Allgemeine Mühlen - Kaufberatung

Diskutiere Allgemeine Mühlen - Kaufberatung im Mühlen Forum im Bereich Maschinen und Technik; Vor einigen Tagen wurde ich von einer Bekannten gebeten Ihr bei der Auswahl einer Kaffeemühle behilflich zu sein. Es entwickelte sich ein reger...

  1. seeker

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    Vor einigen Tagen wurde ich von einer Bekannten gebeten Ihr bei der Auswahl einer Kaffeemühle behilflich zu sein.
    Es entwickelte sich ein reger Email - Austausch, den ich im nachfolgenden Beitrag etwas zusammen gefasst habe.
    Möglicherweise hilft das dem Ein oder Anderen Einsteiger in die Kaffeewelt etwas weiter.

    Der Beitrag ist rein subjektiv und hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, deshalb sind Änderungen und Eure Meinungen dazu ausdrücklich erwünscht.

    Grüße
    Dr. Kaffee
     
  2. seeker

    seeker Mitglied

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    Kaffeemühlen

    Es gibt eine fast unüberschaubare Anzahl verschiedenster Kaffeemühlen.

    Zur Orientierung hier einige Grundlagen:

    Guter Kaffee ist ein Frischeprodukt !

    Um guten Kaffee wirklich zur Geltung bringen zu können ist eine Mühle unumgänglich, da nur frisch gemahlener Kaffee sein ganzes Geschmackspotential entwickeln kann. Die bis zu 1000 unterscheidbaren Aromen und ätherischen Öle reagieren sehr schnell mit Sauerstoff und verflüchtigen sich.
    Auch die ungemahlene Bohne 'altert' und sollte selbst bei besten Lagerbedingungen (dunkel und möglichst luftdicht bei Zimmertemperatur) nicht länger als drei Monate gelagert werden. Durch das Mahlen wird die Oberfläche, die mit Sauerstoff in Kontakt tritt jedoch extrem vergrößert (was wir ja für unsere Extraktion mit Wasser auch wollen) und schon nach wenigen Minuten verändern sich die Aromen.

    „Fast 50% der CO2- und Aromagase verflüchtigen sich in den ersten 5 Minuten nach dem Mahlen.“ Scott Rao, „Everything but Espresso“ 2010



    Mühlentypen:

    Wir unterscheiden zwischen Handmühlen und elektrisch betriebenen Mühlen, wobei der grundsätzliche Aufbau (natürlich bis auf den Antrieb) praktisch gleich ist.
    Ganz oben befindet sich in der Regel ein Bohnenbehälter, darunter das Mahlwerk und darunter der Kaffee-Mehlauswurf.


    Unterschiede gibt es nun
    • beim Bohnenbehälter

       in der Größe – von wenigen Gramm bei einigen Handmühlen zu einigen Kilogramm bei professionellen Gastronomiegeräten

       im Material – Holz, Glas oder Plexiglas

    • beim Mahlwerk

       im Aufbau – Schlagmesser, Scheibe, Kegel

       im Material – Kunststoff, Metall, Keramik

       in der Größe – wichtig bei elektrischen Mühlen – je größer, desto langsamer kann gemahlen werden und eine geringere Hitze entsteht. (= weniger Aromaverlust)

       in der Einstellbarkeit des Mahlgrades

    • Im Auswurf

       als Doser (hier wird in ein Vorratsgefäß gemahlen und bei Bedarf eine 'Dosis' entnommen)

       als Direktmahler mit/ohne Timer (hier wird jede einzelne Portion direkt z.B. in den Siebträger gemahlen)

    Wichtige Fragen zur Entscheidungsfindung:
    1. Welche Kaffeezubereitungen bevorzuge ich ? - Welchen Kaffee trinke ich gerne ?

    2. Welche Mengen werden getrunken ?

    3. Welcher Preisrahmen steht zur Verfügung ?

    4. Wie viele Mühlen will/kann ich anschaffen ?

    zu 1. Jede Kaffeezubereitung hat andere Ansprüche an das Mahlgut.

    Der feinste Mahlgrad wird für gekochte Kaffees (griechischer oder türkischer Kaffee), bei denen das Mahlgut direkt mit Wasser aufgekocht wird, benötigt. Dann folgen in aufsteigender Reihenfolge Siebträger – Herdkännchen wie Bialetti – dann die anderen Filtersysteme – bis zur Pressstempelkanne mit praktisch dem gröbsten Kaffeemehl.
    Für den Einsatz mit der Pressstempelkanne kommt daher möglicherweise noch eine 'Billigmühle' mit Schlagmesser in Frage. Für alle anderen Zubereitungen ist dieser Typ jedoch völlig ungeeignet. Ich bevorzuge aber auch hier eine qualitativ höherwertige Alternative, da auch die Verteilung von groben und feinem Mehl (sog. fines) eine große Rolle spielt. Die Kaffeebohnen sollten immer möglichst homogen gemahlen sein.
    (TIP 1 – Homogenität ist mit einer Schlagmessermühle unmöglich. Deshalb → keine Schlagmesser für Kaffee. (funktioniert aber toll für Gewürze))

    zu 2. werden normalerweise nur ein bis zwei Getränke produziert kommt sicherlich auch eine Handmühle in Frage. Bei größeren Mengen würde ich immer zu einer 'Elektrischen' raten. Denken Sie auch an möglichen Besuch (der sich bei Ihrer zukünftigen Kaffeezubereitung sicher einstellen wird :)). Sie wollen dann bestimmt nicht stundenlang an der Kaffeemühle stehen.
    (TIP 2 – eher eine 'Elektrische' nehmen)

    zu 3. Handmühlen wie die „Rhinoware“ oder die „Hario“ gibt es schon für rund € 50,--. Bei Elektromühlen beginnen brauchbare Einsteigergeräte bei ca. € 100,-- für z.B. eine „Graef“ . In meinen Augen eine vernünftige Mittelklasse haben wir bei z.B. einer Quamar Q 50 E bei rund € 400,-- erreicht und die 'guten' Mühlen beginnen so ab € 500,-- - Grenzen nach oben offen. (manche behaupten 'echte' Mühlen beginnen erst in der Liga von 1500,-- € – aber ganz ehrlich – ich hatte schon wirklich tollen Kaffee mit Einsteigergeräten. Bei mir Zuhause habe ich die ersten Jahre meiner 'Kaffeelaufbahn' die günstigste Graef Mühle mit der kleinsten Graef Siebträgermaschine benutzt und ich glaube hoffe niemand hat sich über meinen Espresso beklagt. Die Mühle ist übrigens immer noch als 'Zweitmühle' für die Presstempelkanne im Einsatz.)
    (TIP 3 – Die Mühle ist meines Erachtens fast wichtiger als die Kaffeemaschine. Nehmen Sie hier eher etwas mehr Geld in die Hand.)

    zu 4. denken Sie tatsächlich über den Kauf mehrerer Mühlen nach, wenn Sie nicht immer den selben Kaffee trinken. Es gibt die 'Eierlegendewollmilchsau' , die perfekt für all die unterschiedlichen Zubereitungsmöglichkeiten mahlen kann, leider nicht. Als guter Kompromiss für eine 'Einzelmühle' bewährt sich eine gute, reproduzierbare Mahlgrad-Einstellung sowie ein leicht zu bewerkstelligender Bohnenwechsel.
    (TIP 4 – der Trend geht zur „Zweit- bzw. Dritt-Mühle“)

    Weitere wichtige Punkte:

    Totraum:
    der Raum zwischen Mahlscheiben und Auswurf. Hier bleibt Kaffeemehl in der Maschine zurück. Das können bei großen Profimühlen schnell einige Gramm sein. → siehe auch 'Reinigung'
    (TIP 5 – möglichst kleiner Totraum)

    Auswurf / Statische Aufladung:
    „Saut“ die Maschine stark rum, das heißt wird bei jedem Mahlvorgang Kaffeemehl um die Mühle herum verteilt, macht das bald keinen Spaß mehr. Hier beeinflusst die statische Aufladung und das Design des Auswurfschachtes das Verhalten sehr stark.
    (TIP 6 – Testen Sie die Mühlen mit verschiedensten Bohnen. Das Verhalten ist verblüffend unterschiedlich.)

    Gewicht / Größe:
    Denken Sie an die Handhabung und die Größe. Die Mühle sollte schwer genug sein um beim Mahlvorgang stabil auf der Arbeitsplatte zu stehen und trotzdem zur Reinigung noch händelbar sein.
    (TIP 7 – Achten Sie außer dem Gewicht der Mühle noch speziell auf den Abstand zu etwaigen Hängeschränke in Ihrer Küche – Sie müssen die Mühle auch vernünftig von Oben befüllen können.)

    Reinigung:
    Ein nicht zu unterschätzender Faktor. In jeder Mühle setzt sich mit der Zeit etwas Kaffeemehl ab. Da dieses auch die Kaffeeöle enthält wird das ganze über kurz oder lang ranzig und beeinflusst damit natürlich auch den Geschmack unseres frischen Kaffees.
    (TIP 8 – Wie leicht ist die Mühle zur Reinigung zu zerlegen ?)

    Lautstärke:
    Und auch dieser Punkt ist nicht zu unterschätzen. Hier zählt nicht nur die absolute Lautstärke (db) sondern auch der 'Klang'. Manche Mühlen klingen schriller, andere brummen sonor...
    (TIP 9 – Auch hier besser vor dem Kauf ausprobieren.)

    FAZIT:
    Für den 'Normalhaushalt' würde ich im allgemeinen eine elektrische Mittelklasse Mühle im 400 - 500,-- € Sektor wählen.
    Ein eher kleiner Hopper (Bohnenbehälter) ist von Vorteil, da die Gesamthöhe damit abnimmt und zusätzlich die Bohnen nicht so lange im Hopper verbleiben. (Ich selber arbeite im Alltag sogar oft ohne Hopper und fülle die Bohnen jeweils portionsweise in die Mühle.)
    Ob Scheiben- oder Kegelmahlwerk ist meines Erachtens eher eine 'Glaubensfrage'. In einem – nicht wissenschaftlichen – Blindtests wurde von keinem Teilnehmer erkannt ob es sich um ein Scheiben- oder Kegelmahlwerk gehandelt hat. Auch ob Metall oder Keramik für die Mahlscheiben verwendet wird spielt meines Wissens geschmacklich keine Rolle.
    Ein möglichst geringer Totraum ist hingegen wichtig um nicht immer beim erste Mahlgang einige Gramm alten Kaffees wegschmeißen zu müssen. (In der Gastronomie fallen diese Mengen im Verhältnis nicht so ins Gewicht. Im Privathaushalt sehr wohl.)
    Die Variante als Direktmahler (um z.B. direkt in den Siebträger mahlen zu können) ist hier, wiederum im Gegensatz zur Gastronomie, wo fast ausschließlich 'Doser' verwendet werden, die bessere Wahl.
    Und mit einer gut und schnell reproduzierbaren Mahlgradeinstellung kann man sicher auch mit (nur) einer Mühle phänomenale Getränke aus dieser wunderbaren Bohne (die natürlich der Kern der Kaffeekirsche ist ;-)) zaubern.
     
    KaffeeDabs gefällt das.
  3. #3 domimü, 22.07.2015
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    Ich würde nur die kaffeetauglichen Mühlen beschreiben, also Schlagmesser und Kunststoffmahlwerk weglassen.

    Ansonsten, zu viel Text, der übersichtlicher im Kaffeewiki zu finden ist, und einen allgemeinen Mühlen-Thread für Haushaltsmühlen haben wir hier: http://www.kaffee-netz.de/threads/sammelthread-kaufberatung-muehlen.50748/
     
  4. #4 yogajaeger, 24.12.2016
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    Hallo welche Mühle ohne Totraum, die klein ist und von Filter bis Espresso als Direktmahler alles vereinbart gibt es? Grüssli
     
  5. #5 cappur, 25.12.2016
    Zuletzt bearbeitet: 25.12.2016
    cappur

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    Danke für die sehr plausiblen Tips. Ich finde die Darstellung auch als Ergänzung zum Wiki sehr gut. Kleine Frage zum Tip 6: Wenn die statische Aufladung nicht nur von der Mühle, sondern auch von der Beschaffenheit der Bohnen abhängt (Sprühe die Bohnen mal mit ganz feinem Wassernebel ein, dann ist die Ladung reduziert!), dann hilft mir die Aussage bei der Auswahl der Mühle wenig. Ich müsste schon sehr systematisch Messreihen durchführen, um die bessere Maschine zu erkennen. Oder?
    Grüße
     
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