Der Kunstmusik-Thread: Referenzaufnahmen, Lieblingskomponisten, Lieblingssolisten

Diskutiere Der Kunstmusik-Thread: Referenzaufnahmen, Lieblingskomponisten, Lieblingssolisten im Was ich unbedingt noch sagen wollte... Forum im Bereich Kaffeeklatsch; Ich habe schon öfter bei JPC gekauft. Scheint einer von den Guten zu sein. hab gerade gesehen, dass jpc google-apis verwendet, neben drei...

  1. #101 cafePaul, 15.02.2015
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    hab gerade gesehen, dass jpc google-apis verwendet, neben drei anderen google-trackern. - da kann ich ja gleich bei A... bestellen.
    da die google-apis bei mir geblockt sind, funktionieren die jpc-seiten eh nur rudimentär - war also nichts...

    ...hdtracks und highresaudio das selbe - sind also auch für mich gestorben
     
  2. #102 cafePaul, 15.02.2015
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    wenn sie die rechnung als pdf mitschicken würden. aber jedes mal erst durch die menus klicken??? um dann festzustellen, dass es nicht funktioniert - und dann weiterklicken zu müssen, um die rechnung beim support anzufordern??? nein danke.
     
  3. #103 cafePaul, 15.02.2015
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    ich nehme an, du meinst die "Serie" von naiv.
    was sind denn da deine Favoriten?
     
  4. #104 Vincent Kluwe-Yorck, 15.02.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 19.02.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Du meinst die berühmte Vivaldi-Edition, die bei dem Label naÏve und dem von naÏve aufgekauften Unterlabel opus111 erschienen ist. Sehr unterschiedlich, die Produktionen. Meine Top-Favoriten wie Farnace, den ich schon weiter oben verlinkt habe, oder La Senna festeggiante (Die festliche Seine), erschienen bei Glossa, einem meiner Lieblings-Labels, Juditha Triumphans bei Hyperion und die Arsilda, die bei cpo (JPC) erschienen sind, gehören eben nicht in die Reihe von naÏve / opus111.
    Auch der Ercole und der witzige Bajazet, beide überragend eingespielt von Fabio Biondi und seinem Ensemble Europa Galante, wurden nicht von naÏve, sondern von Virgin Classics veröffentlicht. Und bei Orlando Furioso – ein wunderbarer Stoff von Ariost, dessen weltliterarisches Meisterwerk leider seit Jahrzehnten nicht in Deutsch vorliegt, und der immer wieder musikalisch umgesetzt wurde (herausragend: Händels Orlando von William Christie auf Erato und seine beiden anderen Opern aus dem umgebenden Themenkreis Alcina und Ariodante!), würde ich die Aufführung von Federico Maria Sardelli empfehlen (ebenfalls bei cpo erschienen).

    Einige naÏve-Produktionen (z.B. von Spinosi) machen den Eindruck, als sei Vivaldi ein jagdbares Wild, das es mit dem Taktstock zu Tode zu hetzen gilt. Glücklicherweise scheint dieser Irrweg aber mittlerweile beendet zu sein.
    Für empfehlenswert halte ich die zauberhafte La fida ninfa (jawoll: Spinosi! – trotzdem empfehlenswert!!!), den nachdenklichen Tito Manlio (Ottavio Dantone) und die unglaublich witzige, spannende und aberwitzig verwickelte L'Olimpiade (Rinaldo Alessandrini) – SEHR empfehlenswert! Wobei ich hier unbedingt auch das gleiche Libretto von Metastasio, intoniert von Pergolesi empfehlen muss: http://www.amazon.de/Pergolesi-LOlimpiade-Raffaela-Milanesi/dp/B004I6PW9G/ref=sr_1_1?s=music&ie=UTF8&qid=1424016438&sr=1-1&keywords=pergolesi+l'olimpiade: eine wirklich herausragende Einspielung von De Marchi!
    Stelle jetzt erst bei der Zusammenschau fest, dass ich aus der großen Serie der Vivaldi-Edition tatsächlich nur 3 Produktionen besitze. Der weitaus überwiegende Teil in meinem Bestand ist gerade NICHT von naÏve. War mir vorher gar nicht aufgefallen.

    Ich wiederhole zur Sicherheit, dass ich generell nur über Produktionen spreche, bzw. sie empfehle, die ich selbst besitze.
    Es gibt sicherlich noch die eine oder andere lohnenswerte Produktion von naÏve, die ich aber nicht besitze. Wobei ich mich allerdings schon bemüht habe, die Perlen aus dem Angebot herauszufischen.

    Hier die Links der von mir angesprochenen und empfohlenen Produktionen:
    http://www.amazon.de/gp/product/B0057JWW0K?psc=1&redirect=true&ref_=oh_aui_search_detailpage
    http://www.amazon.de/gp/product/B0043GN6XK?psc=1&redirect=true&ref_=oh_aui_search_detailpage
    http://www.amazon.de/gp/product/B008XVY9GY?psc=1&redirect=true&ref_=oh_aui_search_detailpage
    http://www.amazon.de/gp/product/B001GJ1QR0?psc=1&redirect=true&ref_=oh_aui_search_detailpage
    http://www.amazon.de/gp/product/B0000634VT?psc=1&redirect=true&ref_=oh_aui_search_detailpage
    http://www.amazon.de/gp/product/B000BU99XS?psc=1&redirect=true&ref_=oh_aui_search_detailpage
    http://www.amazon.de/gp/product/B00006IWQQ?psc=1&redirect=true&ref_=oh_aui_search_detailpage
    http://www.amazon.de/gp/product/B00369K2AA?
    http://www.amazon.de/Orlando-Furioso-Various/dp/B0015RWD7A/ref=sr_1_1?s=music&ie=UTF8&qid=1424000013&sr=1-1&keywords=Vivaldi:+Orlando+Furioso,+cpo

    Ich hoffe, ich habe jetzt alle beieinander und keinen übersehen. Falls doch, bitte nachfragen.

    P.S. Oops. Ich habe gerade bei der Überprüfung entdeckt, dass Sardelli den Orlando mit seinem Ensemble Modo Antiquo, aber mit anderen Solisten neu eingespielt hat.
    Erschienen ist die Neuaufnahme diesmal tatsächlich bei naÏve: http://www.amazon.de/Orlando-furioso-1714-Antonio-Vivaldi/dp/B008R5OKD8/ref=sr_1_1?s=music&ie=UTF8&qid=1424000051&sr=1-1&keywords=Vivaldi:+Orlando+Furioso,+Sardelli.
    Ich kann allerdings zu dieser Neueinspielung nichts sagen, da ich sie noch nicht gehört habe. Man wird also bei den Hörproben und den Rezensionen Rat suchen müssen.
    Was ich übrigens auch bei meinen Empfehlungen dringlichst anrate, da ja meine Beurteilungen äußerst subjektiv sind.

    P.P.S. Ich würde mich natürlich mal über eine Rückmeldung freuen, da ich keine Ahnung habe, ob irgend jemand etwas mit meinen Empfehlungen anfangen kann.
     
  5. #105 cafePaul, 15.02.2015
    cafePaul

    cafePaul Mitglied

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  6. #106 Vincent Kluwe-Yorck, 15.02.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 15.02.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Klasse, Paul. Die Sendung ist tatsächlich mehr als aufschlussreich und sehr empfehlenswert. Die Uhrzeit ist zwar etwas weltfremd für die meisten, aber vielleicht kann man sie aufzeichnen und zu einer christlicheren Zeit in Ruhe ansehen. Da sieht man genau, was für eine unglaublich anstrengende und mühevolle Arbeit es ist, solche Bravourarien in dieser einzigartigen Qualität zu singen. Und man ahnt, warum es weltweit nur eine ganz kleine Schar von Solistinnen gibt, die das leisten können.

    Allerdings kann man sich bei dem günstigen Preis wohl auch die Anschaffung der CD leisten. Was ich ja bereits empfohlen und verlinkt habe.
     
  7. #107 G. Kappen, 15.02.2015
    G. Kappen

    G. Kappen Mitglied

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    Den eigenen Senf nicht grundlos bei jeder Gelegenheit abzugeben halte ich für eine positive Eigenschaft.
    Aber Deine Texte finde ich schon lesenswert.
     
  8. alawai

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    [QUOTE="Vincent Kluwe-Yorck, post:
    P.P.S. Ich würde mich natürlich mal über eine Rückmeldung freuen, da ich keine Ahnung habe, ob irgend jemand etwas mit meinen Empfehlungen anfangen kann. Langsam kommt mir nämlich ein bisschen die Motivation abhanden. ;)
    (Was man auch daran erkennt, dass ich Beiträge, in denen ich mich stundenlang abgemüht habe, meine Gedanken zu Werken wie z.B. Haydns Sinfonien zu ordnen, gleich wieder lösche, weil ich Sorge habe, dass es überhaupt niemand so genau wissen will!) :)
    An der Klickzählung sehe ich, dass es vielleicht grob geschätzt 100 oder 200 Mitleser gibt. Aber ob sie das Geschreibsel interessiert, darüber erfährt man leider nichts.[/QUOTE]

    @Vincent Kluwe-Yorck,
    als langjährige stille Mitleser Deiner Artikeln finde ich schon sehr schön, wenn jemand sein Wissen hier mitteilt, vielen herzlichen Dank!

    Da in der E-Musik doch wirklich unzähligen Stillrichtungen, Epochen, Solisten, Gruppen, Interpretationen, usw. existiert, ist das Empfinden der Einzelnen so verschieden, dass z.B. ich immer mit Respekt und Bewunderung (od. manchmal auch Erstaunen) die Erfahrung der Anderen wahrnehme.

    Leider bin ich vom Haus aus nicht so wortgewand, dass ich hier viel mitschreiben kann, heisst aber nicht es wird nicht gern gelesen, da ist Deine Beiträge hier schon sehr informativ.

    Im Haydn Jahr wurde soviele neue Einspielungen veröffentlich, man kam schon mit hören gar nicht mehr nach, Du hättest die Haydn Symphonien Empfehlungen ruhig da lassen können.

    Bitte mach's weiter so, bin sicher dass viele ausser mir auch so denken.
    Und Danke für all Deine Mühe nochmals

    Herzliche Grüße Alawai
     
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  9. Caruso

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    Um noch einmal auf Herrn Mozart zu kommen: als "Referenz" dienen mir bei den Symphonien die Gesamtaufnahmen von Neville Marriner mit der Academy of St. Martin in the Fields, nicht aufgeregt anders um jeden Preis, kein verkrampfter "Originalklang", dafür sehr gut, um die einzelnen Werke gut kennenzulernen und sie dann mit anderen Einspielungen vergleichen zu können; und bei den Klavierkonzerten gefallen mir die Aufnahmen mit Alfred Brendel, Neville Marriner und der Academy ebenfalls noch immer sehr gut, obwohl ich sie schon unzählige Male gehört habe.

    Für KV 466 und 467 empfehle ich aber auf jeden Fall die Aufnahme mit Gulda, Horst Stein und den Wiener Philharmonikern - für mich unübertroffen, virtuos, aber nicht eitel, immer perfekt zusammen, und alle in Höchstform!
     
  10. #110 norschtein, 15.02.2015
    norschtein

    norschtein Mitglied

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    ad 1) Stell' dein Opus ruhig wieder rein. Und wir wollen natürlich auch wissen, wie CF dir geantwortet hat….

    ad 2) Musik verarbeite ich wohl insgesamt weniger analytisch als Du & die BeiträgerInnen in diesem Thread.
    Daher meinerseits reines screening, was hier abgeht.
     
  11. #111 Vincent Kluwe-Yorck, 15.02.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 19.02.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Danke, Alawi. Werde Deinen Hinweis beherzigen. Vielleicht stelle ich meine Überlegungen zu den Londoner Sinfonien wieder ein. Mit Deinem Hinweis auf die unterschiedlichen Geschmackslagen liegst Du auch richtig: Caruso empfiehlt Mozarts Sinfonien von Neville Marriner, den ich als "Helden" meiner Jugend ebenfalls über alles verehre. Aber im Gegensatz zu Caruso ziehe ich die Gesamtaufnahme aller Sinfonien von Trevor Pinnock und seinem Ensemble "The English Concert" vor. Und den Originalklang, den sie mit ihren historischen Instrumenten produzieren, finde ich überhaupt nicht verkrampft – eher ganz im Gegenteil ;) Ich meine, begeisternder und spielfreudiger und mit mehr Herz und Engagement als die bekannten Originalklangensembles kann man kaum zu Werke gehen. http://www.amazon.de/Sämtliche-Sinfonien-1-41-Pinnock-Trevor/dp/B000069KJ3/ref=sr_1_1?s=music&ie=UTF8&qid=1424033460&sr=1-1&keywords=Mozart:+Sinfonien,+Trevor+Pinnock

    Aber Carusos Empfehlung sehe ich auch ganz an der Spitze der empfehlenswerten Gesamtausgaben (verteilt auf zwei Boxen: Vol. 1 und 2). Hier entscheidet einzig und allein der persönliche Geschmack. (Ich besitze allerdings nicht Marriners komplette GA, sondern nur einzelne Sinfonien aus dem Gesamtpaket.) Ich finde es überhaupt erstaunlich, dass England nur eine Handvoll großer Komponisten hervorgebracht hat, aber eine Fülle von fantastischen Interpreten, bzw. Ensembles, die führend sind in der Welt der Musik. Und dies seit Jahrhunderten mit dieser großartigen englischen Musiktradition.

    Edit: Dank auch an Herrn Norschtein. Ermutigt mich.
     
  12. #112 Vincent Kluwe-Yorck, 18.02.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 23.02.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    (Der Tipp betraf Mozarts Requiem. Nur zum besseren Verständnis)
    Bedanke mich sehr herzlich, dass Du mich auf die Edition aufmerksam gemacht hast, Herr Kappen. Die war mir trotz meines Faibles für Currentzis irgendwie durchgewutscht. Unglaublich, was dieser Besessene aus den Nobodies aus Nowosibirsgendwas herauszaubert. Natürlich hatte er Solisten der ersten Garde zu Verfügung. Und die Kermes ist ausnahmsweise mal sehr gut bei Stimme! :) Ich ziehe wegen des transparenteren Klangbildes kleinere Kammer-Ensembles ohnehin den großen Symphonieorchestern vor bei Werken, die für kleine Orchester komponiert wurden. Aber das ist natürlich subjektiv.
    "Nicht mit allem einverstanden" hast Du nett gesagt, Kappen! ;) Das Glockengeklingel am Ende des Lacrimoso (?) ist schon etwas hmmm gewöhnungsbedürftig. Aber mit solch neckischen Einfällen ist er gottseidank sparsam.

    Hier noch, wie angekündigt, meine Eindrücke zu Bachs Kirchenkantaten:
    Zu Bachs sakralen Kantaten muss ich etwas loswerden. Auch wenn es einmal mehr Schnappatmung beim Leser verursachen dürfte: Was raus muss, muss raus. Könnte es sein, dass Bach beim besten Willen kein Vokalist ist? Seine Stimmführung erscheint mir merkwürdig akademistisch-distanziert, um nicht zu sagen beinahe schablonenhaft-trocken, während er als Instrumentalist schon fast glüht vor überschäumender Einfälle. Man vergleiche nur mit Händels Stimmführung in seinen Oratorien wie z.B dem Messias, wo jede Arie die Seele schmelzen lässt. Anders allerdings in den Chören. Hier scheint sich Bach auch emotional wohl zu fühlen, seine Seele entzünden und seine innigste Spiritualität entfalten zu können. Bei den Solisten sind es die Soprane, die Bach noch am ehesten zu liegen scheinen: Hier gelingen ihm immer wieder innige und ergreifende Partien, die mit der Ensemblebegleitung verschmelzen und eine kompositorische Einheit erreichen.

    Um es weniger verdrechselt auf einen Nenner zu bringen: Die Liedform war nicht gerade Bachs stärkste Seite. "Einfallsreich" wäre nicht das Prädikat, das sich mir zwingend bei Bach aufdrängen würde. Da waren ihm Komponisten wie Händel, Mozart, Schubert oder Mahler eindeutig über. (Nebenbei: Hatte ich für die Liedfreunde schon einmal die Aufnahmen von Christian Gerhaher mit seinem kongenialen Klavierpartner Gerold Huber erwähnt? Z.B. http://www.amazon.de/Die-Kunst-Gesa...424363830&sr=1-13&keywords=Christian+Gerhaher. Gerhaher ist derzeit mein absoluter Liedfavorit und bei seinen Einspielungen kann man lernen, was eine glückliche Partnerschaft mit einem Begleiter erreichen kann! Hier wächst das Klavier weit über die reine Begleitung hinaus und verschmilzt unübertrefflich zur Symbiose zweier Stimmführer. Wirklich genial!)

    Besagter Freund meinte dazu, er bekomme schon vom Lesen der Partitur Halsweh bei der männlichen Gesangsakrobatik. Soviel dazu. Ich selbst füge hinzu, dass das aber wahrlich nicht auf alle Stücke zutrifft. Ich nenne nur mal die ergreifende Kantate für einen Bass-Solisten "Ich habe genug" (BWV 82). Wunderschön! Möglicherweise eine seiner schönsten Kantaten überhaupt. (Den hanebüchenen Text wird man vielleicht – wie bei den meisten Kirchenkantaten – ausblenden müssen. Da ist es bedauerlich, dass die Thomaskirche einer evangelischen Gemeinde gehört. Wäre sie katholisch, genössen wir die Gnade, die Texte in Latein über uns ergehen lassen und nicht jedes Wort verstehen zu dürfen. Sogar Chinesisch wäre durchaus willkommen.) An die frömmelnde Gemeinde: Bitte, dies einem verbohrten und völlig uneinsichtigen Agnostiker nicht übel zu nehmen! Was mich allerdings nicht abhält, Kirchenmusik besonders zu favorisieren und sogar ihre tiefe Innigkeit und Spiritualität mit Ergriffenheit aufzunehmen.

    EDIT: Um noch etwas Versöhnliches zu Bachs Stimmführung zu sagen: Bach scheint sich ausgiebig aus dem reichen Melodienschatz der Volksmusik bedient zu haben, den er höchst kunstvoll zu meisterlichen Fugen verspinnt, und auch auf die Führung der Gesangsstimmen wirken lässt. Ich kann nachvollziehen, dass Bach seinen Zeitgenossen bereits antiquiert erschienen sein muss. Aber was hat er aus dem Material gemacht?!? Und mit wie sparsamen Mitteln? Bach scheint den Aspekt der reinen Schönheit der Musik tatsächlich in seinen Kantaten komprimiert zu haben. Und wenn man die Stimmführung der Gesangssolisten als Bestandteil der polyphonen Gesamtstruktur begreift, erschließt sich mir nach und nach, je mehr der Kantaten ich höre, auch ihre innere Logik und Harmonie.

     
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  13. #113 Vincent Kluwe-Yorck, 19.02.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 23.02.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Nachdem ich die Box nun komplett und systematisch durchgehört habe, muss ich meine Empfehlung für Haydns sinfonisches Gesamtwerk noch einmal wiederholen: http://www.amazon.de/gp/product/B0000666AF?psc=1&redirect=true&ref_=oh_aui_detailpage_o00_s00 . 33 CDs zu einem so günstigen Preis – da sollte man zugreifen. Adam Fischer spielt ALLE Sinfonien mit so viel Herz und Begeisterung und der Klang ist so transparent und lebendig, dass mir keine andere Einspielung einfällt, die dem nahe kommt. Nach meinem begrenzten Verständnis ist dies DIE Referenzeinspielung der Sinfonien Haydns überhaupt – ebenso einzigartig und herausragend wie die gesamten Streichquartette, eingespielt vom Angeles String Quartett. Mit den letzten 12 Sinfonien habe ich mich speziell auseinandergesetzt. Da meine Gedanken nicht gerade dem gängigen Meinungsbild entsprechen, mag sich hier vielleicht der eine oder andere dafür interessieren.

    Hier meine abschließende Überlegung zu den „Zwölf Sternzeichen der Klassik“ – Haydns 12 Londoner Sinfonien. Ich hatte mir vorgenommen, meine Gedanken dazu gesondert zu formulieren, da dieser Block losgelöst in Haydns sinfonischem Gesamtwerk steht und ich nur mit größten Schwierigkeiten den Zusammenhang mit den 92 Sinfonien davor herleiten kann.

    Als erstes war mir die tiefe Wehmut aufgefallen, die diese 12 im Gegensatz zu allen vorangegangenen Sinfonien umgibt. Zunächst dachte ich, es sei die Wehmut, die jeder Künstler nach einer langen Schaffensperiode spürt, wenn er kurz davor steht, sein Werk zu vollenden. Aber dieser Gedanke konnte mich nicht befriedigen. Ich spürte – oder besser gesagt, konnte hören, dass dieses Gefühl der tiefen Wehmut sehr viel weiter greift – weit über das persönlich-biografische Empfinden Haydns hinaus. Gerade in den letzten Sinfonien tritt uns ein Mensch mit Eigenschaften entgegen, die üblicherweise Beethoven zugeschrieben werden: ein aufrechter, selbstbewusster, freier und selbstbestimmter Mensch mit seinem stolzen "Ich bin"! Schon im Kopfsatz der Nr. 102 (The Miracle) wird dies deutlich und im Andante stößt dieser Mensch selbstbewusst und vielleicht sogar auch etwas zögerlich die Tür zum 19. Jahrhundert auf. Und zwar so weit, dass Wagner etliche Jahrzehnte später die fallende Violinmelodie aus dem Andante wörtlich in seinem Tannhäuser zitiert! Warum ist das bisher eigentlich keinem von denen aufgefallen, die ihn in den letzten 150 Jahren als gemütlich-bezopften, etwas flachgeistigen „Papa Haydn“ verächtlich machten? Und dann das Menuett: Hier tänzelt niemand mehr im höfischen Wiener „Walzertakt“ des Menuetts. (Der Walzer eines Johann Strauss-Sohn, wie er sich kurz nach Haydn aus dem höfischen Menuett entwickelt hatte, war ja bereits nicht mehr ein Tanz des Hofes, sondern des Volkes!) In Haydns Menuett der Nr. 102 wird mächtig und kraftvoll ausgeschritten – mutig allen Umstürzen entgegen, die Napoleon und die Weltgeschichte mit dem neuen Jahrhundert bringen mögen. Wie deutlich man die Eruptionen hört und in sich vibrieren spürt! Und wie Haydn gespürt haben mag – immerhin ereignete sich gerade die Pariser Revolution – wackelten ja nicht nur die Throne der Fürsten, sondern ein ganzes Weltengefüge zerbrach.

    Und vergegenwärtigen wir uns kurz den Zeitablauf der Biografie Haydns. Fürst Nikolaus war gestorben und Haydn war zum ersten Mal in seinem Leben ein freier, ungebundener Mann. Und er war aus eigener Kraft und aus eigenem Können berühmt und wohlhabend geworden. Er war so unabhängig, dass er es sich leisten konnte, Angebote wie die Einladung des Königs von Neapel an seinen Hof mit einem höflichen „danke sehr herzlich – aber NEIN danke“ auszuschlagen. Haydn selbst vollzog in seiner Biografie das, was sich mit Siebenmeilenschritten in der Weltgeschichte vollzog: die Auflösung der alten höfischen Zeit mit ihren Standesregeln, die zwar das Untertanentum festgeschrieben hatten, aber auch für Sicherheit und Geborgenheit der meisten Menschen sorgten. Die Revolution 1789 kam ja nicht aus dem Nichts: Der Gesang des späten Rokoko und der Galanterie war ein Schwanengesang! Dies spürte Haydn natürlich sehr genau mit seinem wachen, klaren Verstand. Aber er spürte auch den Verlust, den dieser Wandel bedeutet: den Verlust der festgefügten Sicherheit. Und damit war Haydn – anders als Beethoven – noch ein Mensch des ausgehenden, oder besser: sterbenden Barock.

    Aber – und damit komme ich auf die eingangs erwähnte tiefe Wehmut zurück – Haydn ging als erster Komponist diesen Weg und nicht Beethoven! Haydn erkannte die Zeichen der Zeit und hatte das Genie und das Können, diese Zeichen musikalisch umzusetzen, indem er sie in über 30 Jahren unermüdlichen Schaffens Schritt für Schritt in seine ureigene, von ihm geschaffene Sprache übertrug. Auch wenn die neuen Zeiten unsicher sein mochten, und wie wir heute wissen, der Zeitgeist noch über Leichenberge quer durch ganz Europa von Moskau über Leipzig bis Gibraltar zu schreiten hatte: Haydn ging diesen Zeiten mutig und mit raumgreifenden Schritten entgegen, wie wir in seinen letzten Sinfonien deutlich hören können – die er immerhin schrieb, bevor Beethoven erst 10 Jahre später begann, an seiner ersten Sinfonie zu arbeiten! Ich meine, es ist diese Mischung aus Wissen um den unwiederbringlichen Verlust einer großen Epoche, in der er sich zutiefst verwurzelt fühlt, und einer gewissen Zaghaftigkeit, mit der er der neuen, viel freieren Zeit mit aufkommenden und erstarkenden neuen Gesellschaftsschichten, aber auch voller Unsicherheiten entgegenblicken muss. Ich denke, das ist die seelische Grundlage, aus der sich diese unbeschreibliche Wehmut erklärt, die ich in Haydns letzten Sinfonien zu spüren meine.

    Vielleicht sollte ich abschließend erwähnen, dass ich sehr viel mehr Freude habe an den Suchenden als an den Vollendern. Will sagen, mir machen Haydns Entdeckungsreisen der ersten 90 Sinfonien durch neue Klangwelten und Raumkonstruktionen mehr Spaß als seine vollendeten Londoner Sinfonien, die monolithisch und unerreichbar in der musikalischen Landschaft stehen. Ich denke an die Tageszeiten-Sinfonien, etliche aus seiner Sturm-und-Drang-Periode, aber auch die Sinfonien ab Nr. 76 bis zu den Pariser Sinfonien, wo er zur klassischen Sonatenhauptsatzform durchdringt. Vielleicht ist dies auch der Grund, warum ich mich dem Vollstrecker Mozart nie so verbunden fühlte wie dem Entdecker Haydn.

    Nichts desto trotz verneige ich mich in Ehrfurcht vor Haydn und seinem Alterswerk und vergieße wie jeder anständige Engländer mehr als eine Träne, wenn ich “The Miracle“, “The Clock“, “The Drum Roll“ oder “The Military“ höre! Und nur ganz nebenbei angemerkt: Die Engländer verstanden mit ihrem tief verwurzelten Musikverständnis anders als das Publikum im verkrusteten Mitteleuropa sehr genau, was Haydns Sinfonien an revolutionären Einfällen und unfassbarem Können präsentierten, wie man in den Kritiken nachlesen kann, die jeweils einen Tag nach ihrer Uraufführung erschienen!

    P.S. Sollte sich jemand animiert fühlen, sich näher mit den Hintergründen der Wiener Klassik, also dem Dreigestirn Haydn – Mozart – Beethoven zu beschäftigen, empfehle ich das Buch von Charles Rosen – einem hellgeistigen, genialen Musikologen, der wie kaum ein anderer den Geist der Klassik erfasst und beschrieben hat. Praktisch wäre natürlich, wenn man bei allen Musikbeispielen, die er erwähnt, in den eigenen Fundus greifen könnte, um die Musik direkt beim Lesen mithören und seinen Betrachtungen folgen zu können. Das meiste findet sich allerdings auch bei Youtube. http://www.amazon.de/klassische-Sti...&qid=1423951995&sr=1-5&keywords=Charles+Rosen . Vieles in seinen Texten ist so scharf und klar formuliert, dass einzelne Sätze es verdienten, wie Homers Ilias in Steinplatte gemeißelt zu werden.

    P.P.S. Der bereits erwähnte Freund hat meine historische Darstellung übrigens mit einer rein musikologisch aus dem Studium der Partituren begründeten Analyse bestätigt! Die Entwicklung der kompositorischen Mittel wiederspiegelt Haydns persönliche Entwicklung und Sicht, wie ich sie dargestellt habe.

    Nach seinem Hinweis bin ich in meiner Erinnerung die Entwicklung des Klangkörpers zwischen sagen wir Bach und Haydn bis Beethoven durchgegangen. Und es stimmt: Ich kann die Demokratisierung des Orchesters und seine Überführung aus der absolutistischen Feudalgesellschaft in die freiere bürgerliche Ordnung bis hin zur Demokratie nach meinen eigenen Eindrücken bestätigen. Natürlich dürfen wir davon ausgehen, dass die Komponisten die Standesverhältnisse und Regeln ihrer Zeit verinnerlicht und demzufolge auch kompositorisch nachgebildet haben. In der Opulenz des Barock zum Beispiel zwei strahlende Solisten mit einer Oberstimmenmelodie und B.c.-Begleitung. König und Königin und darunter das Volk. Klare Hierarchie. Das ließe sich wohl sogar auf die Form des Concerto Grosso anwenden mit seiner Concertino–Ripieno–Struktur, aus der dann später die klassische Sinfonie entstehen wird. Und das entwickelt sich hin zum Sinfonieorchester mit seiner instrumental demokratischen Grundstruktur wie bei Beethoven, dem ersten wirklich freigeistigen Komponisten der anbrechenden Moderne ohne barockes "Gepäck" in seiner Biografie.
     
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  14. #114 Vincent Kluwe-Yorck, 23.02.2015
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 23.02.2015
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Bevor der Thread völlig abnippelt, noch rasch ein (negatives) Beispiel, in welche geistigen Abgründe eine zu intensive Beschäftigung mit Bachs Kantatenwerk führen kann (mit einem direkten Bezug zum Osterfest, das unmittelbar vor der Tür steht, wenn ich den Angeboten der Supermärkte glauben darf):

    [​IMG]

    Falls das jemand makaber findet:
    Ist es makaberer als die Vorstellung, jemand ließe sich freiwillig ans Kreuz nageln, um die Menschheit zu erlösen?
    Und ist es makaberer als die Vorstellung von einem Gott, der dies angeblich verlangt, um die Menschheit zu erlösen?
    Und wie makaber ist es, das Kreuz – Sinnbild aller Perversion, zu der der Mensch fähig ist – ausgerechnet als Symbol der LIEBE zu verehren?

    Ich will keine hier völlig unpassende religionsphilosophische Debatte auslösen – deshalb nur diese sehr verkürzte Fragestellung, um den gedanklichen Hintergrund meiner bösen Karikatur zu verdeutlichen: Ich habe die einzigartige (weltliche) Kaffeekantate als Katalysator für meine Karikatur vor dem Hintergrund der Kirchenkantaten in einen neuen Sinnzusammenhang gestellt.

    J. S. Bach lässt in seiner Kantate "Ich habe genug", BWV 82 singen:
    Aria B
    Hautbois, Violino I/II, Viola, Continuo
    Ich freue mich auf meinen Tod,
    Ach, hätt er sich schon eingefunden.
    Da entkomm ich aller Not,
    Die mich noch auf der Welt gebunden.
    (pars pro toto)

    Wie makaber ist das denn bittesehr? Nichts gegen Bachs Kantatenwerk. Ganz im Gegenteil: Die Meisterschaft, mit der Bach in seinen Kantaten die polyphone Kunst der Fuge zur allerhöchsten Blüte bringt, ist einzigartig in sämtlicher Schöpfung der Musik. Für mich ist Bach der Größte von allen – und dies, obwohl mir Haydn sehr viel näher ist. Aber die oft hanebüchenen bis makaberen Texte der Kantaten wird man beim Hören ausblenden müssen.
    (Lesen kann man sämtliche Texte auf dieser Website, die ich – auch gerade mit Hinblick auf die vorzüglichen wissenschaftlichen Begleittexte zu allen Werken – jedem empfehle, der sich mit dem Kantatenwerk näher beschäftigen möchte: http://www.bachkantaten.ch/)
     
  15. alawai

    alawai Mitglied

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    11
    um Vincent Kluwe-Yorck seine Angst zu eliminieren:
    ja, wir sind in der Passionszeit völlig eingenommen von all den Stabat Marters und Passionen, wenn's weniger Anworte auf diesem Thema geben sollte.

    Trotztdem heute dafür eine sehr persönliche Empfehlung:

    Eine schöne BBC Doku mit Gardiner, langer Zeit nicht auf HD zu bekommen, hoffe dieses Link hält noch eine Weile.
     
    jazzadelic gefällt das.
  16. #116 cafePaul, 24.02.2015
    cafePaul

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    apropos:
    Matthäus-Passion mit Kathleen Ferrier - unglaublich
     
  17. Cognac

    Cognac Gast

    Hallo Alle,
    was habe ich nur all die Jahre ohne das Kaffee-Netz gemacht?
    Und dann entdecke ich hier noch einen Fred wie diesen!
    Ich freue mich :)
    Bei mir ist die Oper das Zentrum. Und hier gilt:
    Zuerst kam das Licht. Und dann Richard Wagner.
    Schöne Zeit Euch allen.
    Achim
     
  18. #118 cafePaul, 24.02.2015
    cafePaul

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    nur wenn man die Texte mit heutigem Zeitgeist beurteilend wörtlich nimmt - das alte Problem beider Lager religiöser/(a)theistischer Dispute, das diese damit sinnlos macht - und der erforderliche Hintergrund in Neurobiologie/Psychologie/Geschichte fehlt
     
  19. #119 cafePaul, 03.03.2015
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    Nachtrag zu den Bach-Kantaten:
    Frau Reddemann, eine der renomiertesten deutschen (Trauma-) Therapeutinnen, beschreibt in einem Buch, wie Bach-Kantaten als Ressource dienen können.
    (kann das Buch selbst nicht kommentieren - hab es nicht gelesen. Die Stücke der beiliegenden CD sind wohl sehr schön - ich glaube von Rilling)
    http://www.lehmanns.de/media/29957152
     
  20. #120 jazzadelic, 03.03.2015
    jazzadelic

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    Moderator

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    Danke @alawai, tolle Dokumentation!
     
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