Einladung zur Diskussion: Kaffeemarktplätze aus Röstersicht

So, um Versandkosten zu sparen, habe ich mal bei Tchibo zwei Packungen Bohnen mitbestellt.

Heute angekommen, geröstet am 29.08. und 19.09.. Ich hatte das so in etwa erwartet, deswegen habe ich zwei dunkle Espressoröstungen bestellt. Röster nenne ich absichtlich nicht, ich denke, dass die da nur indirekt (durch den Verkauf auf der Plattform) was für können.

Frische ist also nicht gegeben, ich möchte gar nicht wissen, wie alt die höherpreisigen Kaffees sind. Ich trinke nun rasch mit schlechtem Gewissen meinen Espresso…

 

Find ich jetzt ehrlich gesagt nicht wirklich schlimm. Beides noch sehr gut trinkbar!

 

Zugegeben, ich bin da eine Ausnahme (nicht hier im KN aber in der real world). Mache ich aber normalerweise auch nicht.
Ich habe letztes WE bei drei verschiedenen Röstern bestellt, allesamt versandkostenfrei (ich weiß, man lügt sich in die Tasche), allesamt nicht soooo teuer (einer mit 17€/250g, der Rest deutlich darunter, 11-15€).
Ein Kaffee wurde am 11.10., alle anderen zwischen dem 18. und 22.10. geröstet. Geliefert haben allesamt am Dienstag.
Ich denke, dass ist, was @Arb3000 sagen wollte.

Wenn ich Preise zwischen 40-76,-€ das Kilo akzeptiere (die Preisspanne des aktuellen Angebots bei Tchibo), dann will ich doch zumindest maximal frische Ware.

 

Das meinte ich. Und das ist für mich persönlich ein KO Kriterium, die restliche Diskussion mal ausgeblendet.

 

Mag schon sein, aber in diesem Punkt sehe ich keinen Unterschied zwischen dem traditionellen Kauf bei einem Händler oder hier diskutierten Kauf über einen Marktplatz.
Entgegen dem Eindruck, den dieser Thread vermittelt, sehe ich aus Kundensicht nach wie vor keinen Unterschied zwischen den genannten Marktplätzen und Händlern, wobei einige Händler die Kunden über frisch eingetroffene Ware informieren oder das MHD angeben. Unmöglich wäre das auch bei den Marktplätzen nicht.
Es bleibt also für mich, dass die Röster kalkulieren müssen, was der weitere Absatzkanal bringt und ob der Betreiber ihnen gegenüber fair genug ist. Wie beim Vertrieb über Händler, Cafés oder andere. Genau das bliebe aber auch bei einem "genossenschaftlich organisierten Marktplatz" nicht erspart. Insbesondere muss er sich überlegen, ob er beim Marketing mit den anderen Teilnehmern auf diesem "genossenschaftlichen Marktplatz" bestehen kann. Es hat ja nicht jeder Röster ein Studium oder eine Ausbildung im Marketing, sodass er die Möglichkeiten innerhalb des Marktplatzes nicht ebenso effizient und im selben Maße nutzen kann.

 

Mit Händler meinst Kaffeezentrale, Aromatico, Espresso International, etc?

Falls ja stimme ich dir zu, wobei ich persönlich nur bei denen kaufe, wo das MHD angegeben ist.

 

ja, z.B. diese.

 

Hier noch eine kleine Geschichte zum Thema:
Habe vor zwei Wochen einen Gutschein von einem der drei Kaffeemarktplätze bekommen.
10€ Rabatt ab 30€ Einkaufswert. Der Shop hat ab 29€ Frachtkosten-freien Versand. Ich habe den Warenkorb dort mal mit Spezialitätenkaffee gefüllt, dann aber vor dem bestellen abgebrochen, weil ich mir zwecks frische der Röstungen unsicher war und bin.

Stattdessen habe ich zwei Tage später bei Quijote bestellt. In der Bestellbestätigung steht dann der Satz:

Deine Bestellung ist bei uns eingegangen, vielen Dank. Wir werden Deine Bestellung so schnell wie möglich bearbeiten. Aufgrund der hohen Bestellmenge können wir derzeit nicht garantieren, dass dein Paket direkt am Bestelltag auf die Reise zu dir geht. Wir tun unser Bestes und bitten um ein wenig Geduld.

Soweit so gut.
Eine Woche später: Keine Email, keine Ware.
Anruf bei Quijote, mit dem Ergebnis das ich eine Email schicken soll. Keine Gute Erfahrung, so abgewiesen zu werden.
Email gesendet. Antwort: Keine.
Einen Tag später dann ein Sendungsverfolgungslink von DHL. Status: Paket elektronisch angekündigt.
Und dieser Status ist nun seit 3 Tagen so, zusätzlich immer noch keine Email von Quijote.

Ob der Kaffeemarktplatz bei Problemen auch so agiert?

 

Mal abgesehen davon, dass das ziemlich sicher ein unglücklicher Einzelfall war, hier zwei Anekdoten zu Reaktionen der Marktplätze:

Bei einem habe ich vor Jahren mal Filter bestellt und auch ein oder zwei Päckchen Kaffee mitgenommen. Der war dann uralt. Darauf habe ich freundlich per Mail hingewiesen. Die Antwort war nur, sie wüssten gar nicht was ich meine, der Kaffee sei super, der sei ja noch laaaaaange vor MHD.

Andere Geschichte: mindestens einer der Marktplätze löscht/unterschlägt negative Bewertungen im eigenen Bewertungssystem. Hab’s mal einen ausführlicheren Artikel in dem Blog, in dem auch der hier diskutierte erschienen ist.

 

Quijote reagiert üblicherweise nicht so wie von dir beschrieben, du bist ein atypischer Einzelfall. Was zu der Frage führt, ob es möglicherweise an dir liegt statt an Quijote.

 

Meine Erfahrungen mit Quijote sind ebenfalls durchweg positiv. Außerdem ist diese Woche in Sachen Versandlogistik eine besondere, weil Mo und Di in abweichenden Bundesländern Feiertage waren, was zu deutlich verlängerten Zustellzeiten führt.

Auch wenn ich Deine Enttäuschung vielleicht nachvollziehen kann, wüsste ich gerne, welche Erkenntnis man daraus für die Gesamtdiskussion hier ableiten sollte.

 

Der gibt gar nichts aus der Hand, solange er das zusätzlich, und nicht als Hauptvertriebsweg macht. Sprich, Beratung und Frische garantiert er vor Ort ja nach wie vor, aber viele Kunden werden vielleicht durch Edeka auf Ihn aufmerksam.
Dass er natürlich nur frisch LIEFERN kann, aber keinen Einfluss auf den Lagerzeitraum hat sollte wohl jedem Kunden klar sein.
Wenn ich mir heute einen frisch gerösteten Kaffee kaufe, und erst in 2 Jahren öffne, kann der Röster auch nix dafür
Ich kenne mittlerweile viele Supermärkte, die lokale Röster (neben vielen anderen lokalen Nahrungsmitteln) im Programm haben, und wenn erst mal etabliert, kann man den Durchsatz auch besser kalkulieren, und nicht zuviel lagern. (In einem gewissen Rahmen).
Es sind ja meist ohnehin eher "0815" Röstungen, die so vertrieben werden, keine 90 Punkte Microlots, und die Abnehmer müssen ja keine Kaffeenerds sein.
Manch einer kauft gern "fair/nachhaltig/regional" (Definition natürlich schwammig) nicht in erster Linie wegen des überragenden Geschmacks.
Somit greift auch jemand zum "regionalen Röster", schaut aber genausoviel/wenig wie zuvor aufs Röstdatum.
Auch wenn es off topic klingt, so passt es aber insofern schon dazu, da auch der Supermarkt ein "Marktplatz" ist, und auch hier der Produzent einiges an Kontrolle aus der Hand gibt.

 

Also, für mich ist ein Marktplatz etwas, zu dem ich mich selbst hin begebe, um auf eigene Rechnung dort etwas zu verkaufen. Wenn ich an den Marktplatz verkaufe, dann ist er kein Marktplatz, sondern ein Händler. Frankenweinliebhaber.de ist z.B ein Marktplatz. Die kaufen nichts und lagern nichts. Die stellen letzten Endes eine Präsentationsplattform zur Verfügung.

Insofern wüsste ich jetzt nicht, was Tchibo von aromatico unterscheiden sollte. Außer einem schicken Neusprech Begriff natürlich

 

Ohne die kompletten 6 Seiten gelesen zu haben:

Kein Röster wird gezwungen mitzumachen, richtig?

mich ziehe hier mal den Quervergleich zum urban Sports Club. Da fragt sich jedes Yoga Studio ja auch:
Bringt es mir etwas teilzunehmen?
Habe ich lieber wenig Teilnehmer die mir den Vollpension zahlender nehme ich es in Kauf, eine hohe Fluktuation zu haben und habe dafür aber ein höheres Einkommen (wenn auch nicht vollpreisig).

mich kann mir vorstellen, das 95% der Kunden die über die Marktplätze Spezialitäten Kaffee bestellen diesen normal nie gekauft hätten.

 

Wahnsinnig umfangreiche Aufgabe. 6 ganze Seiten.

Wir haben eine freie Marktwirtschaft, ja?

 

das letzte mal als ich mich informiert habe hatten wir die, ja.

 

Nein, wir haben eine (noch ein bisschen) soziale, auf jedem Fall aber regulierte Marktwirtschaft.

 

Natürlich nicht. Wie die Diskussion zeigt, machen das einige aber auch schlicht aus Naivität oder Unwissenheit. Deshalb ist die Diskussion wichtig. Auch unter uns Kund*innen, denn auch wir müssen uns natürlich fragen, ob wir — das Wissen über die Auswirkungen vorausgesetzt — so ein System unterstützten wollen.

Und was die freie Marktwirtschaft angeht führt das jetzt wahrscheinlich zu weit, aber ich werfe mal ein paar Begriffe in den Raum wie soziale Marktwirtschaft, Umweltauflagen, Mindestlohn, Emissionszertifikate, Rüstungsexporte… Die Realität ist (aus guten Gründen) komplexer als irgend ein ökonomisches Modell.

 

Wieso sollten sie dann überhaupt diese Marktplätze besuchen und dort die im Vergleich zu Industriebohnen hohen Preise für Spezialitätenkaffee bezahlen?
Ich sehe den Vorteil für Kunden eher darin, dass sie bei einer Quelle Zugriff auf viele unterschiedliche Röster haben, ohne jeden einzelnen zu suchen, überhaupt zu finden sowie sich für eine Bestellung dort anzumelden. So hat man auch Zugriff auf internationale Angebote, auf die man sonst vielleicht gar nicht käme.
Wenn die Plattform wie z.B. Coffeedesk dann auch noch gute Beschreibungen und das Röstdatum angibt, kann das für den Kunden eine gute Chance sein, seinen Horizont zu erweitern. Ob Röster darin eine Möglichkeit sehen Ihre Reichweite zu erhöhen und dieses überhaupt wollen und dafür geringere Marge oder höhere Preise sowie den direkten Vergleich zu Mitbewerbern akzeptieren, müssen sie selbst entscheiden. Das liegt in ihrer unternehmerischen Chancen/Risiken Abwägung.