"Die Italiener machen den besten Cafè - und zwar mit Links!"

Diskutiere "Die Italiener machen den besten Cafè - und zwar mit Links!" im Was ich unbedingt noch sagen wollte... Forum im Bereich Kaffeeklatsch; Ich würde heute gerne ein heikles und sehr sensibles Thema ansprechen, das mich schon seit meinen Anfängen hier im Forum beschäftigt, zu dem ich...

  1. #1 Vincent Kluwe-Yorck, 14.10.2009
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    Ich würde heute gerne ein heikles und sehr sensibles Thema ansprechen, das mich schon seit meinen Anfängen hier im Forum beschäftigt, zu dem ich aber nicht Stellung nehmen wollte, solange ich nicht die Geräte hatte, um meine Überlegungen systhematisch überprüfen zu können. Sollte jemand von Euch bereit sein, mit mir darüber zu diskutieren, wäre ich dankbar, wenn das möglichst ohne die üblichen Spaßbeiträge ginge. (Und ja: Ich habe mich in diesem Punkt auch an die eigene Nase gefasst! ;) ) Und zerpflückt mich jetzt nicht gleich in der Luft - ich versuche selbst noch, "to come to grips with it" und schreibe sozusagen ins Unreine.

    Es geht um die Frage, wer "den besten Espresso" macht, ob es dabei nationale Präferenzen gibt und ob der Aufwand, den einige von uns treiben - so auch ich - gerechtfertigt ist. Es ist ja ein häufig bemühter Topos, (der in seiner Häufigkeit, mit der er vorgetragen wird, geradezu zum gängigen Klischee geworden ist) die Italiener würden den allerbesten Espresso der Welt "mal eben so" mit links aus dem Ärmel schütteln. Kurz den ST unter den Dosierer - klackediklack, lässig unter den Anbautamper gehalten, eingespannt und Bezugsknöpfchen gedrückt. Besonders häufig liest man diese Ausflüsse romatischer Euphorie im späten Sommer, wenn die Foris nach und nach aus ihrem Italienurlaub zu Hause eintrudeln.

    Ich war nartürlich auch schon einige Male in Italien, habe einige Zeit in Rom gelebt und war auch in anderen südlichen Ländern unterwegs, die man landläufig mit gehobener Kaffeekultur in Verbindung bringt. Und ich kann dieses Klischee nicht bestätigen! Ich habe erst ein einziges Mal in der Öffentlichkeit besseren Espresso getrunken als bei mir zu Hause! (Ich sage jetzt nicht wo und bei wem - einige hier werden möglicherweise demnächst das Glück haben, es selbst zu erleben. Nur soviel: diese Person treibt noch mehr Aufwand als ich und hat mir Jahre an Erfahrung voraus!) Und wie sollte das auch möglich sein. Wir alle wissen, wie viele Parameter in glücklicher Fügung zusammenspielen müssen, auf wie viele Einflüsse wir angemessen und individuell reagieren müssen, damit ein Godshot entstehen kann.

    Ich habe in den letzten Jahren, ohne das hier öffentlich zu diskutieren, jeden Parameter, der für mich kontrollierbar war, einzeln auf die Goldwaage gelegt und systhematisch überprüft, wie sich seine Veränderung auf das Ergebnis auswirkt. Und jeder hier kann selber feststellen, dass diese Handtierungen sinnvoll sind, weil sie das Ergebnis in der Tasse positiv beeinflussen.

    Nun dürfte klar sein, dass sich der Aufwand, den wir zu Hause betreiben, unter kommerziellen Bedingungen in der Gastronomie kaum umsetzen lässt - es wäre der Ruin jeder Bar, wenn die Gäste 5 Minuten auf ihren kleinen Braunen warten müssten. Unter den Bedingungen einer Bar können in den richtigen Händen natürlich großartige Ergebnisse entstehen, wenn ein erfahrener Barista seine Maschinen optimal auf die kommerziellen Anforderungen eingestellt hat: feinerer Mahlgrad, etwas angehobener Brühdruck, Temperatur nicht zu hoch, und vor allem eine gute Bohne. Den Godshot aber wird er im Betrieb nicht herstellen können - den führt er uns in seiner Küche nach Feierabend an seinen eigenen Geräten vor, sollten wir in den Genuss kommen, von ihm in seine Privatgemächer eingeladen zu werden. ;)

    So - ich hoffe, das war jetzt nicht zu wirr, um Euch den Leitgedanken näher zu bringen! Mich würde jedenfalls interessieren, wie Ihr das seht.
     
  2. #2 Milchschaum, 14.10.2009
    Milchschaum

    Milchschaum Mitglied
    Moderator

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    AW: "Die Italiener machen den besten Cafè - und zwar mit Links!"

    Hmm, ich muss zugeben: Das letzte Mal war ich in Italien vor meinen Kaffee-Netz-Zeiten. Aber ich interpretiere die Sache etwas anders als du:
    Hat hier jemand behauptet, in egal welcher italienischen Caffè-Bar gibt es ausschließlich Spitzen-Bezüge? (Ich mag den Ausdruck 'God-Shot' nicht.)

    Ich denke, dies ist die Argumentationsrichtung:
    • Jeder durchschnittliche italienische Barista macht mit lockerer Nonchalance um Klassen besseren Kaffee als jeder deutsche Cafébesitzer mit seiner kaffeemäßigen Schlampigkeit oder Ahnungslosigkeit.
    • Jeder durchschnittliche Kaffee-Netzler produziert mit fanatischer Akkribie noch bessere God-Shots als der durchschnittliche italienische Barista - der bleibt aber Sieger in puncto Lässigkeit. ;-)
    :) Dirk

    PS: Um welche Uhrzeit machst du dir solche Gedanken... ;-)
     
  3. #3 Vincent Kluwe-Yorck, 14.10.2009
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    AW: "Die Italiener machen den besten Cafè - und zwar mit Links!"

    Wie jeder brave Schreiberling arbeite ich bevorzugt Nachts. ;)

    "Jeder durchschnittliche italienische Barista macht mit lockerer Nonchalance um Klassen besseren Kaffee als jeder deutsche Cafébesitzer mit seiner kaffeemäßigen Schlampigkeit oder Ahnungslosigkeit."

    Den Satz kann man wohl bedenkenlos unterschreiben. Allerdings habe ich in Deutschland auch noch keinen italienischen Gastwirt erlebt, der wirklich guten Espresso anbietet! Nur mein Ansatz war allgemeinerer Natur.
     
  4. awild

    awild Mitglied

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    Hmm, im Gegensatz zu dir war ich diesen Sommer drei Wochen in Italien, genauer gesagt am Lago Maggiore. Die Behauptung mit den italienischen Baristi, kann ich so nicht unterschreiben. Ich habe in diesen drei Wochen ein einziges Mal wirklich guten Kaffee serviert bekommen, sehr viele schlechte und nur wenige gut trinkbare. Reproduzierbar musste ich schlecht eingestellte Mühlen, Maschinen und am Ergebnis anscheinend völlig desinteressierte Baristi erleben.

    In solchen Fällen ist es mir auch egal, ob das Gros der deutschen Kaffee-Besitzer noch schlechteren Kaffee serviert. Ich finde es gibt eine Untergrenze in der Kaffee-Qualität, ab der das Ergebnis nicht mehr relativierbar ist.

    LG Andreas
     
  5. #5 Slayer Espresso, 14.10.2009
    Slayer Espresso

    Slayer Espresso Mitglied

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    AW: "Die Italiener machen den besten Cafè - und zwar mit Links!"

    Nun dürfte klar sein, dass sich der Aufwand, den wir zu Hause betreiben, unter kommerziellen Bedingungen in der Gastronomie kaum umsetzen lässt

    Morgen Vincent,

    ich gebe dir in allen von dir genannten Äußerungen recht, bis auf obiges "Zitat".

    Der Aufwand läßt sich auch bei uns umsetzen ( siehe einige 3rd. Wave Cafe's in Berlin - Frankfurt ) der Erfolg gib diesen Läden recht.
    Es geht einfach um viel mehr, als ein winziges Tässchen mit schwarzer Brühe und dünner Crema.
    Das haben glücklicherweise auch einige andere Cafe's mittlerweile begriffen.
    Du wirst sehen, da kommt noch einiges Gutes auf uns zu in der Zukunft.

    Grüße
    Ralf
     
  6. #6 Gandalf2904, 14.10.2009
    Gandalf2904

    Gandalf2904 Mitglied

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    AW: "Die Italiener machen den besten Cafè - und zwar mit Links!"

    Kommt einfach auf den Aufwand an.

    Grundsätzlich geb ich dir Recht, dass in der Gastro ähnlich großer Aufwand betrieben werden kann. Aber nur ähnlich.

    Was häufig fehlt und was man machen kann ist sicherlich ein Einsteller der Maschine und Mühle auf die Kaffeesorte. Ein grundsätzliches Anlernen der Mitarbeiter usw.

    Was nicht geht und auch nicht sein muss sind die kleinen Streicheleinheiten die wohl fast jeder von uns seinen Bezügen mit auf den Weg gibt. Ein kleiner Klopfer da, ein wenig Mehl wegputzen hier usw. Das schafft mit Sicherheit keine Gastro. Dritte Welle hin oder her. Aber ich denke das ist ja auch nicht nötig.
    Ich währ schon froh, wenn in den meisten Gastros wenigstens der Doser nicht randvoll ist, wenn ich da Morgens mal reinkomm...
     
  7. #7 Vincent Kluwe-Yorck, 14.10.2009
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 14.10.2009
    Vincent Kluwe-Yorck

    Vincent Kluwe-Yorck Gast

    AW: "Die Italiener machen den besten Cafè - und zwar mit Links!"

    Das meinte ich. Und Ihr kennt das ja vom Kochen: Das wichtigste Ingredienz fehlt in der Gastronomie, das jede Hausfrau / jeder Hausmann immer allen Kochbemühungen automatisch hinzufügt: die Liebe und Sorgfalt, mit der im Kochtopf herumgepuschelt und gerührt wird. ;)

    "... dass sich der Aufwand, den wir zu Hause betreiben, unter kommerziellen Bedingungen in der Gastronomie kaum umsetzen lässt."

    Vielleicht hätte ich sagen sollen "... in der Gastronomie kaum umgesetzt wird." Dein Hinweis auf die sogenannten 3rd. Wave-Cafés stimmt natürlich, Ralf - obwohl ich da auch noch keinen Espresso bekommen habe, der meinen vernichtend aus dem Feld geschlagen hätte! ;)
     
  8. sumac

    sumac Mitglied

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    aber sind wir da nicht wieder bei der frage..
    was macht einen guten espresso aus?
    wenn zwei den gleichen espresso trinken, kommen da nicht dann drei verschiedene meinungen auf?
    ok, keine scherze, aber ist doch so..
    was mir schmeckt und mir gefällt, muss dem nächsten nicht unbedingt schmecken.
    klar gibt es ne plörre, die weder ich noch der "nächste" trinken wüde, aber wovon reden wir hier?
     
  9. #9 Slayer Espresso, 14.10.2009
    Slayer Espresso

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    Wirklich schön anzusehen, war die Art der Espresso Zubereitung wie ich sie mehrmals bei meinem diesjährigen England Urlaub erleben durfte.

    Da hat der "Barista" den Espresso erst in ein winziges Metallkännchen (etwas größer als die Espressotasse) laufen lassen und dann goß er den ganzen Schund in die kalte Espressotasse.
    Hatte aber auch was Gutes an sich, der bestimmt mit 100°C gebrühte und verbrannte Espresso konnte schon mal in dem kalten Kännchen abkühlen, die richtige Temperatur bekam er dann in der kalten Espressotasse. :shock:

    Das Equipment war gut (ECM Barmaschine) sowie brauchbare Mühlen, man hat dem "Barista" aber wohl nie beigebracht wie es richtig gemacht werden sollte. Dies alles war kein Einzelfall sondern das habe ich mehrmals in verschiedenen Cafe's so erlebt.

    Grüße
    Ralf
     
  10. #10 caffè olivier, 14.10.2009
    caffè olivier

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    du bist herzlich eingeladen.... ;-)
     
  11. #11 KlausMic, 14.10.2009
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    Hallo Vincent, das ist für mich eigentlich die zentrale Aussage, die ich absolut unterstreichen möchte. Etwas in dieser Art habe ich hier (also nicht direkt in Italien ;-)) auch schon direkt erlebt. Vor einigen Jahren hatten wir im Ort ein etwas gehobeneres italinisches Restaurant, mit dessen Besitzer wir uns im Laufe der Zeit angefreundet hatten. Der Espresso, den es dort in der Regel gab, war schon recht gut. Es stimmte vieles, auch die Bohnen wurden von ihm immer frisch aus einer kleinen italienischen Rösterei importiert. Besser als "recht gut" wurde es dann aber schlagartig, als wir hin und wieder nach Geschäftsschluss noch mit ihm an seiner Bar saßen. Da kam dann plötzlich die Frage, ob wir einen "richtigen" Espresso haben wollen, dauere dann aber ein wenig. Und nun hat er mit Liebe und Hingabe an seiner Gerätschaft hantiert und etwas daraus hervorgezaubert, was wirklich in die obere Liga der Espressi gehört. Natürlich habe ich ihn dann gefragt, warum es so einen Espresso nicht immer bei ihm gibt. Die Antwort war ernüchternd, aber ehrlich. Er hat im normalen Betrieb schlicht keine Zeit, täglich Mahlgrad etc. zu kontrollieren, der Aufwand dafür ist einfach zu hoch. Also wird einmal die Woche alles eingestellt, in der Hoffnung, dass diese Parameter die nächsten paar Tage einen brauchbaren Espresso produzieren. Täglich, besser noch "mehrmals täglich" den Mahlgrad kontrollieren geht auch deshalb schon nicht, weil es dann für die nächsten 15 bis 30 Minuten keine Kaffee-Getränke geben würde. Und die Gäste wollen nun mal (zu Recht) 5 Minuten nach ihrer Bestellung den Kaffee auf dem Tisch haben.
    Trotz allem hat er mir in unseren "Abendrunden" aber eine Menge über den Espresso beigebracht und mich erst so richtig zu dem Thema angefixt.

    Viele Grüße

    Klaus
     
  12. #12 KingCole, 14.10.2009
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    Hallo Vincent,

    klasse angedachtes und geschriebenes Thema.

    Ich selbst habe in Italien ein Jahr in der Nähe von Venedig gelebt und bin jeden 2ten Monat für 1 Woche da unten. Aus meiner Sicht ist der Standard vor allen in den Touristengebieten schlechter geworden, da hier neuerdings verstärkt mit Kurzzeit Aushilfen und Arbeitskräften vor allen aus den slawischen Ländern gearbeitet wird, die sicher keine Ausbildung haben. Da gibt schon öfters mal einen Espresso nach deutschen Gastronomie Vorbild. Ansonsten gibt es in den kleinen Cafes und an den Autobahnhaltestellen nach wie vor einen guten Standard, wenn auch selten ein God Shot dabei ist. Das war früher, also vor 20 Jahren aber vermutlich nicht viel anders. Ich sehe das wie Klaus, wenn sich bemüht wird, haben die meist die Ausbildung sehr gute Shots zu zaubern.

    Für die etwas skeptische Beurteilung des italienischen Standard Espresso ist sicher in erster Linie unsere eigene Perspektive verantwortlich. Der Anspruch vermutlich der meisten Forumsmitglieder an einen Espresso hat sich für jeden selbst sicher im Laufe vom ersten Espresso in Italien, den man noch – ohne große andere Vergleiche zu haben – mit rosaroter Urlaubsbrille getrunken hat bis heute als Spezialist in eigener Sache verändert. Unsere eigenen Ansprüche sind gewachsen und damit auch der Beurteilungsmaßstab. Der italienische Autobahnespresso ist vielleicht der gleiche geblieben.

    Auch darf man nicht vergessen, dass heute dank kaffee-netz.de die Lernkurve ja verdammt schnell stattfindet. Ich damals, musste noch in Eigenerfahrung erstmal lernen, dass es bei den Bohnen mehr auf die Frische als auf die Sorte ankommt.

    Wieweit jeder seinen Anspruch auf die Spitze treiben will, muss jeder selber entscheiden. Ich für mich denke, dass es ab einem gewissen Qualitätsstandart mehr an der Genussfähigkeit des einzelnen liegt, als sich verrückt zu machen, ob nun jedesmal ein God Shot herauskommt. Aber natürlich, wer in der Lage ist reihenweise God Shots zu produzieren, …. ich meine, wer kann, der kann.

    Ich persönlich habe mir wieder eine Gaggia Paros zugelegt, nachdem meine alte kaputt ging. Ich habe mir keine größere Maschine gekauft, aus dem einfachen Grund, um mich vor mich selber zu schützen. Man findet sich dann mit den Limitationen ab und genießt eben innerhalb derer, das erleichtert, aber man zahlt den Preis, dass man immer weiß, da draussen, hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen, gibt es …….
     
  13. #13 old harry, 14.10.2009
    old harry

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    AW: "Die Italiener machen den besten Cafè - und zwar mit Links!"

    die leichtigkeit des espressoseins - ein unerschöpfliches thema. zuletzt und so ähnlich hatten wir das, so glaube ich, hier...

    meines erachtens stimmt in der italienischen (und portugiesischen) gastronomie das verhältnis von aufwand und ertrag. will sagen: mit bohnen vom grossröster, amtlichem equipment und dem gewusst-wie des barista werden ergebnisse erzielt, die in aller regel durchaus trinkbar sind und die die mehrzahl der berufskollegen nördlich der alpen locker zu dillettierenden espressospastikern degradieren - wobei letzteres auch darauf zurückzuführen ist, dass die mehrzahl der kaffeekonsumenten mit dem gebotenen offensichtlich zufrieden ist.
    augenscheinlich existiert also eine gewaltige kluft zwischen dem italienischen verständnis von espresso und demjenigen in mittel- und nordeuropa - anderfalls würden die kunden hierzulande den pseudobaristi all die ungenissbaren shots vor die füsse spucken und die wirte sähen sich zur besserung gezwungen. so aber bleibt alles beim alten: espresso in italien ist in aller regel geniessbar, während uns zuhause etwas kredenzt wird, das mit der italienischen interpretation nur noch den namen teilt.

    und genau diese (ferien-)erinnerung an gute espressi - oder die nichtverfügbarkeit in der heimat - dürfte in der mehrzahl der fälle dafür verantwortlich sein, dass das versammelte kaffee-netz einige tonnen edelstahl in maschinenform zuhause rumstehen hat, röstungen von vorgestern bereits skeptisch auf alterungserscheinungen prüft, laborwaagen, temperaturdatenlogger und PID-regler einsetzt, mit unendlicher verve über den perfekten krümmungsgrad konvexer edelstahltamper mit edelholzgriff philosophiert und das von der high-end mühle produzierte mahlgut mit eigens dafür erdachten werkzeugen durchmischt um dann, nach zweieinhalb minuten vorbereitungszeit, hoffentlich einen godshot in die tasse zu pressen...

    ...und gerade jetzt, in genau diesem moment, während wir, um des perfekten shots willen, all das tun und investieren und uns hier darüber austauschen, bewältigt der barista in neapel oder livorno den morgendlichen andrang in seiner bar mit dreissig, fünfzig oder einhundert caffè "mal eben so mit links" - und schafft dabei doch genau die ergebnisse, die uns erst zu dem machten, was wir heute sind... :cool:
     
  14. #14 danielp, 14.10.2009
    danielp

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    Moin,
    meine Erfahrung ist: Je untouristischer die Gegend, desto besser der Caffè! Wir sind jetzt schon mehrmals mit dem Radl durch abgelegene Orte in der Toskana gefahren, und in den kleinen abgelegenen Nestern oder in den Seitenstraßen der kleinen Städte war es einfach so wie im Ausgangsposting beschrieben: Kleine "unstylische" Bars, irgend ein Opa steht am ST, zwei Männer hängen an der Bar oder lesen Zeitung, der Opa quatscht mit denen und spannt ohne hinzuschauen den ST ein - und es schmeckt einfach super!

    Solche Bars hier meine ich:

    [​IMG]

    Hier wurden wir obendrein zum "Steh-Preis" draußen bedient, aber drinnen war es mindestens genauso stylisch. :) Das Ganze war übrigens in Sarteano.

    Koffeinhaltige Grüße
    Danielp
     
  15. #15 Barista, 14.10.2009
    Barista

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    Na ja, wegen der kullinarischen Genüsse nach England zu fahren ist aber in etwa so, wie in Holland einen Alpinisten-Urlaub verbringen zu wollen.:-D
     
  16. #16 koffeinschock, 14.10.2009
    koffeinschock

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    harry - dein beitrag spricht mir aus der seele!

    wenn ich sehe, welchen weg einige hier einschlagen, frage ich mich immer wieder: was hat das mit espresso zu tun? im stillen kämmerchen die versuchsreihe aufgestellt und den einen aus 100 bezügen mit der sinnlichen geschmacksexplosion dann genossen (und die anderen 99 mit sicherheit auch guten bezüge in den ausguss geworfen) und gleich die 'wissenschaftlichen' erkenntnisse der welt mitgeteilt, statt einfach in geselligem beisammensein mit freunden/bekannten guten kaffee zu genießen und das hauptaugenmerk auf das soziale legen. ich denke immer wieder daran, wenn ich hier lese;)

    YouTube - Herr Rossi sucht das Glück - Theme Deutsch

    ich bin gewiss nicht gegen technik - ich begeistere mich täglich aufs neue für sie und ihre errungenschaften. aber von wissenschaft hab ich genug, wenn ich zu hause bin.
     
  17. #17 plempel, 14.10.2009
    plempel

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    Es ist die eigene Erwartungshaltung, die uns oft einen Strich durch die Rechnung macht. Man ist Darbietungen und Darreichungen gegenüber viel kritischer und erwartungsvoller, wenn man meint, ein wenig Ahnung von der Materie zu haben. Man steht sich halt gern selber im Weg. Genuss-seitig und Produktions-seitig. Die Pobacken zu entspannen würde da schon helfen, auf dem Weg zum "besten Kaffee - und zwar mit Links" :).

    Mir jedenfalls ist ein mittelmässiger Kaffee, serviert in einer netten Umgebung lieber als ein fast-god-shot, gezapft von einem Unsympathen. Egal ob nördlich oder südlich der Alpen. Männlich oder weiblich (der Unsympath).
    Genauso ist es daheim: Ich geniesse lieber den schnellen, von mir aus nicht perfekten Kaffee zwischendurch, als den zwölften Espresso hintereinander auf der Suche nach dem God Shot, quasi dem Heiligen Gral.
    Wenn Sie wissen, was ich meine. :)

    Gruss
    Plempel
     
  18. #18 dergitarrist, 14.10.2009
    dergitarrist

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    Na, es wird doch keiner anzweifeln, dass den im Schnitt besten Caffe die Italiener servieren... dass es einzelne Hardcorefreaks überall verstreut gibt, ist dann doch wieder eine andere Sache.
     
  19. #19 KingCole, 14.10.2009
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    @ koffeinschock und plembel

    Man muss aber auch den akribischen Wissenschaftlern Tribut zollen, denn sie bringen Erkenntnisse, die man immer mal wieder sehr gut zur Verbesserung des Alltagsespresso nutzen kann. Ich jedenfalls lese ihre Ausarbeitungen nur zu gerne, auch wenn ich selber das nicht so weittreibend wuerde.

    Ein gutes Beispiels ist doch fuer uns alle die Waage. Ja, 0,5 bis 1 Gramm machen einen Unterschied. Aber es kommt mit der Waage ein ganz anderer Aspekt rein, naemlich der des standardisierens, soll man nun, oder soll man nun nicht?

    Viele Gruesse, Alexander
     
  20. #20 plempel, 14.10.2009
    plempel

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    Das ist so wie früher mit den Rockmusikern: Da dachte man auch, die besten gibt's in "Amerika". Heute weiss man, da gibt's nicht die besten, sondern einfach nur viel mehr. :) Dass da dann in der Summe mehr Gute dabei sind, ist logisch. Genau so sehe ich das mit Kaffeebars in Italien.

    Gruss
    Plempel
     
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