Gesellschaftlicher Wandel - Mit was sich Soziologen heute beschäftigen (müssen)

Diskutiere Gesellschaftlicher Wandel - Mit was sich Soziologen heute beschäftigen (müssen) im Was ich unbedingt noch sagen wollte... Forum im Bereich Kaffeeklatsch; Also wie gesagt mit dem Thema Troll hast du dich wirklich auseinandergesetzt. Meine letzten Posts habe ich gelöscht, da ich eine solche negative...

  1. #21 Bob de Cafea, 14.09.2014
    Bob de Cafea

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    Also wie gesagt mit dem Thema Troll hast du dich wirklich auseinandergesetzt.

    Meine letzten Posts habe ich gelöscht, da ich eine solche negative Diskussion vermeiden wollte. Ich werde nicht weiter auf deine Beleidigungen eingehen und wünsche dir noch einen schönen Abend und andere Hoobys. ;)

    Oder lieber Carsten vielleicht wurde ja dein Acc gehackt? Gute Nacht!
     
  2. #22 carkoch, 14.09.2014
    carkoch

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    Mädchen...
     
  3. #23 Sebastiano, 14.09.2014
    Zuletzt bearbeitet: 14.09.2014
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    Bob de Cafea,

    um mal speziell den Blick auf Leser-, Hörerbeteiligung und die vermeintliche Verrohung der Sitten in den Kommentaren und Diskussionsforen in dem von Dir genannten Artikel einzugehen:

    Es ist wohl unbestreitbar, dass diese Möglichkeiten zu einer spontanen, leider mitunter wenig reflektierten Reaktion der Leser führt. Diese, übrigens recht interessante Kaffee-Netz-Community hier mal als positives Beispiel für einen, überwiegend, recht sachlichen Meinungsaustausch ausgenommen… Ich habe zwar spontan auch keine perfekte Lösung für dieses Phänomen, möchte aber auf bestimmte Mechanismen und mögliche, sehr negative Auswirkungen vorschneller Forderungen nach Abschaffung oder Umlenkung auf andere Kanäle mit einem kleinen Exkurs hinweisen.

    Die folgende Meldung ließ mich jüngst nachdenklich werden:
    Moderierte Debatte statt Kommentarhölle: SZ Online startet neuen Leserdialog
    http://www.wuv.de/digital/moderiert...tarhoelle_sz_online_startet_neuen_leserdialog

    Auch die an sich honorige Süddeutsche Zeitung Online reagiert also - aus welchen tatsächlichen Beweggründen auch immer - auf die vermeintliche Verrohung der Sitten in den Leserkommentaren. Dort wurde die Kommentarmöglichkeit entfernt und man verweist stattdessen auf die Möglichkeit, seine Meinung in den ‘sozialen Netzwerken’ wie Twitter und Facebook zu äußern. Exakt dieselbe Argumentation machte sich jüngst auch ‘Deutschlandradio Kultur’ zu eigen, wo eine sehr beliebte und seit 22 Jahren täglich um 1 Uhr Nachts, außer Freitags, laufende Sendung ‘2254 - Hörer machen Programm’, trotz starker Hörerproteste abgesetzt wurde. In dieser Sendung konnten unter Moderation wechselnder Redakteure die Hörer zu einem vorgegebenen Tagesthema telefonisch, live ihre Meinung sagen und so quasi miteinander diskutieren. Das ganze fand übrigens teilweise auf einem recht hohen, intellektuellen Niveau statt.

    Es sollte hier, auch im Blick auf Online Leser-Kommentare die kritische Frage erlaubt sein, ob dahinter nicht eventuell doch ein wenig mehr steht, als die Reaktion auf eine vermeintliche ‘Verrohung’ der Diskussionskultur. Leser, wie Hörer werden letztlich in der Möglichkeit ihrer Meinungsäußerung eingeschränkt.

    Geht es doch gerade in den ‘sozialen Netzwerken’ nicht gerade zimperlich zu, so ist es zudem etwas völlig anderes, ob man live am Telefon per gesprochenem Wort miteinander diskutiert oder ob man einen Kommentar auf Internetseiten eines amerikanischen, privaten, profitorientierten Unternehmens absetzt. Von den aktuell diskutierten, kritischen Belangen des Datenschutzes mal ganz abgesehen. Hier versagt meiner Meinung nach der öffentlich rechtliche Rundfunk auf ganzer Linie.

    In diesem Kontext weise ich auf die interessante Definition von Brecht’s Radiotheorie hin. Dieser Mechanismus hatte sich in der Sendung '2254' greifbar realisiert. Statt diese Sendung aufzugeben wäre es angezeigt gewesen ein derartig effektives Format der Hörerbeteiligung intensiv weiterzuentwickeln. Auch und gerade unter dem Gesichtspunkt eines akuten Hörerschwundes. Eine gewisse Analogie lässt sich durchaus für den Bereich der Leserkommentare herstellen.

    Wer sich für den Vorgang dieser ‘Hörer-Meinungs-Beseitigung’ interessiert: Es gab sogar eine Petition gegen die Sendungsabsetzung. Hier mehr Infos dazu
    2254 Nachtgespräche auf Deutschlandradio Kultur retten!
    https://www.openpetition.de/petition/blog/2254-nachtgespraeche-auf-deutschlandradio-kultur-retten

    Ich führe dieses Beispiel an, da sich dieser Vorgang analog auf das genannte Phänomen der Leserkommentare und Foren-Diskussionskultur übertragen lässt. Ich zitiere darum hier Bertolt Brecht aus seiner interessanten Radio-Theorie - die ich übrigens, wie vielleicht einige hier, vorher noch nicht kannte:

    "…Brecht ironisiert in seiner Radio-Theorie: „Man hatte plötzlich die Möglichkeit, allen alles zu sagen, aber man hatte, wenn man es sich überlegte, nichts zu sagen. [...] Ein Mann, der was zu sagen hat und keine Zuhörer findet, ist schlimm daran. Noch schlimmer sind Zuhörer daran, die keinen finden, der ihnen etwas zu sagen hat.“ Dies sei auch der tiefere Grund, so mutmaßt Brecht, dass der Hörfunk nichts Neues übertrage, sondern nur Vorhandenes imitiere.…"
    [...]
    "…Brecht wünschte sich: „Hörer sollen zum Mitspieler werden“, und: „Das Radio wird zum Sprecher und Medium in einem: es kommuniziert mit den Hörern…
    Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens, ein ungeheures Kanalsystem, das heißt, er wäre es, wenn er es verstünde, nicht nur auszusenden, sondern auch zu empfangen, also den Zuhörer nicht nur hören, sondern auch sprechen zu machen und ihn nicht zu isolieren, sondern ihn auch in Beziehung zu setzen.“ Der Hörfunk könne den Austausch, Gespräche, Debatten und Dispute ermöglichen.…"
    [...]
    "…Ob der von Brecht für den Rundfunk projektierte „Kommunikationsapparat“ seine technischen und sozialen Voraussetzungen nicht gerade im Web 2.0 finden könnte, wird heute ebenfalls diskutiert. Während die technischen Voraussetzungen weitgehend gegeben sind, erweist es sich als schwierig, das „In-Beziehung-Setzen“ der Beteiligten zu realisieren, das die wichtigste soziale Voraussetzung der Brecht’schen Konzeption darstellt.…"

    Radiotheorie
    http://de.wikipedia.org/wiki/Radiotheorie

    Ich ergänze hier mal den Verweis auf die neue Austausch-Plattform der Süddeutschen Zeitung Online, die als Ersatz für die beseitigte Kommentarfunktion auf der Webseite installiert wurde. Ein, meiner Meinung nach, seltsames Unterfangen, lassen sich doch dort zu findende gleich lautende Kurz-Statements in dieser großen Zahl (aktuell: 781) nicht mehr sinnvoll sichten. Ganz im Sinne wie: Schmeißt sie zu mit Ihren Meinungen, bis sie daran ersticken… Gleichwohl gibt es natürlich bemerkenswerte Meinungsäußerungen, wenn diese auch ungleich schwieriger einzuordnen sind. Ist das vielleicht auch eines der Ziele - neben der vordergründigen Erzielung von möglichst hohen Klickraten?

    Am Beispiel des ersten Artikels mit der abgeschafften Kommentarfunktion stellt die Süddeutsche Zeitung Online das folgendermaßen dar:

    “Die öffentliche Debatte über den Artikel auf Twitter, Facebook und anderen Seiten — ständig aktualisiert in den 48 Stunden nach dem Erscheinen:
    Neoliberales Herrschaftssystem: Warum heute keine Revolution möglich ist
    http://rivva.de/245262790

    Hier im Kontext der Hinweis auf den übrigens lesenswerten Artikel, mit dem die Süddeutsche Zeitung online erstmalig begonnen hat, die Kommentarfunktion zu entfernen.
    Neoliberales Herrschaftssystem - Warum heute keine Revolution möglich ist
    Warum ist das neoliberale Herrschaftssystem so stabil? Warum gibt es kaum Widerstand dagegen? Trotz einer immer größer werdender Schere zwischen Reich und Arm? Für eine Erklärung ist es wichtig zu verstehen, wie die unterwerfende Macht heute funktioniert.
    http://www.sueddeutsche.de/politik/...heute-keine-revolution-moeglich-ist-1.2110256

    Zu dem von Dir bemängelten Hinweis auf den Zeit-Chefredakteur und die damit verbunde Frage nach der ‘Wissenschaftlichkeit’ des Artikels:

    Der Autor des Artikels bezog sich auf das Kommentarphänomen bei Zeit-online, wenngleich er das bei der Namensnennung nicht nochmals explizit benannt hat - aber bei Zeit-online ist Jochen Wegner in der Tat der Chefredakteur und nicht Giovanni di Lorenzo.

    Bei Twitter äußerte sich übrigens genau jener Jochen Wegner, Chefredakteur von 'Zeit Online', kritisch über die von mir weiter oben angesprochene neue Kommentar-Funktion der SZ-Online:

    ".@sebaso @ploechinger Ich finde, Journalisten sollten die freie Rede nicht Facebook überlassen. (Kleiner hab ich's grad nicht. :)
    — Jochen Wegner (Jochen) 2. September 2014"


    Pardon - für den längeren Diskurs in Randbereiche und den dadurch eventuell etwas lang geratenen Beitrag, aber komplexe Themen lassen sich für eine objektive Meinungsbildung nunmal nicht nur eindimensional in Kurz-Statements abhandeln.


    Beste Grüße
    Sebastiano
     
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  4. #24 carkoch, 14.09.2014
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    Ich lass das hier geschriebene und eben nicht gesagte mal als solches hier so stehen... nett
     
  5. #25 Bob de Cafea, 14.09.2014
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    @Sebastiano ich habe den Post nur kurz überflogen werde mich aber morgen (also heute) nochmals damit beschäftigen

    Ad hoc denke ich, dass einer der Hauptgründe der angesprochenen Verrohung der Kommentare die Anonymität des Internets ist. Die Menschen können sich hinter diesem Deckmantel verkriechen und es werden Dinge geäußert, die derjenige sonst nicht in der Form äußern würde.

    Des Weiteren denke ich, dass die Möglichkeit des Löschens und die Geschwindigkeit des Übertragungsmediums oftmals unüberlegte Kommunikation fördert. Viele Firmen fangen zum Beispiel an e-Mails aus dem Geschäftsalltag zu verbannen, weil diese Art von Kommunikation oftmals unnötig und somit ineffizient ist. Die Menschen schreiben etwas in eine e-Mail und fünf Minuten später kommt eine weitere e-Mail vom gleichen Absender, die Erstere berichtigt oder ungültig macht.

    http://www.welt.de/wirtschaft/webwe...-Firmen-entdecken-Alternative-zur-E-Mail.html

    Ein weiterer Aspekt meiner Meinung nach ist, dass durch fernschriftliche Kommunikation oftmals Missverständnisse vorkommen, die zu einer ungewollten Eskalation der Diskussion führt, da der Hauptteil der Kommunikation nonverbal (Körpersprache) statt findet.

    Abschließend spielt die Beziehung der Menschen untereinander (vier-Seiten-einer-Nachricht) und das Involvement zu dem diskutierten Thema eine große Rolle. Wie das Gegenüber auf die Kommunikation reagiert ist in dieser Dimension schwer nachzuvollziehen oder abzuschätzen, da man sich ja nicht kennt und man das Involvement des Anderen nicht einschätzen kann.

    :)
     
  6. #26 carkoch, 14.09.2014
    carkoch

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    Vielleicht soltest Du Brecht nicht nur stumpf zitieren, sondern auch mal lesen. Brechts Drei Groschenoper in der klassischen Version mit Lotte Lenya mal rauf und runter zu hören könnte aufschlussreich sein.

    Wer Andy Warhol verstehen will darf auch gern mal die Songs for Drella von Lou Reed und John Cale hören.

    Aber macht nur wie es Euch deucht, Bob de Cafea und Sebastiano...

    Ich verabschiede mich hier eher gelangweilt
     
  7. #27 domimü, 14.09.2014
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    Die Diskussion ist zu dem Zeitpunkt schon gelaufen, deine Begründung hanebüchen. Zumal carkoch seine Beiträge nicht geändert/gelöscht hat und darin doch gar keine Beleidigung enthalten war.

    Ich hab da schon noch was dazu anzumerken, dass gerade die selbsternannte Aufgeklärten besonders empfänglich sind für die neue Werbestrategie, das Wohlfühlgefühl.
    Speziell dieses Produkt wird beworben mit Falschaussagen, dem Siegel wurden weitere Garantieen hinzugedichtet, aber es gefällt?
     
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  8. #28 Sebastiano, 14.09.2014
    Zuletzt bearbeitet: 14.09.2014
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    Da Du Dich mit Deiner Anmerkung auf einen Satz von mir beziehst: Für aufklärende Anmerkungen bin ich stets sehr aufgeschlossen, kann aber nicht so recht den Kontext zum ursprünglichen Thema dieses Threads hier erkennen, und ich freue mich auf eine etwas genauere Ausführung dieser Anmerkung. Oder bezog sich Deine Anmerkung im Kontext auf dieses nachfolgende Zitat?
    Das ist allerdings ein Umstand auf den mit aller Deutlichkeit hinzuweisen ist, ich kann zwar im Augenblick nicht so recht den Bezug zu diesem Thread hier erkennen, aber da Du es dennoch hier, und das nur selektiv, aus dem Kontext heraus zitierst, möchte ich die Gelegenheit nutzen für alle Leser den kompletten Bezug zur der missbräuchlichen Siegel-Thematik herzustellen. Zu den Siegeln wurden von Bob de Cafea dankenswerter Weise hier #6 hilfreiche Links gepostet, die sich kritisch mit deren Geschäfstgebaren beschäftigen.
    Es wundert mich allerdings, wie unkritisch der meiner Meinung nach klischeehaft übertriebene, nicht nachprüfbare Gutmenschen-Auftritt der Webseite von http://costa-rica.coffee gutgeheißen wird. Das ist doch eigentlich genau das, was kritikwürdig wäre. Ich würde mir wünschen, wenn auf deren Webseite gerade offen und kritisch auf die möglichen und tatsächlich stattfindenden Missbrauchs-Szenarien eingegangen würde, und wie man durch eigene Maßnahmen einen möglichen Missbrauch zu verhindern gedenkt. Ohne nachprüfbare Mechanismen erhält sowas leicht den Anstrich von reinem 'Greenwashing'. Das mag zwar hart klingen, da die Macher sich ja durchaus einige Mühe in der textlichen Argumentation geben, aber das derzeitige klischeehafte Klima der Webseite durch die Überbetonung der zweifelhaften Siegel würde mich eher davon abhalten dort zu kaufen.
    Auch klischeehafte Verpackungen, die ungebleichtes Papier und damit Natürlichkeit suggerieren sollen, aber in der Regel aus einer folienkaschierten Alu- oder Folien-Verbundbasis bestehen (Bispehnol A lässt oftmals grüßen…), stellen eigentlich nichts anderes als Augenwischerei dar. Richtig schön und mit fairer Bezahlung könnte sich so etwas darstellen, wenn die eigentliche Wertschöpfung durch das Rösten auch bei den Erzeugern verbleiben würde, denn letztlich vereinnahmen doch Röster und der Handel den Hauptteil der Wertschöpfungskette.

    Aber eine herzliche Bitte - auch wenn ich gerade dem eigentlich themenfremden Seitenarm gefolgt bin, durch eine Antwort auf das voangegangene Posting - das hiesige Thread-Thema war sinngemäß: Mechanismen und Wirkungen durch Trollverhalten auf die Gesprächskultur im Netz und die möglichen Auswirkungen auf Kommentarfunktionen und Diskussionsforen…

    Danke und beste Grüße
    Sebastiano
     
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  9. #29 XeniaEspresso, 14.09.2014
    Zuletzt bearbeitet: 14.09.2014
    XeniaEspresso

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    Das ist ein guter Ansatzpunkt um zum Thema zurückzukommen. Noch eine Strömung/Phänomen, die mir in dem Zusammenhang eingefallen ist: Viele Menschen wünschen sich heute etwas Gutes zu tun und von ihrem Überfluss abzugeben, geben aber die Durchführung an andere ab. Dafür werden reichlich Siegel und Aufkleber geschaffen. Letztens war ein interessanter Bericht über die Herren von Zalando und den anderen ihrer Unternehmen im Fernsehen. Man hatte sich eine deren Firma rausgepickt, die ganz bewusst auf ihren Verkaufsseiten mit dem 'Gutestun' warb, jedoch für eine Organisation, die diese Partnerschaft nie eingegangen war und die Nutzung des Logos dann verboten hatte (ich meine es ging um Schuhe oder Bücher für arme Kinder). Wenn ich mich recht entsinne: Es wurde auch nie etwas an die Organisation abgeführt.

    Möglicherweise ist das eine Art Oberflächlichkeit, zu der wir in der Informationsflut gekommen sind und so sind wir geneigt, den Versprechungen und Aufklebern schnell zu glauben. Der Bereich 'Kaffee' ist da sicher besonders anfällig. Besonders hier können schnell schöne Bilder mit glücklichen Farmern und deren Kindern vor grünen Bergen gezeichnet werden, denen man mit jedem Kauf etwas gutes tut. Und je mehr man kauft....und da sind wir wir bei dem Ausgangspunkt angekommen: Besitz macht (sogar doppelt) glücklich.
     
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  10. #30 domimü, 14.09.2014
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    Wo setzt man sinnvoll die Grenze zwischen Indoktrination und "Objektive Meinungsbildung"? Mit letzterem Begriff kann ich nichts anfangen, ist die Meinung doch subjektiv und der Weg, mit dem ich zu meiner Meinung komme, ist für mich strikt an die Meinungsfreiheit gekoppelt.
    Die wird nicht durch abgeschaffte Kommentarfunktionen beeinträchtigt. Das Medium ist nicht "SZ online", sondern das Internet. Jeder kann dies nutzen, um sogar einen eigenen Blog zu erstellen. Freilich, da ist er dann selber verantwortlich für die Inhalte, auch für die seiner Mitkommentatoren, soweit er die Kommentarfunktion öffnet.
     
  11. #31 lumi, 14.09.2014
    Zuletzt bearbeitet: 14.09.2014
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    Nochmal bezüglich des Beispiels Nespresso, hinsichtlich
    Mir ist die Sichtrichtung "hippe Lifestylelösung" zu einseitig. Es ist, an sich, nicht "schlecht", sich mit Schönem zu umgeben (bzw. das, was man für "schön" hält, was zum Teil natürlich schon beeinflussbare Geschmacksache ist – wo in Folge dann die Kritik ansetzt).

    Das Konzept "Schönheit" hat zwar den Nimbus des Oberflächlichen (und dies besonders hierzulande, wo dem "Praktischen" ein im Ländervergleich ausgesprochen großer Wert eingeräumt wird), dennoch ist das Empfinden von Schönheit ein kultureller Wert und letztendlich etwas, das – wenn es in vernünftiger Dosierung (wie auch immer das für den Einzelnen definiert ist) daherkommt – der Seele guttut.

    Insofern ist das besprochene Produkt hierzulande eine geschickte Punktlandung: Vereinfacht gesprochen ist es praktisch (macht nicht viel Arbeit, s.o.), von der Form her recht ansprechend (mit Varianten, für andere Geschmäcker), auf den ersten Blick auch nicht teuer (wobei mich wunderte, dass in Haushalten, die ich kenne, inzwischen schon nicht mehr das erste Modell steht, ich hätte irgendwie erwartet, dass das Teil länger hält oder sich zumindest reparieren lässt), aber allerdings gibt es noch den Kritikpunkt Abfall-Aufkommen.

    Was die Werbemaßnahmen betrifft, finde ich die allenfalls interessant: Da ist jemandem was Ansprechendes eingefallen, das kann man auch einfach mal honorieren (ohne dass dies in einen Kauf des beworbenen Artikels mündet).

    Also: Muss man sich davon beeinflussen lassen? Ist es nicht möglich, das Ganze spielerisch zu sehen?

    Den letzteren Bereich finde ich sehr spannend: Ist es möglich, sich weitestmöglich nicht beeinflussen zu lassen?

    Und zum anderen: Sind die Leute, die sich nun wirklich völlig von einem "Lifestyle"-Aspekt anlocken lassen, automatisch darauf "reingefallen"?

    Haben nicht völlig sinnlos scheinende Dinge auch einen – in diesem Fall kulturellen – Aspekt, der es wert macht, sie zu besitzen?

    Und, weitergedacht: Wenn sich jemand mit irgendwelchen Produkten in irgendeine Richtung inszenieren möchte – warum ist das "schlecht" und nicht einfach, zum Beispiel, "exzentrisch"?

    Wo hört, gefühlt, die Freiheit zur Exzentrik auf, und wo fängt die Vermutung einer Fremdsteuerung ("hippe Lifestylelösung") an?
     
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  12. #32 Bob de Cafea, 14.09.2014
    Zuletzt bearbeitet: 14.09.2014
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    Ich halte diesen Gutlauben auf "grüne Siegel" ebenfalls für ein Instrument der Gesellschaft, die Informationsflut beherrschbar zu machen. Wobei hier wieder so eine große Anzahl von Siegeln auf den Markt gedrängt ist, dass die Gesellschaft wieder vor dem Phänomen Informationsflut steht. Diesmal aber in anderer Form. Es schafft bestimmt ein gutes Gefühl, Produkte zu erwerben, die übersät mit diesen Siegeln sind.

    Die Industrie hat dieses Phänomen erkannt und freut sich über die höhere Zahlungsbereitschaft der Consumer. Die Gewinnmargen auf Produkte von z.B. Fairtrade haben teilweise eine Gewinnmarge von 40%, was wiederum ein Vielfaches der Gewinnmargen von normalen Convienence-Produkten darstellt.

    Verteufeln möchte per se diese Labels nicht. Ich denke aber, so idealistisch der Ansatz des Labels bei Markeintritt ist, so unrealistisch ist die Überwachung bei vorausgesetztem Wachstum, ob von den Partnern alle Richtlinien eingehalten werden. Sollte sich ein großes Label zur Aufgabe machen alle Partner auf Einhaltung der vorgegebenen Richtlinien hin zu überwachen würden die Verwaltungs- und Personalkosten steigen. Letzten Endes würden durch diesen Effekt die Zertifizierungskosten für die Kleinproduzenten steigen, so dass in anderen Bereichen Abstriche gemacht werden müssen, damit der Preis des Endproduktes noch halbwegs marktüblich wäre.

    Ich denke, dass bei ständiger Überwachung durch die zertifizierenden Labels ab einer bestimmten Anzahl der Partner, die Kosten für Personal und Verwaltung, somit auch für die Zertifizierung so steigen, dass der Preis für die Produkte zwangsläufig angepasst werden müsste und dieser würde zu einem bestimmten Break-Even-Point so drehen, dass die Consumer nicht mehr bereit wären diesen zu zahlen.

    Hypothese:
    Somit ist es für diese Labels ab einer gewissen Größe (Anzahl der Partner) und Bekanntheit nicht mehr möglich ihre Richtlinien in ausreichenden Maße wirtschaftlich zu überwachen.
     
  13. #33 Bob de Cafea, 14.09.2014
    Bob de Cafea

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    Schöner Post mit Fragen, die erörtert werden wollen! Andere Sichtweisen sind immer konstruktiv!
     
  14. #34 lumi, 14.09.2014
    Zuletzt bearbeitet: 14.09.2014
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    In diesem Artikel hätten wir z.B. ein Aufeinandertreffen von "Exzentrik" mit den im ersten verlinkten Artikel angesprochenen problematischen Kommentaren in Online-Medien: Auch hier ist es erschreckend, wie böse in manchen Kommentaren argumentiert wird (Bezeichnung "Schmarotzer", etc.). Ist den Kommentatoren die Fähigkeit zur Toleranz verloren gegangen? Oder treten, bedingt durch das Medium, eine andere Sorte Kommentatoren in Erscheinung, die von toleranzfähigeren Mitmenschen sonst vielleicht nicht wahrgenommen wurden? Oder, andersherum: Wie viele Exzentriker "verkraftet" eine Gesellschaft?
     
  15. #35 nacktKULTUR, 14.09.2014
    nacktKULTUR

    nacktKULTUR Gast

    Ich denke, das Problem der bösen bis menschenverachtenden Kommentare liegt in der Anonymität der Schreibenden. Jeder Kommentierende kann sich einen beliebigen Namen zulegen, um so "die sau rauszulassen". Ich sehe das in umgekehrter Analogie zum Milgram-Experiment. Dort ist es die scheinbare wissenschaftliche Autorität, die den Probanden zum Folterknecht werden lässt, hier ist es die fehlende Kontrolle durch das Ego, verursacht eben durch die Anonymität, die den Schreibenden zum Unmenschen werden lässt.

    Für einen Moment (während der anonymen Schreiberolle) fällt der Selbstrespekt dahin. Leider habe ich keine passenden deutschen Wikipedia-Artikel dazu gefunden - der Artikel Self-esteem auf Englisch trifft den (von mir erfundenen?) Begriff Selbstrespekt recht genau.

    In den vor-WWW-Zeiten, also zu Zeiten des Usenet, hat man die hier diskutierte Erscheinung ebenfalls gut beobachten können. In dem Moment, wo das Usenet nicht mehr nur den Angehörigen der Lehranstalten (mit real-name) vorbehalten war, ist es zu einem wilden Jekami verkommen.

    nK
     
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  16. #36 Bob de Cafea, 14.09.2014
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    Ich kann mir manchmal nicht erklären warum Menschen sich derart äußern, obwohl sie weder involviert, Erfahrungen diesbezüglich oder Sonstigen Bezug zu der Sache aufweisen.

    Den Begriff Wahrnehmung oder wahrgenommen werden möchte ich in diesem Kontext aufgreifen. In dieser Gesellschaft als Individuum wahrgenommen zu werden ist in der Vergangenheit immer schwieriger geworden. Wir sind alle so mit dem Individuell sein beschäftigt, das uns immer weniger auffällt, dass wir eigentlich alle gleich sind. Als Beispiel ist hier die Mode zu nennen; heutzutage sind zwar nicht mehr die Marken das hauptsächliche und schlagende Merkmal sondern der Kleidungsstil und wenn sich alle individuell kleiden sind doch alle wieder gleich angezogen (Casual Style z.B.).
    Als Katalysator für diese "Nicht-Wahrnehmung" dienen manchen Menschen dann eben solche Kommentarfunktionen. Das mag nicht der alleinige Beweggrund sein und positive Beispiele gibt es ja zur Genüge (z.B. Fundierte Blogs). Die Negativen Auswüchse diese Mitteilungsbedürfnisses erhalten aber naturgemäß mehr Aufmerksamkeit. Das liegt in der Natur des Menschen denn wie oft werden in den Nachrichten heutzutage positive Meldung (z.B. Helden des Alltags) gesendet. So ist es für Menschen möglich die Aufmerksamkeit der Massen auf sich zu ziehen und das war ja der eigentliche Gedanke.

    Populäres Beispiel hierfür sind zum Beispiel religiöse Bewegungen, bestehend aus wenigen Radikalisierten, die ganze Weltreligionen in Verruf bringen.

    Die Sensationslust der Menschen wird auch in Zukunft dafür sorgen, das diese Äußerungen auf fruchtbaren Boden fallen.

    Nachtrag: Ähnlich wie @nacktKULTUR es beschrieben hat
     
  17. #37 Tarkowsky, 14.09.2014
    Tarkowsky

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    [QUOTE Oder, andersherum: Wie viele Exzentriker "verkraftet" eine Gesellschaft?

    Sprechen wir da gerade von den durch uns finanzierten Politikern?
     
  18. #38 Bonsai-Brummi, 14.09.2014
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    Wie verträgt sich solches Freund-Feind-Denken mit dem eingangs (zu recht!) erhobenen Toleranzanspruch...?
     
  19. #39 Bob de Cafea, 14.09.2014
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    Ich hole den Post nochmals hoch, damit die Zusammenhänge nochmals klar werden. Die "andere Seite" ist hier nur ein Synonym für die Industrie und in diesem Kontext völlig wertungsfrei gemeint. Also rein sachlich wie z.B. "zum Einen, zum Anderen". Sollte ich mich falsch ausgedrückt haben dann bitte ich dies zu entschuldigen. Natürlich steht weiterhin die angesprochene Toleranz anderer Meinungen und Parteien im Vordergrund.
     
  20. #40 Bonsai-Brummi, 14.09.2014
    Bonsai-Brummi

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    ... impliziert aber, dass es nur zwei Seiten gibt: Die "eine" (eigene und natürlich richtige!) und die "andere" falsche, die bekämpft werden "muss" - und verirrte Schäflein mit allen Mitteln auf die "richtige" Seite geführt. Mit Toleranz hat das, finde ich, nicht allzuviel zu tun... :(
     
Thema:

Gesellschaftlicher Wandel - Mit was sich Soziologen heute beschäftigen (müssen)

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