Der Kunstmusik-Thread: Referenzaufnahmen, Lieblingskomponisten, Lieblingssolisten

Diskutiere Der Kunstmusik-Thread: Referenzaufnahmen, Lieblingskomponisten, Lieblingssolisten im Was ich unbedingt noch sagen wollte... Forum im Bereich Kaffeeklatsch; Nein, sie haben einfach das jeweilige Instrument da eingesetzt, wo es besser passt. Es ist keine Argumentation zu sagen, das Klavier sei ein...

  1. face

    face Mitglied

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    Nein, sie haben einfach das jeweilige Instrument da eingesetzt, wo es besser passt. Es ist keine Argumentation zu sagen, das Klavier sei ein schlechteres Instrument als die Violine, weil es sich nicht so gut in ein Kammermusik-Ensemble einfügt. Da könnte ich auch gleich argumentieren, dass Violine eigentlich fürs Orchester ungeeignet ist - man braucht ja 20 Stück, damit man sie mal hört. Das wäre genauso unlogisch. Jedes Instrument hat seine Vor- und Nachteile, dadurch wird es nicht schlechter oder besser.

    Das ist genauso Quatsch wie "Mein Studiengang ist der besser" oder "Mein Studium ist das schwierigere". Es gibt nicht "das bessere", dieses und jenes Studium ist nur für diesen Studenten _besser geeignet_. Immer dieses abfällige Äußern über andere Instrumente, nur weil man selber gerade dieses eine spielt. Wie bei Smartphones. Zum K****...
     
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  2. #42 MichaelV, 23.01.2015
    MichaelV

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    Oh - das aus dem Kaffee-Forum zu erfahren - unter Beuerle habe ich während meiner Studienzeit in Freiburg viel gespielt, ist tatsächlich schon eine Weile her ... und jetzt ist er auch schon tot ... wie die Zeit vergeht.
    Das waren Sternstunden damals mit Sängerinnen wie Maria Cecilia Bengtsson und Rachel Harnisch, eine große Zeit des Musiklebens in und um die Musikhochschule, stellenweise Weltklasseniveau. Ach ...
     
  3. #43 Vincent Kluwe-Yorck, 24.01.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 26.01.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Die Debatte droht ziemlich schief zu werden. Kein Mensch hat behauptet, irgendein Instrument sei besser als das andere. Ich habe lediglich mehr im Scherz gesagt, die Violine sei die Königin der Instrumente (wie jeder weiß, wird in der Musikwelt die Orgel so bezeichnet – daher auch mein Smilie). Und ich erwähnte, ich habe (Konjunktiv I) den Eindruck, das Klavier sei wegen seiner Dominanz (und ich füge jetzt hinzu: wegen seiner speziellen Klangcharakteristik) etwas problematisch bei seiner Integration in den Ensembleklang. Die Frage der "richtigen" Instrumentierung ist allerdings von zentraler Wichtigkeit. Zuerst aber ein kleiner Ausblick auf die Musikgeschichte.

    Der weitaus überwiegende Teil der Musik entstand im Auftrag eines speziellen Auftraggebers (Kirche, Adelshof, professionelle und private Musiker etc.) für einen speziellen Zweck (Kirchenfest, Hochzeiten, Abendgesellschaften mit Gästen etc.) und war damit sogenannte "Gelegenheitsmusik". Als solche wurde sie meist nur ein einziges Mal aufgeführt und danach sofort vergessen (wenn die "Tonsetzer" nicht das Glück hatten, so berühmt zu sein, dass einige ihrer Werke gedruckt und europaweit an Musikliebhaber verkauft wurden, um von diesen nachgespielt zu werden. Natürlich gab es auch Ausnahmen: Monteverdis L'Orfeo wurde noch Generationen später aufgeführt, wenn ich mich hoffentlich recht entsinne. Wie Opern generell schon bald nach ihrer "Erfindung" wenn möglich mehrfach hintereinander aufgeführt wurden, um ihre exorbitant hohen Kosten decken zu können.). Wie auch die Komponisten selbst sofort nach ihrem Tod meist komplett vergessen und erst Jahrhundert(e) später durch das musikhistorische Interesse von Musikern wie Mendelssohn und Brahms wiederentdeckt wurden (Beispiel: Johann Sebastian B.). Erst danach - mit Einsetzen des Historismus - richtete sich das allgemeine Interesse darauf, systematische musikhistorische Forschung zu betreiben, um die Geschichte der Komponisten und ihrer Werke zu dokumentieren und wissenschaftlich zu bearbeiten.

    Bis in die Wiener Klassik hinein waren Komponisten Angestellte eines Hofes (der Kaiser in Wien, Fürsten und hinunter bis selbst zu kleinsten Adelsklitschen hielten sich sog. Hofkapellen – oft mit unglaublich hohem Musikverstand und Können. Man verfolge nur das Wirken von tschechischen Musikerfamilien wie der Bendas oder der Stamitze durch die Jahrhunderte!) oder einer Institution (Bach als Thomaskantor in Leipzig, Vivaldi als Kapellmeister und Lehrer am Ospedale della Pietà, Palestrina am Heiligen Stuhl, bzw. Petersdom). Seit Beethoven (große Vorläufer waren Händel und der Londoner Bach) wurde es durch Auflösung der Feudalgesellschaft (nach-napoleonisch, also nach dem Wiener Kongress) üblich, dass sich Komponisten auf dem Markt als freie Künstler zu behaupten hatten und sich mit Kompositionsaufträgen von privaten oder institutionellen Auftraggebern wie Kirchen, Opernhäusern oder Konzerteinrichtungen, mit eigenen Aufführungen als Virtuosen, durch Übernahme von Dirigaten (sehr grob gebügelt etwa seit Berlioz und Mendelssohn) und durch Verkauf ihrer Werke an Verlagshäuser ihren Lebensunterhalt, aber häufig auch mit Musikunterricht (die berüchtigte Klavierstunde) verdienten.

    Bei Kompositionsaufträgen hatten die Komponisten die Wünsche und die spielerischen Möglichkeiten des Kunden, bzw. seines Ensembles zu berücksichtigen. Die Werke waren dadurch sehr genau auf das jeweilige Ensemble, seine Größe, Vorhandensein einzelner Instrumente und die Befähigung der Musiker, bzw. einzelner Solisten zugeschnitten. Klar, dass eine Symphonie für die Mannheimer eine andere Instrumentierung vorsah als eine Kammermusik für das Hausorchester des - sagen wir - Grafen von Königsmarck. Bediente der Komponist einen guten Klangkörper wie die Mannheimer oder verfügte gar über eine herausragende und von ihm selbst aufgebaute "Hauskapelle" wie Haydn in Esterhazy (köstlich zu diesem Thema seine "Abschiedssymphonie"), konnte er natürlich sehr genau über die Klangwirkung, bzw. die Wirkung einzelner Instrumente und ihre jeweils zum Werk passende Besetzung nachdenken (was Haydn ja auch lebenslang tat, wie wir alle wissen). Und ganz besonders natürlich, wenn es um Kompositionen aus eigenem Antrieb ging. Und wie nun wirklich durch unzählige Dokumente belegt, haben sich die Musiker ausführlichst mit dem Thema Instrumentierung beschäftigt, also wie die einzelnen Instrumente am besten zur Geltung zu bringen seien (siehe dazu den Zusammenhang zwischen den Instrumenten und jeweils beabsichtigten Affekten im Rahmen der Affektenlehre). Oder sie haben neu erfundene Instrumente und ihre Klangwirkung ausprobiert (wie beispielsweise Mozart mit der gerade erst aus älteren Formen heraus entwickelten Klarinette, die er bei den Mannheimern erstmals hörte, und die er seitdem über alles liebte: siehe dazu sein zauberhaftes Klarinettenkonzert).

    Als Gute-Nacht-Gruß noch eine Herzensangelegenheit mit einer zauberhaften Elizabeth Wallfisch, über die sich hoffentlich ein lieber Freund aus Wien sehr freuen wird! :)
    http://www.amazon.de/Neapolitans-Wallfish/dp/B00005RT4J/ref=sr_1_1?s=music&ie=UTF8&qid=1422134122&sr=1-1&keywords=The+Neapolitans:+Pergolesi,+Durante,+Leo
    [​IMG]
    Leider nicht auf Youtube verfügbar - daher nur die Hörproben von Amazon. Die ersten Takte sind beschädigt - ab 0:19 aber fehlerfrei!
     
  4. #44 Vincent Kluwe-Yorck, 26.01.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 27.01.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Archäologisches Fundgut

    Habe aus den Tiefen meines historischen Musikfundus einen Schatz ausgegraben:
    http://www.amazon.de/gp/product/B00004YZ36?psc=1&redirect=true&ref_=od_aui_detailpages00
    [​IMG]
    Aufgenommen 1961 – also wahrlich keine Neuaufnahme (ADD). Aber tontechnisch hervorragend umgesetzt und so auch nach heutigen Maßstäben sehr gut anhörbar. Nach meinem sehr persönlichen Eindruck zeigt sich Mozarts Meisterklasse im Instrumentalwerk ganz besonders in seinen Klavierkonzerten. Als herausragender Klaviervirtuose seiner Zeit scheint er sehr deutlich vom Klavier her komponiert zu haben. Und so scheint es mir logisch, dass sich seine Meisterschaft besonders in den Klavierkonzerten offenbart. (Ich bitte die vielen aktiven Musiker hier, die viel mehr Ahnung haben von Musik als ich, mich zu korrigieren, wenn ich Unsinn verzapfe!)

    Für mich war ja immer Clara Haskil in Sachen Mozart das Maß aller Dinge. Aber als ich die alten Aufnahmen von Geza Anda nach gefühlten Jahrhunderten wieder gehört habe, war ich begeistert. Vor allem über die "großen Acht" ab KV 456. Und ganz besonders über Nr. 26 KV 537 "Coronation" und noch besonderer über das gewaltige Nr. 21 KV 467. Das KV 467 zählt für mich zu den Top Ten der ergreifendsten Musikwerke aller Zeiten auf meiner privaten Hitliste. Und was Anda hier an Ausdruckskraft erreicht, ist für mich denkwürdig. Allerdings bügelt er Mozart wahrlich nicht gegen den Strich (interpretatorisch gesprochen), wie es in neuerer Zeit immer wieder versucht wird. Er bleibt nach meinem Eindruck ganz in der Tradition einer auf Schönklang und Ensembleharmonie setzenden Interpretation. (?)
     
  5. #45 Schwarz-Trinker, 26.01.2015
    Schwarz-Trinker

    Schwarz-Trinker Mitglied

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    Nach meinem sehr persönlichen Eindruck in seinem Requiem.
     
  6. #46 Vincent Kluwe-Yorck, 26.01.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 27.01.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    INSTRUMENTALWERK?!? :)

    Nein - Scherz. Natürlich ist das Requiem herausragend. Wobei ich mir für meinen Bestand noch eine weitere Aufnahme wünschen würde: Besitze nur die alte Einspielung von Karajan (1975) mit den Berlinern. Wäre daher sehr dankbar für eine alternative Empfehlung!
     
  7. #47 MichaelV, 26.01.2015
    MichaelV

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    Mozart? Instrumental? Jost van Immerseel mit seinem Orchester Anima Eterna. Die CD mit den späten Symphonien Nr. 40 und 41 ist grandios. Immerseel tariert das Orchesterspiel auch vertikal perfekt aus, sprich: die Struktur der Harmonien und ihrer Wechsel kommt bei ihm bisweilen erschreckend klar zum Vorschein. Ein Ohrenöffner.
     
  8. awild

    awild Mitglied

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    Schöner Thread!
    Soeben nach sehr langer Zeit mal wieder gehört und genossen. Für Horowitz-, Alte-Musik- und Piano-Fans gleichermaßen geeignet:


    und


    Aber die Geigenliebhaber sollen auch nicht zu kurz kommen. Für mich einer der interessantesten Geiger, Christian Tetzlaff:
     
  9. #49 Vincent Kluwe-Yorck, 28.01.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 03.02.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Ich hänge immer noch bei meinen Klavierkonzerten herum. Gerade gehört: Nr. 24, KV 491, das auch von der unsterblichen Clara Haskil einzigartig eingespielt wurde (ich höre gerade meine drei Versionen von Anda, Haskil und Barenboim). Wirklich ein rätselhaftes Werk. Unter was für unglaublichen seelischen Spannungen muss Mozart gelebt haben in seinen Wiener Jahren! Da tändelt nichts mehr und es tauchen sogar die bei ihm eher seltenen Moll-Töne auf. Und dann das Larghetto (zweiter Satz).
    Aber wie er selber seinem Vater Leopold geschrieben hat, gehören die "großen Acht" von Nr. 19 bis Nr. 26 zu den Meisterwerken, bzw. "Concerten, die schwizen machen", die also den gehobenen Amateuren, für die Mozart bis dahin einiges an "Gebrauchsmusik" komponiert hat, nicht mehr zugänglich sind. Kein Wunder: Er schrieb sie für sich selbst (zumindest die ersten aus der Reihe)! Fast schon schwermütig. Aber Mozart wäre nicht Mozart, wenn nicht sein in tiefster Seele verwurzelter Witz irgendwann Raum greifen würde: Damit es nicht sentimal und zu gefühlsduselig wird, löst er das Ganze in seinen bekannten schrägen Dissonanzen auf. Herrlich!

    An diesem Motiv, das in Takt 2 zum ersten Mal auftaucht, und dann den ganzen Satz hindurch als Abschluss jeder Sequenz wiederkehrt, habe ich einen Narren gefressen:
    [​IMG]
    (Ich hoffe, ich habe das richtige erwischt! Die Musiker hier im Thread korrigieren mich bitte, wenn ich daneben getippt habe.)
    Bei Youtube kann man das ganze Werk anhören. Das Motiv, das ich meine, taucht bei 13:40 zum ersten Mal auf (wobei mich die Interpretation insgesamt nicht vom Hocker haut):

    Das Motiv scheint ihm selbst sehr gefallen zu haben: Es wird auch in anderen Werken verarbeitet und einige Jahre später sogar von Schubert in einer seiner berühmten Klaviersonaten zum "Leitmotiv". Denkbar, dass es auf eine alte österreichisch-ungarische Volksweise zurückgehen mag. Macht Spaß, solchen Fragen quer durch den eigenen Musikschrank hinterher zu stöbern! ;)

    EDIT: Hab mich vertippt: Gemeint ist für das Klavierkonzert Nr. 24 natürlich KV 491 (und nicht 591)! Warum sagt mir das denn keiner?!? Gottseidank ist es mir selbst aufgefallen.
     
  10. #50 betbruder, 28.01.2015
    betbruder

    betbruder Mitglied

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    gardiner 1986er philips
    herreweghe 1996 harmonia mundi
    Harnoncourt 2008 harmonia mundi

    oder Jänner 2016 mozartwoche gardiner live
     
  11. #51 Vincent Kluwe-Yorck, 28.01.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Danke, Betbruder. Die Herreweghe-Aufnahme ist bestellt. Scheint ja den Hörbeispielen nach sehr herzhaft und knackig zu sein.
    Harnoncourt dagegen hat mich bei den Hörproben nicht begeistert - auch wenn ich Christine Schäfer sehr schätze. Leider singt sich ja nicht allein! ;)

    Zu Gardiner komme ich vielleicht - möchte eh Wiener Freunde treffen.
     
  12. nenni

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    Ich nehme an, daß Klassik-Gitarre auch hierher gehört - zwei Könner, die zusammen Spaß haben ;):

     
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  13. #53 Vincent Kluwe-Yorck, 31.01.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 31.01.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Schöner Vorschlag, Nenni. Julian Bream ist seit Jahrzehnten mein Allerlieblingsgitarrist! Und John Williams gehört ebenfalls zur allerersten Garde. Die beiden haben ja oft und gerne zusammen gespielt. Schön, beide mal wieder zu hören. (Ich besitze nur Bream solo auf mehreren Konserven.) Andres Segovia war ja in den aktivsten Jahren, bzw. Breams "Starepoche" (50er - 70er) der Halbgott der Gitarre, aber für mich ist Bream der Liebling der Götter.
     
  14. #54 cafePaul, 31.01.2015
    cafePaul

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    wie sich die Geschmäcker doch unterscheiden.
    Hilary Hahns Einspielungen von Bachs Sonaten und Partiten gehören zu den besten Aufnahmen dieser Stücke. Man muss allerdings allerdings in der Lage sein, die "Tiefe", die sie versteht zu transportieren, auch wahrzunehmen. Man kann hören, dass sie diese Stücke "lebt" und nicht einfach nur spielt.

    Im Gegensatz dazu ein Rene Jacobs, der es schafft mit technisch hervorragender Musik, einer Barockoper ihre Tiefe zu nehmen und sie platt klingen zu lassen - technisch gut "heruntergespielt".

    Tiefe ist hierbei sicher nicht der korrekte Fachausdruck - trifft faber mein Empfinden.
     
  15. #55 cafePaul, 31.01.2015
    cafePaul

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    unerreicht:
    die Einspielungen mit Janet Baker und John Shirley Quirk, 170, 82, 159 . (Marriner?)
    Über Janet Baker muss man wohl sowieso keine Worte verlieren. Bei Shirley Quirk fasziniert mich der Ausdruck, den er ohne die "schönsingerische" Maniriertheit eines Fischer-Dieskau erreicht.
     
  16. #56 Vincent Kluwe-Yorck, 31.01.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Meine Kritik bezog sich auf diese Aufnahmen, Paul: http://www.amazon.de/Bach-Violinkonzerte-BWV-1041-1043-1060/dp/B000099156/ref=sr_1_3?s=music&ie=UTF8&qid=1422715888&sr=1-3&keywords=Bach:+Hilary+Hahn . Da haspelt sie die Stücke so schnell und seelenlos herunter, als würde sie nach Beats per Minute bezahlt, bzw. als sei Bach ein jagdbares Wild, das es zu Tode zu hetzen gelte. Obwohl Hilary - wie ich ja schon sagte - ziemlich weit oben auf meiner aktuellen Violinisten-Favoritenliste steht, war ihr Debut-Album mit Sonaten und Partiten merkwürdigerweise an mir vorbei gegangen. Habe mir die Hörproben bei Amazon angehört: CD ist bestellt! :) Und gebe Dir recht: ausgezeichnet. Da höre ich wieder diesen eigenen Strich, den ich bei Hilary so schätze.

    Bei den Kantaten muss ich allerdings passen: Abgesehen davon, dass es von Marriner keine Gesamteinspielung des Kantatenwerks gibt, sind mir seine Interpretationen mit Janet Baker heute einfach zu altbacken. Hast Du einmal in Leusinks Aufnahmen hinein gehört? Dann kannst Du vielleicht nachvollziehen, was ich meine. Bei Leusink sind die Kantaten in erster Linie Musik und nicht heilige Andacht. Aber natürlich ist es wie immer Geschmackssache, klaro! (Siehe der zweite Teil meiner Signatur!) ;)
     
  17. #57 G. Kappen, 01.02.2015
    Zuletzt bearbeitet: 01.02.2015
    G. Kappen

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    Wenn es durchaus kontrovers, aber eben zeitgemäß sein könnte, dann würde ich unbedingt ein Ohr auf Teodor Currentzis mit MusicAeterna (2011) werfen. Man muß nicht mit allem einverstanden sein, aber das Gesamtergebnis ist sehr hörenswert.

    Ansonsten könnte ich mich zu diesem genauso bildlichen, wie geschmacklosen Vergleich einiger Requiem-Aufnahmen versteigen:
    Marriner (1991) haut präzise mit einem Anderthalbhänder
    Gardiner (1987) dito mit einem Rapier
    Savall (2001) hochexaltiert drischt mit zwei Säbeln gleichzeitig ein (und in den Pausen dazwischen tritt, beißt und versucht, die die Augen auszukratzen)
    Malgoire (1990) gibt ordentliche Hiebe mit einem Palasch
    Karajan (alle Ausgaben) poltert mit einen schlammverklebten Spaten (Mozart ist tot, die Grube schon ausgehoben, auf die Feinheiten kommt es nicht mehr an)
    Herreweghe (2000) winkt zauberhaft mit einer rosa Schleife (wie die Kunstturnerinnen)

    Wobei ich Herreweghe sehr bei Bach (und vor-Bach) schätze und etliche Kantaten und Oratorien mit ihm in der Sammlung habe. Aber Mozart und das, was danach kommt, ist IMHO nicht so sein Ding. Beethovens 9. ist ein weiteres abschreckendes Beispiel dafür.

    Harnoncourt ist nicht dabei, denn ich weigere mich, die Aufnahmen diesen Nicht-Musikers zu hören.
     
  18. #58 Vincent Kluwe-Yorck, 02.02.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 02.02.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Sehr eigenwillige Sicht der Dinge. Gefällt mir sehr, Herr Kappen. Auch wenn Herrn Harnoncourt selbst als "Nicht-Musiker" im Laufe seiner 150 Jahre Bühnenpräsenz doch die eine oder andere brauchbare Aufnahme gelungen ist – frei nach dem Motto "Selbst ein blinder Huhnoncourt findet mal ein Horn"! ;)

    Deinen Hinweis auf Currentzis kann ich nur unterstreichen: unglaublich, was dieser Wahnsinnige / Besessene da in der hintersten sibirischen Provinz aus dem Nichts getreten hat. Sein Purcell war schon ein bemerkenswerter Auftakt http://www.amazon.de/Henry-Purcell-Aeneas-Simone-Kermes/dp/B001GDJ9IY/ref=sr_1_1?s=music&ie=UTF8&qid=1422876623&sr=1-1&keywords=Purcell:+Dido+&+Aeneas+Teodor,+Currentzis. Aber was er mit dem Figaro vollbracht hat, ist "stunning". Könnte die bemerkenswerteste Opernproduktion der letzten Jahre sein: http://www.amazon.de/Mozart-Nozze-Figaro-Currentzis-Teodor/dp/B00H7NN05A/ref=sr_1_3?s=music&ie=UTF8&qid=1422865251&sr=1-3&keywords=Nozze,+Teodor+Currentzis . (Wobei ich Purcell nicht konkurrenzlos sehe: Die Einspielung von William Christie mit seiner Combo "Les Arts Florissants" liebe ich auch http://www.amazon.de/Purcell-Aeneas-Marin-Degor-Florissants-Christie/dp/B000005EDK. Aber den Figaro halte ich derzeit für konkurrenzlos. Falls sich jemand an dem Preis stört: Die Edition kommt als hochwertig und edel gemachtes Buch, enthaltend sorgfältig editierte Hintergrundtexte zur Inszenierung und das komplette Libretto. Leider 3 Millimeter zu hoch für ein reguläres CD-Regal. War mir aber wg. der einzigartigen Schönheit der Edition – wie auch der Qualität der Aufnahme – egal. Es gibt ja noch andere Editionen, die in kein CD-Regal passen und für die ich einfach ein eigenes Plätzchen eingerichtet habe – z.B. die GA der Streichquartette von Beethoven, eingespielt vom Streichquartett-Ensemble des Gewandhauses: ebenfalls extrem empfehlenswert! http://www.amazon.de/Beethoven-Die-Streichquartette-Gewandhaus-Quartett/dp/B00015T1MW )

    Currentzis' Requiem-Einspielung ist bisher an mir vorbei gegangen. Habe sie aber soeben bestellt. Die Hörproben klingen zumindest vielversprechend. Besitze bisher nur eine Aufnahme aus den 70ern von Karajan mit dem BPO. Wobei ein modernes Symphonieorchester kaum Mozarts Vorstellungen entsprechen dürfte. Ich vermute, schon der "schrille" = höhere Pitch (Orchesterstimmung / Diapason) hätte ihm Zahnschmerzen bereitet. Currentzis' Aufführung wird wohl eher seinen Vorstellungen entsprechen. Wobei das Requiem eines der Werke ist, wo Musikalität und Spielfreude nicht ausreichen. (Obwohl Mozart mit seiner tiefen Leidenschaft sicherlich zügiger zu Werk ging als die teils schwülstig-behäbig legatierenden Symphonieorchester des 19. und 20 Jahrhunderts.) Da bedarf es gehöriger Erfahrung und der Fähigkeit, seelische Abgründe zu erforschen mit all der tiefen Menschkenntnis, die dazu nötig ist. Bin gespannt, wie Currentzis das meistert. (Werde aber eine Weile auf die CD warten müssen.)

    Falls sich hier außer mir noch jemand für "Alte Musik" interessiert, vielleicht noch eine Anmerkung zu Jordi Savall: Mit seiner Truppe "Hesperion XX" fand ich ihn ja immer ziemlich einschläfernd. Von daher sollte sein Männergesangsverein wohl eher "Hypnotikum XX" heißen. Aber was er mit dem von ihm gegründeten Ensemble "Le Concert des Nations" geschaffen hat, ist teilweise bemerkenswert. Man frägt sich, wo der alte Mann das plötzlich hergenommen hat. Für meinen Geschmack besonders herausragend sein Boccherini http://www.amazon.de/Fandango-Sinfo...=sr_1_9?s=music&ie=UTF8&qid=1422867424&sr=1-9, die Orchestersuiten von Rameau http://www.amazon.de/Orchestersuite...=sr_1_2?s=music&ie=UTF8&qid=1422867424&sr=1-2 und sein Farnace von Vivaldi http://www.amazon.de/Vivaldi-Farnac...r_1_10?s=music&ie=UTF8&qid=1422867424&sr=1-10 (wobei ich hier vielleicht wg. der besseren Besetzung dem Farnace von meinem derzeitigen Lieblingskapellmeister Diego Fasolis den Vorzug geben würde: Die Besetzungsliste liest sich geradezu wie ein "Who is Who" der aktuell führenden Barockspezialisten – und das hört man auch http://www.amazon.de/Farnace-Cencic/dp/B0057JWW0K/ref=sr_1_1?s=music&ie=UTF8&qid=1422868228&sr=1-1&keywords=Vivaldi:+Farnace,+Fasolis – ich liebe aber beide und möchte auf keine Version verzichten).

    Eine Produktion verdient es, gesondert betrachtet (und dringlichst ans Herz gelegt) zu werden: seine Einspielung von Haydns unbekanntestem (und für mich bedeutendstem) Meisterwerk "Septem Verba Christi in Cruce" in der Originalfassung für Orchester, komponiert für Cadiz http://www.amazon.de/Septem-Verba-C...r_1_11?s=music&ie=UTF8&qid=1422867424&sr=1-11. Was Savall hier vorgelegt hat, kann ich nach meinem ganz persönlichen Maßstab nur als Jahrhundertproduktion bezeichnen. Diese Edition sollte bei niemandem fehlen, der (wie ich) Haydn liebt. Den Liebhabern sei allerdings als dringlichst notwendige Ergänzung auch noch die Oratorienfassung der Sieben letzten Worte von unserem Berliner Barock-Ensemble Accentus empfohlen https://www.jpc.de/jpcng/classic/de...rte-unseres-Erl%F6sers-Oratorium/hnum/7373880. Über die von Haydn zumindest autorisierte Fassung für Streichensemble, im Hoboken-Verzeichnis geführt als III/50-56, bzw. op. 51, kann ich nichts sagen, da ich sie nicht besitze. In der von mir präferierten Gesamtaufnahme aller Streichquartette Haydns vom Angeles String Quartet ist dieses Werk leider nicht enthalten, da es fragwürdig ist (oder war?), ob die Bearbeitung tatsächlich von Haydn stammt.

    Nebenbei: Was das Angeles String Quartet hier geboten hat, ist schlicht atemberaubend! http://www.amazon.de/Sämtliche-Streichquartette-Angeles-String-Quartet/dp/B007CW2FGG/ref=sr_1_1?s=music&ie=UTF8&qid=1422871805&sr=1-1&keywords=Haydn:+Angeles+String+Quartet. Wer bisher nichts mit Streichquartetten anfangen konnte, wird hier sehr schnell seine Haltung revidieren. So musikantisch und spielfreudig, so berauschend und mitreißend habe ich Streichquartette noch nie gehört! Danach habe ich sämtliche Kodalys, Emersons, Tokios, Aeolians, Apponyis und Alban Bergs, und was ich sonst noch in den letzten 30 Jahren zusammen gestückelt hatte, aus dem Regal geräumert – wissend, dass ich nie wieder eine Scheibe dieser Quartette auflegen würde. (Eine einzige Ausnahme: Von einer Vinyl-Platte aus 1975, die ich mir damals gekauft hatte, konnte ich mich nicht trennen – das berühmte Kaiserquartett Hob. III/77 und das Sonnenaufgangs-Quartett Hob. III/78, gespielt vom Quartetto Italiano, das ich ebenfalls für herausragend halte. Kennt allerdings kein Mensch.)

    Alleine die Historie des "Angeles String Quartet" ist bereits bemerkenswert. In aller Kürze: In den 90ern trafen sich – wie so häufig bei den jüngeren Ensembles – einige junge Musiker an ihrem Konservatorium (Los Angeles - daher der Name) und fanden sich zusammen, um Haydns Streichquartette zu spielen. Aus ihrer Liebe zu Haydn erwuchs der Plan, gemeinsam sämtliche Streichquartette des Meisters einzuspielen. Unterstützt wurden sie bei ihrem Vorhaben von einem Plattenlabel, das in der zweiten Hälfte der 90er eine Aufnahme nach der anderen produzierte. Im Jahr 2000 war das Mammutwerk vollbracht und die Box mit 21 CDs erschien als GA des Quartettwerks von Haydn.

    Die Edition wurde ein weltweiter Erfolg und es folgten in den nächsten Jahren unzählige Einladungen von sämtlichen bedeutenden Festivals und Konzerthäusern der Welt. Nach einigen Jahren stellten die Musiker fest, dass sie wegen ihrer mittlerweile gegründeten Familien den Belastungen des modernen Musikbetriebs nicht mehr standhalten konnten, und gaben ihre Auflösung bekannt, um sich ihren Familien widmen zu können. Ich persönlich vermute aber, dass ihnen auch die Herausforderung fehlte. Das Werk war vollbracht und neue Aufgaben waren nicht geplant. Und eine ewige Reproduktion lag nicht im Zentrum ihres Interesses. Somit scheint mir die Auflösung des Ensembles eine nachvollziehbare, wenn auch bedauerliche Konsequenz zu sein. Wie gesagt: meine persönliche Vermutung.

     
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  19. #59 G. Kappen, 02.02.2015
    G. Kappen

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    The pleasure is all mine :)
    Das wäre der Fall, wenn N.Harnoncourt zumindest nichtmusikalisch wäre. Aber er ist IMHO anti-musikalisch. Und gestaltet seine Interpretationen gegen die Werke. Meistens leider erfolgreich.
    Beide Alben schon lange in der Sammlung :)
    Da gibt es den einen oder anderen :)
    Nicht desto trotz hat Savall im Rahmen seiner Serien- und Massenproduktionen doch einige Perlen geschaffen. Eine davon ist "El Cant de la Sibil.la". Eine Platte für einen stillen Abend. Nicht nur im Gedenken an Monserrat Figueras.
    Wir hatten das Glück, Il Farnace mit Genaux und Cencic unter Fasolis live und aus der dritten Reihe mitte genießen zu können. Jetzt habe ich die Befürchtung, daß die Studioaufnahme der Erinnerung nicht gerecht wird. Solche Erfahrungen hatten wir schon mal. Zuletzt mit der Messe für 40 Stimmen (Striggio/Benevolio/Corteccia) unter H. Niquet. Nicht nur die Studioaufnahme klang ganz anders (und nicht nur, weil eine Anlage im Wohnraum nicht in der Lage ist, einen ausgewachsenen Chor angemessen dynamisch darzustellen), sondern auch die während des Konzertes erstellte Radioaufnahme klang, als ob das ein ganz anderes Konzert wäre.
    Danke für sehr interessante Ausführung zu Haydn. Mein Problem mit Haydn ist aber, daß ich anscheinend noch nicht die geistig-musikalische Reife erlangt habe, Haydn allgemein und seine Kameralistik im Besonderen angemessen zu schätzen. Meine aktuelle Entwicklungsstufe erlaubt mir gerade so eben Beethovens Quartette (auch die späten) unterhaltsam zu finden (zwar nicht so unterhaltsam, wie die Bachschen Orgelwerke, aber schon recht hoch). Aber irgendwann werde ich auch Haydn gut finden. Und später auch die späteren romantischen und postromantischen Langweiler ;-)
     
  20. #60 Schwarz-Trinker, 02.02.2015
    Schwarz-Trinker

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    Auch wenn ich jetzt etwas vom eigentlich Thema eurer Diskussion stark abschweife möchte ich hier noch ein Werk von meinem Lieblingskomponisten, dem bisher nur sehr wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde, präsentieren:



    Wenn dann bitte die vollen 76 min durchhören, sonst "versteht" man es nicht:)

    Schönen Montag Abend noch
     
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