"Direct Trade" - was bedeutet das für Euch

Diskutiere "Direct Trade" - was bedeutet das für Euch im Was ich unbedingt noch sagen wollte... Forum im Bereich Kaffeeklatsch; Bei der Recherche für die inzwischen fast kompletten (es fehlen ca. 70 von ca. 800) Karte der Kaffeeröstereien in Deutschland...

  1. pingo

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    Bei der Recherche für die inzwischen fast kompletten (es fehlen ca. 70 von ca. 800) Karte der Kaffeeröstereien in Deutschland (https://drive.google.com/open?id=1g65jr4mJjG_f3Swf2ufsjVo12SI&usp=sharing), habe ich in den vergangenen Wochen sehr viele Homepages von Kaffeeröstern hierzulande angeschaut.

    Dabei fällt ganz stark auf, dass Begriffe in Bezug auf Transparenz, kurze Wege, Nachhaltigkeit und Ehrlichkeit sehr viel mehr als früher genutzt werden. Es sieht fast so aus, als ob alle Kaffeeröster mehr Zeit auf den Kaffeefeldern verbringen würden als in ihrer Rösterei, ständig bemüht, der beste Freund von Kaffeebauern in aller Welt zu werden,

    Mich selber interessiert in diesem Zusammenhang Eure Meinung zu dem Begriff "Direct Trade". Ich würde gerne von Euch wissen: was stellt ihr Euch darunter vor? Der Begriff ist in einigen Ländern geschützt, in Deutschland aber frei verwendbar.

    Liebe Grüße, pingo
     
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  2. #2 Aeropress, 13.11.2016
    Aeropress

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    Nun der einzig sinnvolle Direkthandel wäre der eben direkt mit dem Kaffeebauer, so wie ihr das vorlebt. Das ist mir auch schon seit längerem aufgefallen, daß im Eifer sich von der Industrie abzugrenzen jeder sich zu Direkt trade bekennt schon wenn er nur mal 1-2 Kooperativenkaffees anbietet und die meist bei einem Zwischenhändler einkauft. Für mich ist das kein Direct Trade sondern nur ein Feigenblatt um damit werben zu können. Leider ist der Begriff eben nicht geschützt was Du sicher gerne hättest um euch stärker und zu Recht von den Scheinheiligen und Halbherzigen abzugrenzen. ;´)
     
  3. cawa71

    cawa71 Mitglied

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    Direct Trade ist für mich idealerweise wirklich direkt vom Bauern an den Röster.
    Dabei würden aber viele ganz kleine Bauern die nur wenige Sack produzieren auf der Strecke bleiben. Diese Produzenten würde wahrscheinlich kaum jemand finden. Und die Abwicklung des Handels wäre wohl schwer bis gar nicht möglich.
    Ich denke jedoch lokale Genossenschaften, in denen diese Kleinstproduzenten zusammen geschlossen sind, sollten der Mindeststandard für den Begriff Direct Trade sein.
    Es sollten wirklich Genossenschaften sein, keine gewinnorientierten Zwischen- und oder Großhändler.
     
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  4. pingo

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    Für uns selber ist das nicht wirklich wichtig, es ist halt irgendwie nur ein Begriff auch bei uns. Unsere Galubwürdigkeit schaffen wir vor allem durch Transparenz. Ich glaube nicht, dass jemand unseren Kaffee kauft, nur weil wir irgendwo direct trade stehen haben. Tatsächlich wünschen würde ich mir aber soviel Ehrlichkeit wie möglich in der Kommunikation.

    Wirklich ärgern tut mich "echter" Betrug mit dem Fairtrade Siegel durch große Kaffeefirmen und Importeure durch Koppelverträge. Das tut nämlich tatsächlich den ehrlichen Initiativen wie der GEPA, El Puente, dwp, Café LIbertad, El Rojito usw. weh und ist auch vorm Gesetz Betrug. Nur das Nachweisen der kriminellen Handlungen ist so eine Sache, wenn niemand bereit ist auszusagen.
     
  5. #5 domimü, 13.11.2016
    domimü

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    Direct trade im Sinne von "selber beim Kaffeebauern abholen" muss ja nicht sein. Am sinnvollsten scheint mir der Weg von Roger-aus-der -Schweiz zu sein: http://www.kafischmitte.ch/unsere-kaffeebauern/direkter-fairer-handel/
    Bitte nicht gleich über die Importeure herziehen, in eurem (quijote-)Fall ist die Kooperative dazwischen geschaltet und hier halt der Importeur, in beiden Fällen natürlich weitere Dienstleister wie die Transporteure. Der Importeur beschafft lediglich exakt die vorab gecuppte Ernte.
    Zustimmung, deshalb müssen die inflationär verwendeten und damit quasi entwerteten Begriffe jeweils individuell hinterfragt werden. Bei den meisten sieht es ja dann ziemlich mau aus. Nur die kurzen Wege sind wohl überall Schönfärberei: Wer hat denn den kürzesten Weg von Mittelamerika nach Mitteleuropa?
     
  6. #6 pingo, 13.11.2016
    Zuletzt bearbeitet: 13.11.2016
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    Roger ist schon immer ehrlich gewesen und macht in jeder Beziehung einen klasse Job. Er hat auch direkten Kontakt zu den Produzenten und schafft auch Transparenz.
    Wenn die Importeure gut arbeiten und sich nicht scheuen, ihre Zahlen und Verträge offenzulegen spricht absolut nichts gegen Imporeure. Das tun aber die wenigsten von ihnen ;-) In der Regel auch nicht die, die ihr Produkt sehr teuer verkaufen.
    Die Containerschiffahrtsgesellschaft (Du nennst sie Transporteur), hat allerdings nicht mit dem Handel zu tun. Sie transportieren nur. Wir bezahlen sie nur dafür.
     
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  7. #7 dharbott, 13.11.2016
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    Ist aber nicht so das so ein Kaffeebauer völlig isoliert vor sich hinpflückt. Geh mal davon aus das der Bauer dann einen Ad hoc Kooperative gründet ;) Die Kooperativen sind in manchen Ländern echte Schlitzohren...
     
  8. pingo

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    stimmt meiner Erfahrung nach absolut. Auch daher ist es wichtig, gut auszuwählen und selber vor Ort zu sein. Auch daher konzentrieren wir uns auf Lateinamerika, wo Kooperativen eine ganz andere Geschichte haben als Beispielsweise in Ostafrika oder Asien.
     
  9. #9 Roger / KAFISCHMITTE, 09.02.2017
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    Wen das Thema Direct Trade und Nachhaltigkeit interessiert, der sollte diese Serie (in Englisch) von Michaele Weismann verfolgen.
    http://sprudge.com/is-direct-trade-fair-110410.html

    Ich stimme nicht vollauf überein aber in grossen Teilen schon.

    Liebe Grüsse aus der Schweiz

    Roger
     
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  10. pingo

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    Danke für den schönen Link lieber Roger!
     
  11. #11 nosugartonight, 16.02.2020
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    Ich hatte kürzlich ein Erlebnis, das thematisch vielleicht hier hin passt (möchte ungern dafür einen neuen Thread eröffnen). Zum Hintergrund: ich habe beruflich nichts mit Kaffee zu tun und würde mich als Genusstrinker bezeichnen. Ich bin gerne bereit bis ca 35 Euro/kg für Kaffee auszugeben, wenn ich mir sicher sein kann, dass auch einiges davon beim Farmer/Kooperative ankommt. Deshalb begrüße ich die Entwicklung, dass eine wachsende Anzahl von Röstern (Quijote, Roasters Untited, The Pledge etc.) Rohkaffee "direkt" bezieht und dem Kunden gegenüber Transparenz bzgl. ihres Rohkaffeeeinkaufs schaffen und unterstütze dies so oft ich kann.

    Es gibt jedoch auch andere Röster, die mit dem Begriff Direct Trade werben, ohne Nachprüfbarkeit und Transparenz zu gewährleisten.

    Ich habe auch gelesen, dass es fast unmöglich ist, wirklich direkt (vom Farmer) zu importieren, weil fast alle großen Anbauländer den Rohkaffeeexport stark staatlich regulieren (z.B. nur an ca eine Handvoll Firmen Exportlizenzen vergeben). Ist das immer noch so? Den veröffentlichten Kaufverträgen nach zu urteilen scheint es ja möglich zu sein, direkt von einzelnen Farmen zu importieren. Ist der ausgehandelte Preis immer der Free on bord Preis? Dann müsste es jemanden geben, der sicherstellt, dass der gekaufte Kaffee während der Schritte Aufbereitung, Sortierung, Transport bis zum Schiff nicht vermischt wird und rückverfolgbar bleibt.

    Ich bin durch die letzte Crema Ausgabe auf die Rösterei Martermühle in Bayern aufmerksam geworden, die mir schon mehrfach empfohlen wurde, also dachte ich mir, kann man ja mal was bestellen zum Probieren. Auf deren Website bewerben sie eine Sorte als Direct Trade mit großen Fotos vom Plantagenbesuch und beschreiben den großen Vorteil der völligen Transparenz, weil keine Zwischenhändler involviert sind. Ich dachte, die Transparenz klingt super, hätte ich auch gern, also habe ich angerufen. Auf meine Frage nach dem EK Preis der direkt gehandelten Bohnen wurde mir etwas pampig mitgeteilt, dass ich wohl Verständnis dafür hätte, dass das Firmengeheimnis ist und es war nicht zu überhören, dass man meine Frage als frech empfindet. Zum Glück ist der Kunde frei in seiner Entscheidung, wo er kauft.

    Wenn es um z. B. ein Fahrradgeschäft wär, fände ich das auch total in Ordnung und gerechtfertigt, Aber beim Thema Kaffee, besonders in einer Zeit in der viele Farmer den Kaffeeanbau aufgeben, weil sie vom Weltmarktpreis nicht mehr (über-)leben können, reicht es mir nicht, blind darauf zu vertrauen, dass vom Kaffee, für den ich das dreifache zahle auch mehr beim Produzenten ankommt, als vom Supermarkt Kaffee.

    Es ist auf jeden Fall ein komplexes Thema mit unterschiedlichen Ansichten davon, was "direkt gehandelt" bedeutet.
     
  12. cbr-ps

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    Ich sehe den Unterschied nicht wirklich. Wenn der Arbeiter in einem Niedriglohnland vom Backen der Carbonrahmen oder Alu Schweissen seine Familie nicht ernähren kann und/oder seine Gesundheit wegen lausiger Umweltstandards ruiniert, egal ob er mit teuren Marken gelabelte Rahmen baut oder Discounter Ware, ist das auch nichts anderes als das Elend der Kaffeebauern...
     
  13. #13 nosugartonight, 16.02.2020
    nosugartonight

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    Hast recht. Bei Fahrrädern ist es wie bei dem meisten Konsumgütern die gleiche Geschichte.

    Der oben verlinkte Artikel bringt die Schwierigkeiten des direct trade marketings ganz gut auf den Punkt.

    Kann das Buch God in a cup auch sehr empfehlen. Ich bin da auch hin und hergerissen, ob die Specialty Schiene mit den COE Wettbewerben und Auktionen der Beste Weg ist. Den einen, richtigen Weg gibt es einfach nicht. Natürlich sind Anreize zur Qualitätssteigerung super und vielleicht mehr Wert als ein Fair Trade Label, aber ich denke, genauso wichtig sind langfristige, partnerschaftliche Handelsbeziehungen.
     
  14. #14 Aeropress, 17.02.2020
    Aeropress

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    Transparenz ist Klasse, aber die kann nur freiwillig sein. Sie erwarten oder zum Standard erheben kann man nicht, insofern ist das im ersten Moment wohl etwas vor den Kopf gestoßene Verhalten des Rösters auch nachvollziehbar. Man kann ja auch nicht erwarten, daß jeder der Kaffee röstet automatisch ein Weltverbesserer sein muss. Das kann man kombinieren muss man aber nicht, und ist deshalb auch nicht gleich ein schlechter Mensch.
    Eigentlich dann ja positiv wenn auch die weniger engagierten Direct Trade fördern. Ob man dem dann immer vertrauen kann, und welches Auftreten man als Konsument fördern will, bleibt dann ja jedem überlassen.
     
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  15. sky

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    Hallo zusammen,

    für alle die an dem Thema interessiert sind, habe ich mit Katze von Quijote Kaffee einen Podcast über Bio, Fair und direkt gehandelten Kaffee und die daraus resultierenden Auswirkungen auf Farmerinnen und Farmer aufgenommen.

    Es geht um transparenten und fairen Kaffeehandel.
    KP006 – Kaffeehandel – KaffeePod

    Hier gehts zum KaffeePod Thread
    KaffeePod Podcast

    Liebe Grüße
    Chris
     
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