Der Kunstmusik-Thread: Referenzaufnahmen, Lieblingskomponisten, Lieblingssolisten

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  1. #1 Vincent Kluwe-Yorck, 13.01.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 26.01.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Nachdem der Thread für Unterhaltungs- und Popmusik seit langem sehr erfolgreich ist, die Kunstmusik dort aber ein wenig unterzugehen scheint, möchte ich versuchen, einen Thread für die Liebhaber der Kunstmusik zu etablieren.

    Vielleicht können wir uns hier über unsere musikalischen Liebhabereien austauschen. Damit die – hoffentlich vielen – stillen Mitleser möglichst weitreichend davon profitieren können, würde ich es begrüßen, wenn Ihr nicht nur einfach Eure Lieblingswerke einstellt, sondern auch kurz berichtet, warum Euch gerade diese Aufnahme / dieses Werk / dieser Solist gefällt.

    Es dürfen natürlich gerne auch Fragen gestellt werden – z. B. wenn sich jemand nicht für eine bestimmte Aufnahme entscheiden kann, oder was auch immer.

    Seit ich wieder eine vernünftige Stereo-Anlage besitze (den herzlichsten Dank nochmal an alle, die mir 2012 mit vielen hilfreichen Ratschlägen bei der Wahl und Zusammenstellung geholfen haben!), habe ich meinen gesamten Musikbestand revidiert. Hunderte Vinyl-Platten sind der Revision zum Opfer gefallen und durch CD ersetzt worden.

    Grund dafür war meine Beobachtung, wie sehr sich der Musikmarkt in den letzten 30 Jahren geändert hat: Durch die neuen Möglichkeiten des Marktes (elektronische Aufnahme und Bearbeitung der Musik, erweiterte Marketingchancen durch Youtube, aber auch unglaubliche Verbesserung der Wiedergabe durch digitale Techniken u.v.m.) haben sich unzählige neue, wirtschaftlich unabhängige Ensembles etabliert (im Gegensatz zu den staatlich finanzierten Symphonieorchestern). Viele von ihnen sind aus Freundschaften an den Konservatorien heraus entstanden und konnten durch Spezialisierung auf begrenzte Genres eine überragende Spielkompetenz entfalten, die ihre guten Marktchancen begründeten, und damit ihr wirtschaftliches Überleben sichern.

    Der Unterschied der Aufnahmen dieser neueren Ensembles (als ein Beispiel neben vielen anderen seien die I Barocchisti und ihr Gründer und Leiter Diego Fasolis genannt) zu den älteren symphonischen Einspielungen springt einem förmlich ins Ohr: Spielfreude, neue Lesarten der alten Partituren, überhaupt die Rekonstruktion verlorener Partituren aus vielen alten Quellen etc. haben zu Aufnahmen geführt, die geradezu überwältigend sind. Im direkten Vergleich hatte ich oft den Eindruck, dass die Musiker der staatlichen Orchester mit ihrer guten, lebenslangen wirtschaftlichen Versorgungslage teilweise nur der Pensionierung entgegendämmern (SEHR überspitzt formuliert). Dass die Berliner, die Wiener, die Amsterdamer, die Londoner und etliche andere immer wieder fantastische Einspielungen vorlegen, soll überhaupt nicht in Abrede gestellt werden. Aber im Bereich der alten Musik hat sich in den letzten Jahren bei den jungen Ensembles nun mal mehr getan als bei den Philharmonikern.

    Die Fehler, die mit den neuen Spielweisen gemacht wurden, und meist aus der Experimentierfreude und der Suche nach neuen Wegen erwachsen sind (überzogene Tempi, übermäßige Agogik u.v.m.) scheinen in den letzten Jahren überwunden. Verständlich, dass man zunächst über das Ziel hinausschießt bei der Suche nach neuen Ufern. Ebenso natürlich ist es, dass die neuen Ufer nach einiger Zeit gefunden werden, und man dann in ausgeglichenere Fahrwasser einkehrt.

    Auf diese Weise haben sich in meinem Musikschrank viele hundert neue Referenzaufnahmen versammelt, von denen ich hier gerne nach und nach die eine oder andere vorstellen will, und auch versuchen möchte zu erklären, was mir persönlich daran gefällt.

    Zunächst zu meinen persönlichen musikalischen Obsessionen: Ich bekenne mich als Monteverdi–Corelli–Vivaldi–Bach–Händel–Rameau–Boccherini–Haydn–Beethoven–Berlioz–Mendelssohn–Bruckner–Saint-Saens–Shostakovich–Fanboy (um nur einige der mir Wichtigsten zu nennen). Mein Schwerpunkt liegt aber eindeutig auf alter Musik – ein Gebiet, auf dem sich in dem genannten Zeitraum besonders viel ereignet hat: gerade hier finden sich unglaubliche Schätze, die in den letzten Jahren mit besonderer Liebe und Sorgfalt eingespielt wurden.

    [​IMG]

    Aber jetzt in medias res mit einem Vorschlag:

    Ich wundere mich, dass in all den Jahren noch niemand auf die nächstliegende Idee gekommen ist, eine "Nationalhymne" für das Kaffee-Netz vorzuschlagen! Zumal es eine Musik gibt, die sich thematisch geradezu anbietet: die zauberhafte Kaffee-Kantate von Bach.


    (Kaffee-Kantate, dirigiert von Helmuth Rilling, ab 31:37)

    Das Kantatenwerk von Bach ist eines der größten und gleichzeitig unbekanntesten
    (wenn man vom Weihnachtsoriatorium und den Passionen absieht) Meisterwerke der Musikgeschichte. Das Gesamtwerk der Kantaten wurde in den letzten Jahrzehnten verschiedentlich eingespielt, und zwar von Pieter Jan Leusink, Helmuth Rilling, Ton Koopman und Masaaki Suzuki. Ich selbst besitze die beiden Cyklen von Leusink und Rilling, die ich beide wärmstens empfehlen kann. Welcher von beiden ich den Vorzug gebe, vermag ich nicht zu entscheiden, weshalb ich mich für beide entschieden habe. Beide haben ihre Stärken: Der Cyclus von Rilling bietet beispielsweise eine überragende und einfach berückende Christine Schäfer, die auch hier auf der verlinkten Aufnahme mit ihrem Sopran zu hören ist.

    Die größte Überraschung für mich war, welch breites kompositorisches Spektrum Bach hier entfaltet. Keine zwei Kantaten gleichen sich und langweilig wird es buchstäblich bei keiner einzigen. Ich habe den Eindruck, Bach lotet hier als Vollender des Barockzeitalters das gesamte Spektrum seiner kompositorischen Möglichkeiten mit allen instrumentalen Klangfarben und Affekten über die Jahrzehnte aus – ähnlich, wie es kurz darauf Haydn mit den Streichquartetten und seinen Symphonien getan hat.

    So, genug für heute. Ich hoffe, dass diese ersten Gedanken ausreichen, um den einen oder anderen Boardie zu eigenen Beiträgen zu animieren. Und ich freue mich auf die Chance, mich von Euren Gedanken bereichern zu lassen! :)

     
  2. #2 Vincent Kluwe-Yorck, 13.01.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 13.01.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Ich verschiebe mal meinen Beitrag aus dem anderen Musik-Thread hierher, da er nun wohl besser hierher passt:

    Heute endlich bei mir eingetroffen: PYROTECHNICS – ein Meisterwerk meiner Lieblings-(BA)ROCKröhre Vivica Genaux, gewaltigster Koloratur-Mezzo der Epoche.
    Die CD ist eine Ariensammlung *** aus diversen Opern Vivaldis. Und was sie daraus macht, sprengt einfach jeden Maßstab.

    *** ... und zwar eigens von Fabio Biondi für dieses Projekt musikologisch bearbeitet, zu einem neuen Gesamtopus verbunden, und mit seinem glänzenden Ensemble Europa Galante neu eingespielt.
    Es ist also nicht einfach nur eine vom Label lieblos aus alten Produktionen zusammengestückelte Sammlung von Erfolgsarien, um mit einem wiedergekäuten Brei noch einmal kräftig Kasse machen zu können.


    Zum Anhören in die Bildfläche klicken und dann noch einmal auf den unterstrichenen Text!

    Zu dieser Aufnahme sollte ich vielleicht noch etwas ergänzen und mit einer Frage verbinden. Vivica Genaux ist eine Sängerin wie ein Vulkan – taucht sie in einer Produktion auf, dominiert sie das Werk und lässt den Bühnenboden beben. Dabei ist sie gleichzeitig unglaublich bescheiden und um Ensemblegeist bemüht und immer bereit, sich in den Dienst des Gesamtkonzepts zu stellen. Aber sie ist nunmal ein Vulkan und ich bin mir nicht sicher, ob sich ihre Stimme dadurch für Ensembleprojekte eignet. Könnte es sein, dass viele Ensembleleiter deshalb lieber unaufälligere Stimmen besetzen, die sich stimmlich besser in das Ensemble einfügen? Wäre gespannt, was Ihr dazu denkt!


    Vivica haut mich einfach aus den Sandalen – das schafft sonst keine so schnell! ;)
    [​IMG]
     
  3. #3 betbruder, 13.01.2015
    betbruder

    betbruder Mitglied

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    Ich kann Deine Meinung bezüglich der großen arrivierten Orchester nur teilen (aber, wie Du richtig schreibst, kommen auch aus deren Reihen immer wieder Schmankerln).
    Meine Favoriten der neueren Zeit:
    Les Musiciens du Louvre • Grenoble unter Marc Minkowski (beeindruckend die konzertante Aufführung von Wagners Holländer im Wiener Konzerthaus)
    Concerto Köln, Akademie für alte Musik Berlin, Freiburger Barockorchester unter Rene Jacobs (herausragend die ebenfalls konzertante Zauberflöte bei der Mozartwoche)
    Concentus Musicus Wien unter Harnoncourt (ein durchaus interessanter Grenzgang: Die Trias 39, 40, 41 in der Neueinspielung 2014, echt heftig)
    Einer der interessantesten Sänger zur Zeit: Bejun Mehta (Orfeo ed Euridice, inszeniert von Romeo Castelucci bei den Wiener Festwochen 2014)
    Danke für den Thread!
     
  4. #4 betateilchen, 13.01.2015
    betateilchen

    betateilchen Gast

    Dann oute ich mich mal als Fan von Vladimir Horowitz.
    Und wenn es etwas "leichter" sein soll, höre ich ganz gerne Mihaela Ursuleasa.
     
  5. #5 Vincent Kluwe-Yorck, 13.01.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 26.01.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Hallo Herr Betbruder,
    da hast Du ja einige der wesentlichen leuchtenden Wegweiser der "neuen Alten Musik" aufgezählt! :)

    Die Musiciens du Louvre mit Marc Minkowski gehören zu den bekanntesten Exponenten der Szene. Aber für Wagner hatte ich sie bisher nicht auf dem Monitor. Sehr interessant - vor allem mit einer konzertanten Aufführung wäre ich sehr interessiert, nachdem ich die älteren Wagner-Inszenierungen allesamt für missglückt halte - um nicht zu sagen unerträglich. Ich habe mir erst kürzlich den gesamten Zyklus von Marek Janowski mit seinem RSO gekauft und sämtliche alten Wagner-Flaggschiffe im CD-Fundus versenkt. Der Zyklus wurde ebenfalls konzertant eingespielt und stellt für mich die beste Einspielung dar, die derzeit zu haben ist. Prädikat: äußerst empfehlenswert, wenn man Wagners Musik mag. (Ob man Wagner selbst mag, da kann man durchaus geteilter Meinung sein - bin ich auch!) ;)

    René Jacobs hat ja mit den Freiburgern und ihren Konzertmeistern von der Goltz und Müllejans einige fulminante Einspielungen vorgelegt, von denen ich auch etliche besitze. Dass er sich mittlerweile der Klassik mit Mozart zugewendet hat, habe ich nur gehört. Seine Zauberflöte kenne ich noch nicht. Gibt es die als CD? Ich besitze die sehr empfehlenswerte Zauberflöte nur von Sigiswald Kuiken und seiner kleinen Bande (La Petite Bande) - ebenfalls einem der herausragenden Barock-Ensembles.



    Harnoncourt hat sich ja über die Jahrzehnte erstaunlich entwickelt - sogar sein Schönberg Chor hat sich mittlerweile zu einer beachtlichen Truppe gemausert. :rolleyes: Seine Trias kenne ich allerdings nicht: Könntest Du da einen Link beisteuern?
    Auch Orfeo ed Euridice würde mich sehr interessieren! Ich liebe Gluck und besonders den Orfeo in beiden Versionen. Zu bedauerlich, dass es viele Inszenierungen nicht in die Veröffentlichung schaffen. Gibt es da irgendwo ein Video?

    Frage zu Horowitz: Welche Aufnahme besonders? Ich selbst besitze nur seit 30 Jahren sein legendäres Konzert in Moskau.
    Die Geschichte von Mihaela Ursuleasa ist ja fürchterlich! (Fürchterlich traurig meine ich.) Noch dazu, wo sich mit ihrem Lebensweg zwei meiner drei Lieblingsmusiker aller Zeiten verbinden: Clara Haskil (Klavier) und Sol Gabetta (Cello) (der dritte ist Yehudi Menuhin, Violine). Leider habe ich ihr kurzes Strahlen völlig versäumt und kenne keine einzige ihrer Aufnahmen. (Und was haben wir als "Ersatz" bekommen?!? Lang Lang. Na toll.)

    Zur Sicherheit möchte ich gleich zu Anfang noch eins klarstellen, damit es nicht zu Missverständnissen und unnötigen Zwistigkeiten kommt: Ich verstehe von Musik nicht die Bohne, kann nur mit größter Mühe eine Partitur lesen (buchstabieren wäre korrekter) und kann nicht einmal die Feinheiten moderner Aufführungspraxis beurteilen. M.a.W. ich weiß nix. Aber ich habe Ohren und ich liebe Musik, zähle mich also nicht zu den Kennern, sondern zu den dilettantischen Liebhabern. Und wenn ich mich zu Aufnahmen äußere, gebe ich nur meine höchst subjektiv empfundenen Eindrücke wieder. Da ich mich darüberhinaus seit Jahrzehnten für Geschichte, besonders für Kulturgeschichte, und speziell auch ein wenig für Musikgeschichte interessiere, mag in mein Geschreibsel der eine oder andere schlau wirkende Erinnerungsbrocken aus diesem Fundus einfließen. Dies nur zur Warnung vor dem einen oder anderen Blödsinn, den ich vor habe, zu verzapfen.
     
  6. #6 plempel, 13.01.2015
    plempel

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    David Garrett? Nein? :D

    bin schon weg ...
     
  7. #7 Vincent Kluwe-Yorck, 13.01.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Nicht einmal ignorieren, Herr Plempel! :)

    Aber wenn jemand an jungen Violinisten interessiert ist: Ich mag Hilary Hahn trotz ihres hoffnungslos verunglückten Abmühens mit Bach seit ihrem allerersten Auftritt in Deutschland. Ihr Strich erinnert mich aus unerfindlichen Gründen immer an Andres Segovia (der ja nun ein Gitarrist war, wie jeder weiß).
    Andererseits gibt es derzeit so viele herausragende Violinsten in jedem Genre, dass ich Schwierigkeiten hätte, eine Rangfolge zu bestimmen. Garrett gehört für mich allerdings nicht dazu.

    Ah. Noch ein Wort zu Lang Lang: Der Kerl hat kürzlich eine erstaunliche Aufnahme mit Stücken von Chopin vorgelegt (die ich auch besitze). Hätte nicht gedacht, dass der mir ins Haus kommt!
    (Garrett kann allerdings vorlegen, was er will: Dass der mir ins Haus kommt, wäre denn doch des Guten zuviel!) :confused:
     
  8. #8 betateilchen, 13.01.2015
    betateilchen

    betateilchen Gast

    Das Konzert, das er in seinem letzten öffentlichen Auftritt 1987 in Hamburg gab und das erst vor wenigen Jahren auf Tonträger veröffentlicht wurde.
     
  9. #9 betbruder, 13.01.2015
    betbruder

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    Vom Kuiken hab ich schon gehört (live gesehen oder CDs leider noch nicht), vor allem wegen seiner Spielweise. Le Petit Bande kenn ich noch nicht, werd mal reinhören.
    Jacobs Zauberflöte gibts als CD, hier der Vergleich:

    Den Holländer gibts auf Naïve in der Pariser Erstfassung zusammen mit Pierre-Louis Dietschs «Le vaisseau fantôme» aus dem Jahr 1842. Wagner hatte aus Geldnöten (wie sooft in seinem Leben) damals die Holländeridee verkauft, Dietsch hat auch eine Oper daraus gemacht. Ich Idiot habe damals aber nur Karten für den Wagner-Holländer gekauft. Minkowski hat an einem Nachmittag/Abend beide Opern hintereinander gespielt.
    http://konzerthaus.at/magazin/Home/tabid/41/entryid/289/Default.aspx

    Zum Schönberg Chor: für mich zur Zeit die Chorweltmeister. Wandlungsfähig, präzise, lebendig und musikalisch ohne Ende. Erwin Ortner sei Dank!
    Zur Trias ein Probenausschnitt:

    als CD nur einer der üblichen Händler:
    http://www.amazon.de/Mozart-Sinfoni...1421158375&sr=8-1&keywords=harnoncourt+mozart
    Leider gibt es von der Festwochen-Inszenierung kein Video (nicht dass ich wüsste), diese war wahrlich unvergleichlich gut. Super Konzept, gut umgesetzt und trotzdem der Fokus voll auf Musik und Handlung.
    Mit Mehta gibts aber einen Film des Orfeo-Stoffes, kenn ich aber nicht.
    http://arthaus-musik.com/de/dvd/musik/oper/media/details/orfeo_ed_euridice-1.html?no_cache=1
     
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  10. #10 Vincent Kluwe-Yorck, 13.01.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 26.01.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Den Allerherzlichsten für die Informationen! Und vor allem für die Links, Herr Betbruder! Ich bin nun wahrlich nicht der große Mozart-Versteher, besitze aber natürlich alle seine Hauptwerke. Besonders beeindruckend finde ich dabei den Symphonie-Zyklus von Trevor Pinnock mit The English Concert, wo mir gerade die drei letzten Symphonien (die von Dir angesprochene Trias 39, 40 und 41 Jupiter) besonders gut gefallen. Die Hörprobe der Zauberflöte von Jacobs kommt mir allerdings fast ein wenig altbacken vor - kann das sein? Man müsste natürlich das Ganze hören, um sich ein Bild zu machen. Kannst Du einmal bei Kuijkens Zauberfköte hineinhören und sagen, wie Du die Aufnahme beurteilst im Vergleich mit Jacobs? Dabei gehören AKAMUS Berlin und der RIAS Kammerchor zum Feinsten, was wir Berliner zu bieten haben.

    Die meisten konzertanten Aufnahmen werden nebenbei fast in Sichtweite direkt gegenüber meines Wohnhauses in der Jesus-Christus-Kirche eingespielt! Der eine oder andere befreundete Musiker kommt dann auf dem Weg zu den Proben schonmal auf ein Tässchen Espresso bei mir vorbei. :) Minkowskis Holländer finde ich fantastisch - da wäre ich auf das vollständige Werk gespannt. Naive ist ja in den letzten Jahren überhaupt mit hervorragenden Aufnahmen aufgefallen. Besonders verdient haben sie sich mit Vivaldi gemacht - auch wenn da die eine oder andere Interpretation in die Hose gegangen ist. Aber nichts desto trotz: Experimentiert darf und MUSS werden!

    Ja, und Graf Harnoncourt. Der verblüfft mich von allen am meisten. Wie der sich in den Jahrzehnten seit seinen etwas spröden Anfängen mit dem Concentus entwickelt hat, ist, glaube ich, einzig in der Konzertgeschichte. Aber der Herrgott hat ihn mit einer dermaßen großen Vitalität ausgestattet, dass es kaum zu glauben ist. Als ich ihn vor drei Jahren bei unseren Philharmonikern erlebt habe, war er zwei Stunden mit einem Temperament am Pult, das mich fast an Mick Jagger erinnert hat Und da war er bereits einiges über 80! Unglaublich. Vielleicht noch eine kleine historische Anmerkung: Es ist in Wien gute Tradition, dass Mitglieder des Hochadels eine vorzügliche musikalische Ausbildung genossen. Nicht wenige von ihnen spielten auf einem Niveau, das heutiger Konzertreife entspricht. Von Maria Theresia ist beispielsweise bekannt, dass sie schon mal bei der Uraufführung eines Vokalwerkes von Haydn, den sie über alles liebte (wie im Übrigen jeder weltweit), den Sopran sang! Andere gaben Kompositionen für ihr Lieblingsinstrument in Auftrag, die sie dann selbst höchst persönlich aufführten.

    Und es freut mich, dass Du meinen Eindruck über den Schönberg-Chor bestätigst. Ich erinnere mich noch gut an die (nach meinem damaligen Eindruck) etwas schwächlichen Anfänge, als Gardiners Monteverdi Choir das Maß aller Dinge war. Dass er sich zu einem der besten, wenn nicht DEM besten Chor der Welt entwickeln würde, hätte ich nicht erwartet.

    [​IMG]

    Das war bei mir im Wohnzimmer, kurz vor einer Probe! :)
     
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  11. #11 LaCrematore, 13.01.2015
    LaCrematore

    LaCrematore Mitglied

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    Eine meiner Lieblingsaufnahmen vom Wladimir sind Sonaten von Prokofieff, Barber und Kabalevsky inkl. einer unglaublichen Prokofieff-Toccata, die nicht mal Martha Argerich so gespielt hat, die ja bekanntermaßen eine große Horowitzbewunderin ist. ;) Aber auch Kreisleriana und C-Dur-Fantasie vom Robert sind toll. Weil er so ein phantastisches Timing und endlose Klangfarben besaß, höre ich mir sogar ab und an mal seinen Mozart an, ob wohl ich da eher Anda, Gulda oder Uchida ranlassen würde...
     
  12. Caruso

    Caruso Mitglied

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    Euren Meinungen zu Harnoncourt, Concentus, Schönberg Chor und Erwin Ortner schließe ich mich gerne an.

    Meine absoluten Lieblingsaufnahmen sind die Klaviersonaten von Beethoven, gespielt von Friedrich Gulda - ich habe sie noch nie besser oder "richtiger" gehört.

    Leider sind die Originalbänder der Mozartklaviersonaten von Gulda verschollen, in der Garage seines Tonmeisters / Aufnahmeleiters fanden sich aber Compaktkassetten mit Kopien dier Aufnahmen, zum Teil in schlechter Qualität, zum Teil übersteuert, die nach behutsamer Restaurierung als "The Mozart Tapes" auf 5 CDs erschienen sind. Gulda hatte allergrößten Respekt vor "Herrn Mozart" (soviel Zeit musste sein), und er hat es später sehr bedauert, in seiner Jugend "immer irgendwas vom Mozart" zum Einspielen vor einem Konzert genommen zu haben.

    Später hatte er wahrscheinlich das Gefühl, dem Meister "Herrn Mozart" nicht gerecht werden zu können, und deshalb soll er die fertigen Bänder der Aufnahmen vernichtet haben.

    Und wenn wir schon bei Herrn Mozart sind, dann würde ich die Don Giovanni-Aufnahme aus Glyndebourne unter der Leitung von Fritz Busch aus dem Jahre 1936 empfehlen:

     
  13. #13 Vincent Kluwe-Yorck, 13.01.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 14.01.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Schön, dass Ihr auch historische Perlen erwähnt. Mitleser könnten sonst den Eindruck bekommen, nur das Neue sei das Wahre. Weit gefehlt. Es gibt unzählige Werke, deren ältere Aufnahmen bis heute unübertroffen sind. Bei mir sind das zum Beispiel meine Platten mit Clara Haskil: einige Klavierkonzerte von Herrn Mozart und Beethovens Violinsonaten für Klavier und Violine, zusammen mit Arthur Grumiaux, die es mittlerweile auch auf CD gibt (allerdings eventuell nicht besonders gut remastert).

    Mit den Klaviersonaten begibst Du Dich allerdings auf ein Minenfeld, Caruso! :) Da werden ja wahrlich Glaubenskriege ausgefochten (meine persönlichen Highlights sind da Wilhelm Kempff und Alfred Brendel). Ich bedauere allerdings, dass ich die Gulda-Aufnahmen nicht kenne. Werde das nachholen. Versprochen.

    Und Aufnahmen, die es bis nach Glyndebourbe geschafft haben, sind immer alle Aufmerksamkeit wert. Und um die Interpreten muss man sich keine Sorgen mehr machen. Danke für den Link - werde mir den Giovanni mit Freude anhören, zumal ich keine einzige Aufnahme im Bestand habe.

    Aber ich möchte noch eine Empfehlung abgeben von einem Großmeister, der gerade erst wieder neu entdeckt wird. Ein Rockstar seiner Zeit mit einer Musik, die heute noch den Saal rocken kann, und die mit ihrer Eigenständigkeit in einer völlig eigenen Liga spielt: http://www.amazon.de/gp/product/B000BSYW0K?psc=1&redirect=true&ref_=oh_aui_search_detailpage (mit Hörproben)

    Bei Youtube immerhin Ausschnitte dieser Produktion (mit der Youtube-SuFu findet man weitere):



    Ist das nicht ein merkwürdiges Stück? Und davon finden sich bei Boccherini viele - die meisten schwungvoll bis temperamentvoll. Kein anderer Komponist hat so eigenständige Musik und aus seiner Epoche herausweisende Musik gemacht wie Boccherini. Erstaunlich ist deshalb, wie wenig über ihn bekannt ist - noch dazu, wo er den Quellen nach von einer ungewöhnlichen Liebenswürdigkeit und Integrität gewesen sein muss: Haydn und Mozart haben ihn persönlich gekannt und geliebt! Sollte hier noch einmal die Sprache auf ihn kommen, will ich gerne einiges über ihn berichten, was ich im Laufe der Jahre aus den dürftigen Quellen zusammengetragen habe (und weitere herausragende Hörbeispiele verlinken). Wenn ich den Rest meines Lebens nur noch mit drei Komponisten verbringen dürfte, wären das Haydn, Händel, Bach und Boccherini! ;)
     
  14. #14 Sansibar99, 13.01.2015
    Sansibar99

    Sansibar99 Mitglied
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    Sehr schöner Thread...
    Da im Titel auch von Lieblingssolisten die Rede ist:
    Zwei der berührendsten Konzerterlebnisse hatte ich bei Solokonzerten von Grigory Sokolov... leider kommen seine Aufnahmen diesen Konzerten (Freiburg & München in den 90ern) nicht ansatzweise nahe.
     
  15. 6.638

    6.638 Gast

    [QUOTE="Vincent Kluwe-Yorck, post: 1052240, member: 6271
    Die Geschichte von Mihaela Ursuleasa ist ja fürchterlich! (Fürchterlich traurig meine ich.) Noch dazu, wo sich mit ihrem Lebensweg zwei meiner drei Lieblingsmusiker aller Zeiten verbinden: Clara Haskil (Klavier) und Sol Gabetta (Cello) (der dritte ist Yehudi Menuhin, Violine). Leider habe ich ihr kurzes Strahlen völlig versäumt und kenne keine einzige ihrer Aufnahmen. (Und was haben wir als "Ersatz" bekommen?!? Lang Lang. Na toll.)
    [/QUOTE]
    Du kennst keine einzige Aufnahme von Mihaela aber "rotzt " auf den Ersatz den "wir " bekommen haben ? Dein vorraushörendes Gehör sowie deine Urteilsfähigkeit hätte ich sehr gerne :D
     
  16. #16 Heinerich, 14.01.2015
    Heinerich

    Heinerich Mitglied

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    Meinst Du die, die auf "amadeo" erschienen sind. Da hatte ich, im letzten Jahr einen Flohmarktfund in tadellosem Zustand.
    Ich empfinde die Interpretationen von Gulda als sehr "kraftvoll".
    Ohnehin habe ich oft Schwierigkeiten, die Empfindungen, die ich bei klassischer Musik habe, in Worte zu fassen .... :rolleyes:
    Ich bin da wohl ein wenig "untalentiert", obwohl das emotionale Angesprochensein mein einziger Zugang ist. Aus einer Arbeiterfamilie stammend, musste ich auf die Segnung, ein Instrument erlernen zu dürfen, verzichten. Die theoretischen Zugänge zur Musik fehlen mir also.....
    Und wenn ich dann etliches auf Tamino lese, entsteht schon gelegentlich das Gefühl, die Musik nicht vollständig erschließen zu können ...
     
  17. #17 betateilchen, 14.01.2015
    betateilchen

    betateilchen Gast

    Dieser Thread hat mich auf die Idee gebraucht, meinen im Schrank verstauten SACD/DVD-Audio Player wieder rauszukramen und in Betrieb zu nehmen. Aber im Moment scheitere ich gerade grandios daran, dieses Gerät mit meinem AV-Receiver so zu verbinden, dass ich Bild und/oder Ton rausbekomme - bisher funktioniert beides nicht, obwohl beide Geräte vom gleichen Hersteller sind und ich inzwischen schon alle Audio-/Video-Kombinationen durchprobiert habe.
     
  18. Phenyl

    Phenyl Mitglied

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    Was für eine Marke ist es? Bei Pioneer kann man im Setup des Receivers die Digitaleingänge einem Gerät zuordnen.

    Pio
     
  19. #19 betateilchen, 15.01.2015
    betateilchen

    betateilchen Gast

    Das kann ich bei meinem Yamaha (RX-V473) auch. Hilft aber nix, weil bei kopiergeschützten SACD einfach gar kein Digitalsignal vom Player (DVD-S657) ausgegeben wird. Da muss man erstmal draufkommen (ohne die Bedienungsanleitung zu lesen, wo das exakt so drinsteht). Und noch interessanter ist die Tatsache, dass der AV-Receiver keinen mehrkanaligen Analogeingang besitzt...
     
  20. #20 meepmeep, 15.01.2015
    meepmeep

    meepmeep Mitglied

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    Dürfen hier auch aktive Musiker auf eigene Aktivitäten hinweisen?

    Ich mach das einfach mal. Singe als Tenor im Kammerchor CONSONO, der sich in den letzten Jahren intensiv mit den geistlichen Chorwerken deutscher Komponisten der Romantik befasst hat, insbesondere Wilhelm Berger und Franz Wüllner.

     
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