einigen Standardannahmen nicht passen, so ist der Extraktionsdruck niedriger:

    [​IMG]
    Die Flussrate des Scace lag ein bisschen zu hoch, der Extraktionsdruck liegt also etwas höher. Die Temperaturkurve hat interessanterweise einen gekrümmten Verlauf, die Temperatur ist insgesamt eher hoch, das passt zu dem eher niedrigen Extraktionsdruck.

    Wir haben 5 Shots gezogen, davon lagen zwei vergleichbar mit dem hier gezeigten, einer ist uns nach unten und einer nach oben abgehauen. Im realen Espressobetrieb gibt es keine Probleme mit Ausreißern, mit dem Scace haben wir die Maschine allerdings aus einem stabilen Zustand herausgefahren. Es scheint auch hier wieder zu greifen, dass bei Maschinen für die es einige Erfahrung braucht, man sich genau überlegen muss wie man misst.

    Insgesamt stelle ich mir mehr und mehr die Frage: Druck runter, Temperatur rauf?! Die Silvia steht wieder in der Küche, die Lelit ist zerlegt und ich brühe über den Arturo lieber mit 8,0bar und weniger.

    Viele Grüße

    octa
     
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  2. #2 Pacamara, 29.10.2014
    Pacamara

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    Hallo,

    erst mal Respekt für die interessanten Messungen.

    Dazu drängen sich mir einige Fragen auf:
    - Wie hoch ist im Vergleich dazu der mit dem gleichen SCACE gemessene Brühdruck an einer Pumpenmaschine,
    z.B. der Silvia. Ist der dann höher?
    - Die Markierung 'Hebel loslassen' müsste weiter links sein, oder? Solange man den Hebel festhält ist der Druck gleich Null.

    Meine Erfahrung mit der Hebelmaschine ist, dass das Blonding extrem spät einsetzt.
    Ich führe das darauf zurück, dass sowohl Druck als auch Temperatur während des Shots abfallen,
    wie du auch mit deiner Messung zeigst.

    Viele Grüße,
    Walter_68
     
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  3. #3 octabeer, 29.10.2014
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    Hallo Walter!

    Der Druck an einer Silvia liegt gemessen mit dem Scace bedeutend höher, ich habe das auch gegen meinen Drucksensor, der in der Silvia verbaut ist, getestet. Dort liegt man dann tatsächlich bei den angepeilten 9-bar. Wie gesagt war die Flussrate etwas zu hoch, man müsste die Kurve vielleicht um 0,5 bar nach oben verschieben. Trotzdem bleibt der niedrige Maximaldruck und der starke Abfall erhalten.
    Das mit der Blondphase finde ich einen sehr interessanten Punkt! Die eher unerwünschten Aromen liegen ja meistens eher spät im Shot, so dass auf Handheblern diese automatisch weniger extrahiert werden und man damit zu guten Ergebnissen kommt.

    Beim Hebel loslassen hast du mich jetzt kalt erwischt, das war der erste Handhebler an dem ich rumprobiert habe. Aber in meiner Erinnerung und auf den Videos, die wir gemacht haben, funktioniert das so. Hebel gegen die Feder runterdrücken und es beginnt Wasser zu fließen, dann etwas fließen lassen, Hebel loslassen, der sich langsam nach oben entspannt. Aber da kann es wirklich sein, dass ich das nicht mehr richtig in Erinnerung habe.

    Grüße!
    octa
     
  4. #4 Pacamara, 29.10.2014
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    Der Druck beim Handhebler hängt einmal von der verwendeten Feder (und deren Alterungszustand) ab,
    und auch von der Reibung zwischen dem Zylinder und den Dichtungen.
    Ich hatte da mal ein Aha-Erlebnis an meiner Lambro als ich das Einfetten der Dichtung vergaß.
    Es gibt ja auch ellenlange Threads, welche Federn man verbauen sollte, sowie über den Verbau von Doppelfedern etc.
    Charakteristisch gegenüber der Pumpenmaschine ist aber immer der Druckabfall.

    (Bei meinen Maschinen finde ich den Unterschied nicht so eklatant, ich nutze eine Lambro und eine Silvia
    in beliebigem Wechsel mit der gleichen Mühle bei gleichem Mahlgrad. Die Silvia baut etwas mehr Druck
    auf, was ich über die Siebe kompensiere. Guten Kaffee machen beide. Toll ist die Möglichkeit, über den Hebel
    Präinfusionsdauer und damit Temperatur, sowie während des Shots den Druck zu beeinflussen)

    Hochinteressant finde ich hierzu bei deiner Messung den Temperaturabfall von 1-2° auf 10 sec.

    Das mit dem Hebel stimmt schon so.
    'Hebel gegen die Feder runterdrücken und es beginnt Wasser zu fließen, dann etwas fließen lassen, Hebel loslassen, der sich langsam nach oben entspannt.'
    De facto wenn du den Hebel runterdrückst fliesst Wasser, der Federdruck wird aufgebaut wenn du den Hebel loslässt.

    Viele Grüße!
     
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  5. #5 gunnar0815, 29.10.2014
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    @octabeer tolle Messung schon wäre aber diese Kurve mit der Kurve der verbauten Feder zu vergleichen.
    Welche Feder in der Maschine verbaut ist bzw. wie alt die schon ist weißt du wohl nicht?
    Hätte man diese beiden Kurven mal verglichen könnte man so immer auf den realen Druck am Puck von der Federkurve schließen.
    Ich hab mir dafür mal eine Excel Datei gebastelt um den rechnerischen Druck am Puck durch die Federkurve darzustellen.
    http://www.kaffee-netz.de/threads/federstaerken-bei-handhebel.80492/
    Reibung usw. sind da aber nicht berücksichtigt.
    Gunnar
     
  6. #6 octabeer, 29.10.2014
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    Hallo!

    Krasse Idee, das direkt umzurechnen =). Kann man daraus einen Verlauf über die Zeit ausrechnen? Die Federhärte nimmt doch eine konstante Kraftabgabe an? Das würde zum ungefähr linearen Druckrückgang von 6 auf 3,5 bar passen. Mit welchen Federhärten hast du gute Erfahrungen gemacht? Ist dann mein Gedanke, dass der Druck wegen des etwas zu hohen Flusses höher sein muss richtig? Das habe ich mal blind von der Ulka und ihrer Kennlinie übertragen. Aber macht das bei einer Feder Sinn? Entspannt die sich nicht einfach nur schneller?
    Ich will in den nächsten Wochen nochmal das Scace mit der Silvia durchmessen und das mit realen Shots vergleichen, vielleicht ergeben sich daraus auch nochmal Korrekturen. Das validere Ergebnis ist auf jeden Fall die Temperatur.
     
  7. #7 gunnar0815, 29.10.2014
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    Je weiter der Kolben nach unten geht desto geringer ist die Federkraft. Siehe Tabelle.
    Verbindest du den höchsten Kolbenstand mit 0 Sek. als beim loslassen des Hebels und den tiefsten Kolbenstand mit den Sek. (ende des Bezuges) könnte man beide Kurven genau übereinander legen und würde die anderen Faktoren wie Reibung usw. sehen.
    Mit den Federn ist das auch so eine Sache. Es gibt super viele aber ganz wenige die dann wirklich in Fragen kommen.
    [​IMG]
    Wie man aus der Liste sieht fängt sie bei 10,5 Bar an und hört bei 6.7 Bar auf. Das war die einzige in diesem Bereich. Die anderen fingen alle ehr unter 9 Bar an. (die Verluste nicht vergessen durch Reibung, Undichtigkeit usw. die sind hier nicht berücksichtigt da Unbekannt)
    Hab auf einer möglichs geringen Abfall der Feder geachten als auf eine möglichs geringe Federrate R N/mm.
    Gunnar

    Gunnar
     
  8. #8 yoshi005, 31.10.2014
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    Sehr schöne Darstellung, vielen Dank, octabeer.

    Was ich sehr spannend fände, wäre eine Messung der Temperaturkurven abhängig von der Präinfusionszeit. Es gilt ja grundsätzlich, dass die Temperatur mit steigender PI-Dauer abnimmt, was eine schöne Möglichkeit ist, mit unterschiedlichen Temperaturen zu spielen. Das einmal anhand exakter Daten zu sehen, wäre für mich sehr hilfreich.

    Leider wohne ich nicht in Karlsruhe, sonst hätte ich meine Londinium gerne als Meßgerät zur Verfügung gestellt...

    LG, yoshi

    PS: Dass niedrigerer Druck zu einem runderen Geschmackprofil führt, haben ja bereits einige beobachtet. Trotzdem glaube ich nicht, dass es damit getan ist, bei einer Silvia die Temperatur hoch und den Druck runter zu drehen. Ich persönlich bin der Meinung, dasss die fallenden Druck- und Temperaturkurven den geschmacklichen Ausschlag geben.
     
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  9. #9 gunnar0815, 31.10.2014
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    Ich denke es liegt mehr oder wenier nur am Druck. Wenn man zum ende des Bezuges (5-10Sek. davor) die Preinfusion wieder zuschaltet hat man auch den Effekt das der Kaffee runder gleichmässiger wird.
    Hilft bei manch einem Kaffee der so überhaupt nicht will. Aber es ich auch gut das man das nicht bei jedem Kaffee hat. Das wäre mir auf dauer zu rund für ca.90 % der Kaffees.
    Gunnar
     
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