Lelit Bianca PL162 Review, Tests und Messungen (+ E61 Dual Boiler Temperaturverhalten)

So, weiter geht´s...

Dampf:
Als nächsten Punkt gehe ich auf die Dampffunktion ein.

All zu viel kann man eigentlich nicht sagen. Die Bianca hat unglaubliche Dampfpower und man bekommt sie mit den üblichen Kannen eigentlich nicht zum Einbrechen. Das ist so ziemlich Gastroniveau.
Zunächst war ich etwas skeptisch, da beim parallelen Beziehen von Espresso und Dampf nicht beide Heizungen mit Volllast arbeiten, obwohl das bei den meisten anderen Haushaltsmaschinen auch nicht der Fall ist. Die Lelit verteilt die Last 50/50 auf den Brühkessel und den Dampfkessel. Wie gut das funktioniert, sieht man in diesen beiden Videos jeweils mit 2er Flow parallel.

125°:


130°:


Im ersten Fall fällt der Druck nach gut 30sek grob auf 1,1 Bar, im zweiten auf 1,3 Bar.

Eigentlich merkt man jeweils keinen Unterschied zum Start. Hier noch ein drittes Video in der Praxis mit 380ml kalter Milch in einem 600ml Kännchen.



Um das Stativ herum zu arbeiten war zwar umständlich, für etwas Latte-Art hat es aber noch gereicht...

Man sieht im Video sehr gut, wie stark die Milch bis zum Schluss rollt. Zum Vergleich (auf hohem Niveau!): Mit meiner Appartamento (1,8Ltr 1200W) habe ich die 600ml Kanne aufgegeben, es hat ewig gedauert und die Verwirbelung war viel schlechter und ihr ging die Puste aus. Nach dem großen Kännchen ging der Druck auf ca 0,4 Bar runter. Grund ist der niedrige Startpunkt von höchstens 1,1 Bar, passt man den oberen Punkt der Hysterese nicht ab, natürlich noch schlechter.
Meine Büromaschine, die R58 (1,8Ltr, 1400W), schlägt sich auch nicht besser, fällt ebenfalls auf 0,5 Bar ab, während dem Bezug sogar noch schlechter, da sie hierbei kein einziges Watt Energie abbekommt und alles in den Brühkessel geht. Außerdem hat die R58 trotz PID eine Hysterese, da die selben PID Parameter wie für der Brühkessel benutzt werden müssen (Single Loop). Diese passen aber nicht wirklich für den Dampfkessel, weshalb sie schwingt. Daher wird bei ihr auch empfohlen, den oberen Punkt abzuwarten, wie beim Pressostat. Die Bianca hat ein Dual Loop PID, der Dampfdruck ist daher stets gleich und reagiert auch sofort. Obwohl sie "nur" 1,5Ltr bei 1400W hat, schlägt sie die R58 und die Appartamento um Längen.

Während dem parallelen Espressobezug pumpt die Maschine nicht nach, müsste sie bei 30sek aber ohnehin gerade so nicht.

Um den Espressobezug muss man sich bei der 50/50 Aufteilung nicht sorgen, 700W gleichen den Wärmeverlust eines 2er Flows gerade aus, wie man gut nachrechnen kann, ansonsten hätte man auch noch den 800ml Kessel als Speicher.

Die Bedienung des Dampfrades ist auch angenehm, da dahinter ein federbelastetes Ventil sitzt. Man braucht also ca. eine halbe Umdrehung zwischen zu und auf.

 

Bisher keine Ahnung, hab ihn noch nicht ausgesaugt, letztendlich zählt ja nur der Dampf und der ist wirklich sehr gut und z.B. im Vergleich zur größeren R58 deutlich besser/ausdauernder.

 

Die mit den größeren Löchern. Ist soweit ich sehen kann ziemlich baugleich mit der von der Appartamento.

Ich sehe für mich ebenfalls keinen Bedarf für die kleine Düse, nutze sie für mein 400 und 600ml Kännchen.

 

Es sieht so aus, als ob es zwei Teile wären, gelöst bekomme ich den Griff allerdings nicht.

 

Jepp, kommt!

 

Ich werde die Maschine jedenfalls noch öffnen, bisher hat @DavecUK ein sehr ausführliches Video vom Innenleben vorgestellt, da gibt es meinerseits wahrscheinlich nichts zu ergänzen:

Lelit Bianca - Internal Tour

 

Hab ich doch oben schon geschrieben. Klar geht das auch halbwegs manuell, ist im Alltag halt nicht immer leicht/praktikabel. 1. geht's nicht mit Zeitschaltuhr, 2. muss ich es zurückstellen. Wenn ich den Zeitpunkt verpasse überhitzt die BG massiv und es dauert ewig, bis sie sich wieder normalisiert hat. Bei der R58 muss ich auch noch das Steuermodul anschließen...

 

So, besser spät als nie: Es kamen knapp 1100ml raus. Allerdings hatte ich in bisher noch keiner Maschine nur 50%, daher glaube ich, das mehr ohnehin üblich ist. Kommt sicher auch noch drauf an ob HX Maschine, stehender oder liegender Kessel.

 

Energieverbrauch:

Heute als kleiner Lückenfüller bis ich mit meinen Scace Messungen anfange und eine Zusammenfassung über die die generelle Bedienung/Funktionalität der Maschine schreibe, ein paar Daten zum Stromverbrauch.

Aufheizen bis betriebsbereit/durchgeheizt:
- Dualboiler (20min) -> 310Wh
- Single Boiler (10min) ->110Wh

Jede Stunde ab durchgeheizt:
- Dualboiler -> 140Wh
- Singleboiler -> 80Wh

Zum HX-Vergleich die Appartamento (nicht isoliert) / und der gleiche Kessel isoliert in der Cellini:
Aufheizen bis Betriebsbereit/Durchgeheizt (40min): 290Wh / 240Wh
Jede Stunde ab durchgeheizt: 150Wh / 140Wh

Der Standby Modus hat für mich keine Relevanz, da er aufgrund der kurzen Aufheizzeiten nicht wirklich nötig ist. Da ein Aufwecken aus dem Standby keinen Aufheizbeschleuniger nutzt, spart man hier kaum/keine Zeit zum kalten Aufheizen. Auch wenn die Maschine über Stunden komplett aus war, ist sie nach einem Neustart deutlich schneller auf Temperatur, da so viel Restwärme vorhanden ist.

Das Aufheizrennen (Strom) mit beiden Boilern verliert die Bianca gegen die HX Maschinen also knapp, was natürlich logisch ist, da einfach mehr Wasser erwärmt werden muss. Wird nur Espresso getrunken, schlägt sie die HX Maschinen deutlich, was nicht weniger logisch ist... ;-) Was mich etwas überrascht, ist der Verbrauch im durchgeheizten Zustand. Hier liegt sie gleich auf mit der Cellini bzw. etwas besser als die Appartamento. Ich hätte grundsätzlich erwartet, dass (ähnlich dimensionierte) Dualboiler mehr verbrauchen. Im Single Boiler Betrieb benötigt sie nur etwas mehr als die Hälfte. Wer also häufig nur den Brühkessel benötigt, kann sehr viel Strom sparen, da ich (auch) viel Espresso pur trinke, ist das bei mir der Fall.

Insbesondere kann man mit der Bianca jedoch Energie sparen, da sich das Nutzungsverhalten aufgrund der kurzen Aufheizzeit komplett ändern kann, wenn man möchte. Bei mir ging das ohne es geplant zu haben von alleine. Während die Appartamento immer durchläuft so lange ich weiß, dass innerhalb der nächsten Stunden Kaffee getrunken wird, schalte ich die Bianca tatsächlich immer aus, oder zumindest in den Single Boiler Betrieb, wenn erst mal nichts unmittelbar ansteht. Das ist schon recht Pavoni-like. Mein Tagesverbrauch bei der Appartamento liegt je nach Nutzung zwischen 1 und 1,5kWh, bei der Bianca zwischen 0,5 und 1 kwH.

 

Scace Messung 4er Folge:

Nun folgen detailliertere Temperaturmessungen. Als erstes hat mich interessiert, wie sich die E61 bei einer schnellen Bezugsfolge schlägt. Hier im Forum ließt man häufig, dass die E61 Gruppe nicht so gut zu Dualboilern aufgrund des Offsets passt. Ich selbst habe sicherlich auch schon an der ein oder anderen Stelle geschrieben, dass beim Dualboiler jeder Shot die zunächst etwas kühlere Gruppe erwärmt und somit die Folgeshots bis zu einer gewissen Grenze etwas heißer werden als ihre Vorgänger. Da mich dies schon länger interessiert, habe ich es als erstes gemessen, um zu schauen ob die Temperatur aus dem Ruder läuft.

Die Bedingungen waren wie folgt:
Voll durchgeheizt (>1,5h Laufzeit), 95°PID, Scace zum Aufheizen eingespannt.

Ablauf:
-0:30 Ausspannen
-0:10 Einspanne
0:00 Bezug
0:30 Ende Bezug (67ml)
1:30 Ausspannen
1:50 Einspannen
2:00 Nächster Bezug

Also alle 1:30 ein Bezug, jeweils 20sec Ausspannen.


Erkenntnis:
Alles in allem ziemlich gut, wie ich finde. Der genannte "Aufheizeffekt" ist eigentlich nur von Shot 1 auf 2 zu erkennen. Shot 2-4 sind ziemlich exakt identisch. Shot 1 ist im Schnitt um die 0,5°C kühler. Ich bin mir auch nicht sicher, ob der Effekt mit echtem Kaffeemehl so auftaucht. Das Scace Device ist vor dem 1. Shot einiges kühler, man erkennt es an der später und "von weiter unten" ansteigenden blauen Linie (um die 10°), könnte also gut sein, dass der kühlere Siebträger einen Teil des Effekts ausmacht. Ich gehe davon aus, dass ein kurzer Leerbezug vor Shot 1 den Effekt weitestgehend eliminiert, ich werde das beiläufig noch testen.

Innerhalb eines Shots ist grob ein Anstieg von 1°C von Anfang bis Ende zu verzeichnen. Keine Ahnung ob man das auf Kaffeepulver exakt übertragen kann, relevant ist in meinen Augen eigentlich nur, dass sich jeder Shot gleich verhält, was in dieser Messreihe ziemlich eindeutig der Fall ist. Ich hätte das so nicht erwartet, was zumindest innerhalb dieses Szenarios absolut nicht gegen E61-DB spricht. Ich hätte eine viel größere Streuung angenommen.

Übrigens habe ich die Werkseinstellungen des PIDs verwendet und nicht die Empfehlung von @DavecUK übernommen, bei 230V Maschinen den KPc von 0,8 auf 0,4 zu stellen. Allerdings habe ich den Offset von 10 auf 13° verstellt. Angenommen das Scace misst korrekt (mit kochendem Wasser kalibriert), wären die Shots sonst 3° kühler als angezeigt. Meiner Meinung nach spielt das zwar keine große Rolle, da sich jede Maschine ohnehin anders verhält, auch innerhalb des selben Modells, wenn ich es aber schon mal hier habe... Allerdings zeigt dies auf, dass es relativ sinnlos ist, wenn mehrere Personen über ein Espressorezept sprechen und Temperatureinstellungen unterschiedlicher Maschinen verglichen werden.