Automatische Mengendosierung und Kesselbefüllung – ein Rückblick

Diskutiere Automatische Mengendosierung und Kesselbefüllung – ein Rückblick im Restaurierungen und Raritäten Forum im Bereich Maschinen und Technik; Nachdem sich ausgehend von der Faema E61 in den sechziger Jahren die Pumpenmaschinen durchzusetzen und zu verbreiten begannen, führte auch bei...

  1. #1 mechanist, 18.01.2021
    Zuletzt bearbeitet: 18.01.2021
    mechanist

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    Nachdem sich ausgehend von der Faema E61 in den sechziger Jahren die Pumpenmaschinen durchzusetzen und zu verbreiten begannen, führte auch bei diesen die Entwicklung zu einer zunehmenden Automatisierung des Bezuges.

    Denn anders als bei den Kolbenmaschinen war der Bezug anfangs nur rein manuell über die Bedienung eines entsprechenden Ventils möglich und die Bezugsmenge nicht wie bei den Kolbenmaschinen über den Hubraum unveränderbar vorgegeben. Cimbali hatte zudem mit der Pitagora 1962 eine schon fast vollautomatische Kolbenmaschine vorgestellt, bei der nur noch der Siebträger einzuspannen war.

    Die Automatisierung des Bezuges diente dabei nicht nur der Vereinfachung und Beschleunigung des Arbeitsablaufes, sie garantierte auch eine konstante Qualität des Ergebnisses in der Tasse. Daneben war die auch die automatische Kesselbefüllung im Focus der Entwicklung. Hier führte der Weg wie woanders auch über die Elektromechanik zur Elektronik. So gab es zunächst automatische Befüllungen mit einem Schwimmer in Kombination mit einem Taster (wie das sog. Tee-Ei bei Cimbali), dann den Füllstandssensor in Verbindung mit einem entsprechenden elektronischen Bauteil (Niveauregulierung). Die erste automatische Kesselbefüllung gab es wohl bei Gaggia 1959/60.

    Die Füllstandssensoren, die sich die elekrische Leitfähigkeit des Wassers zunutze machen, waren indes keine Entwicklung der Espressomaschinen-Hersteller, sondern wurden aus dem industriellen Anlagenbau übernommen, wie auch ein weiteres Bauteil, das für den automatisierten Bezug entscheidend wurde: Das Magnetventil.

    Das Magnetventil, das die elektrische Bedienung des Wasserzulaufs in einer Espressomaschine ermöglicht, tauchte Anfang der sechziger Jahre im Anlagenbau auf. Hier ein frühes Magnetventil von General Electric aus dieser Zeit:

    magnetventil1.jpg

    Bis die Magnetventile in die Espressomaschinen einzogen, dauerte es allerdings einige Jahre,
    bei Cimbali wurde es erst 1970 in die M15 serienmässig eingebaut. Früher als bei den Espressomaschinen wurden Magnetventile bei Waschmaschinen verwendet. Bei einigen Herstellern von
    Grosskaffeemaschinen war es wie auch die elektronischen Füllstandssensoren interessanterweise ebenfalls früher in Verwendung (WMF, Egro, ab ca. 1965).

    Zurück zur Automatisierung des Bezuges: Um bei den Pumpenmaschinen eine automatische Mengendosierung des Wassers zu erreichen, wurde ein hydraulisches Bauteil entwickelt, das zwischen der Pumpe und dem HX/der Gruppe zwischengeschaltet wurde. Die Pumpe drückt also nicht mehr direkt in den HX, sondern die Wassermenge wird vorher in diesem Bauteil dosiert.

    Zur Bedienung wird die gewünschte Bezugsgrösse vorgewählt (einfacher / doppelter Espresso, kleine / grosse Tasse) und im Anschluss ein Schalter bedient. Dieser öffnet über ein Magnetventil den Zulauf in die untere Kammer des Hydraulikelements. Der Kolben wird nach oben gedrückt, bis über die ausfahrende Kolbenstange je nach vorgewählter Bezugsmenge ein Taster bedient wird und den Zulauf in die untere Kammer schliesst. Anschliessend wird über ein zweites Magnetventil der Zulauf in die obere Kammer geöffnet und die Pumpe gestartet. Diese drückt nun mit dem Kolben die Wassermenge aus der unteren Kammer in den HX.

    Anders als bei den hydraulischen Kolbenmaschinen dient die Hydraulik nicht der Druckerzeugung, sondern lediglich der Dosierung der Wassermenge – den notwendigen Druck erzeugt die Pumpe.

    Diese Technik tauchte zuerst bei der Faema E64/66 Diplomatic auf:
    faema e66 dos3.JPG
    faema e66 dos.1.JPG
    faema e66 dos2.JPG

    und wurde im Lauf der siebziger Jahre von vielen Herstellern übernomen:
    So gab es die La San Marco Tipo 80 mit hydraulischer Mengendosierung:
    la san marco 80.16m dos.jpg

    Die Gaggia TE:
    gaggia hyd.dos..jpg

    Und die Cimbali M20 ab 1979 für kurze Zeit ebenfalls:
    P1131035.JPG

    Allerdings wurde von einigen Herstellern auch eine weitere Variante der Mengendosierung angeboten: die sogenannte Eieruhr. Dabei handelt es sich um eine technisch einfachere, aber auch ungenauere Lösung: Eine Kurzzeit-Schaltuhr wird auf die gewünschte Bezugsgrösse eingestellt und mit einem Schalter in Betrieb gesetzt. Die Schaltuhr regelt bzw. begrenzt die Stromversorgung der
    Pumpe und damit die Menge des geförderten Wassers.

    Hier die Eieruhr bei einer Cimbali M15:
    m15 eieruhr.jpg

    und bei einer Bianchi Pumpenmaschine aus den Siebzigern:
    PA010923.JPG

    Im Verlauf der achtziger Jahre verschwanden beide Techniken rasch wieder und wurden von
    elektronischen Bauteilen ersetzt, so wie bei dem von Cimbali 1983 vorgestellten vollelektronischen Espressoautomaten ET Program:
    et progr..JPG

    Mit dem Einzug des Flowmeters in Verbindung mit programmierbaren elektronischen Steuerungen stand eine deutlich preisgünstigere, kleinere und zuverlässigere Technik zur Verfügung, die hydraulische Mengendosierung verschwand und sorgt heute nur noch bei unerschrockenen Restauratoren für Stirnrunzeln.
     
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  2. #2 ezlbaak, 19.01.2021
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    [​IMG]
    Ein relativ massives Ventil mit Schwimmer war das. Meist war es in der Maschine drin verbaut, das hier war vermutlich eine Nachrüstung, da ja doch ziemlich wilde Konstruktion.

    Und dann gabs ja da bei Cimbali noch die exotische Mengensteuerung per Füllstandssensoren, die sogenannte Klo-Steuerung.
    [​IMG]
     
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  3. #3 mechanist, 19.01.2021
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    Ja, die wurde dann als Ersatz für die hydraulische Mengendosierung bei der M20 erstmalig angeboten in Verbindung mit einer elektronischen Niveauregulierung.
    In der Bauzeit der M20 Baureihe gab es mindenstens drei Versionen der Mengendosierung: Am Anfang die hydraulische, dann die Klospülung und
    schliesslich die progrmmierbare, elektronische Mengendosierung (Dosatron). Die Klospülung wurde auch in die M21 Junior übernommen und funktionierte trotz der etwas exotischen Konstruktion sehr zuverlässig.
     
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  4. P72

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    So etwas habe ich bisher noch nie in einer Gaggia TE gesehen. Auch die Gummifüße sehen anders aus, als alle die ich bisher bei den TE gesehen habe. Woher kommt denn das Bild? Bzw. gibt es eins, das die komplette Maschine zeigt?
     
  5. #5 mechanist, 25.01.2021
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    Das Bild kommt aus diesem Thread, die Maschine ist wohl eher eine ELE oder ein Modell dazwischen:
    Welche Gaggia ist das?
    Ich habe vorher und auch hinterher nie wieder eine Gaggia mit dieser Technik gesehen,
    möglich, dass sie wie bei Cimbali nur kurz angeboten und dann durch eine herstellungstechnisch
    günstigere Dosierung ersetzt wurde. Die hydraulische Dosierung war eine aufwändige und teure Lösung.
     
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  6. #6 mechanist, 16.04.2021
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    Und hier als Nachtrag die hydraulische Mengendosierung in einer Gaggia Ele 1 von 1977:
    P1011140.JPG
    Durch die Anordnung des hydraulischen Bauteils ist es bei dieser Maschine möglich,
    die Menge des geförderten Wassers zu verändern, ohne das Gehäuse öffnen zu müssen.
    Dafür dient der Drehregler in der Mitte:
    P1011131.JPG
     
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  7. #7 mechanist, 26.04.2021
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    Und noch ein Nachtrag. Ich dachte bisher, dass Cimbali der einzige Hersteller war, der die "Klospülung" angeboten hat, aber siehe
    da, von Carimali gab es das auch in einer elle von 1981:
    carimali2.JPG
     
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  8. micmec

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    Bin bei der Suche nach einer Anleitung zum Umbau meiner Gaggia Assotronic auf Flowmeter auf diesen Thread gestoßen. Wenn es alos interessiert: Die Gaggia Asso und Assotronik haben zumindest in der eingruppigen Variante ebenfalls eine Klospülung.
    Bilder gibt es in diesem Thread: Gaggia Assotronic Dualboiler
     
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