Espressogenießende Segler

@Piezo : habt Ihr eigentlich ein Wetter-Routing an Board? Die Windverhältnisse in der Ecke sahen ja gestern echt wüst aus. Da haben 10sm entschieden über einen Wechsel um bis zu 180°...

 

Wir haben 2 verschiedene Applikationen die mehrmals am Tag mit Grip-Daten versorgt werden und dann entsprechende Routings durchrechnen. Dabei werden unterschiedliche Wettermodelle verwendet. Da Strom und Welle aber nur teilweise berücksichtigt werden, bleibt das Ergebnis bestenfalls indikativ. Darüber ist die Performance bei uns zwischen Backboard und Steuerboardbug unterschiedlich und das in den Berechnungen ebenfalls nicht berücksichtigt.
In der Heimat haben wir noch einen Taktiker/ Strategen sitzen, der uns via Internet oder Sat-Telefon laufend Empfehlungen übermittelt.
Und dann gleichen wir an Board noch alles mit Windy und Windfinder ab um dann final Entscheidungen zu treffen.
Klingt jetzt alles schon aufwändig, ist aber bestenfalls Amateur- oder Semiprofessionell.
Trotz alledem gibt es permanent Überraschungen, vor allem dieses Jahr, bei dem diverse Flautenfelder das Feld immer wieder durchmischen ...

 

@Piezo : Cool, danke für die umfassende Erklärung. Das klingt schon alles ziemlich gut durchdacht. Aber Du hast natürlich recht, lokale Besonderheiten kann kein Modell berücksichtigen.

Viel Erfolg weiterhin und immer 'ne handbreit.

 

Endlich mal wieder unter Segel Dänemark ist herrlich, vor allem in nem bald 60 Jahre altem Folkeboot

 

Oh das sieht nach Spaß aus.

 

Vor allem ist es auf das Maximale reduziert. Segeln pur

 

Das glaub ich gerne.
Darf ich fragen wo Ihr wart und wie Ihr die Regelungen bzgl. Anreise/Aufenthalt in den Häfen erlebt habt?
Es gab da sehr widersprüchliche Berichte dieses Jahr bisher.

 

Und hier der krasse Gegenentwurf zur Schönheit der Langsamkeit:
Abgefahrene Segeltechnik: Vom Schwimmen zum Fliegen

 

Wir sind Rund Als gefahren. Alle Häfen offen und keinerlei Corona Beschränkungen ...

 

Impressionen

 

Da ich leidenschaftlicher Hollandurlauber bin, schaue ich mir natürlich auch immer mit viel Begeisterung die Segelschiffe in den Häfen an und träume auch ein wenig davon, sowas mal selbst zu machen.
Ich habe ja null Plan von den dafür notwendigen Segelscheinen. Nach einer ersten Sichtung schwirrt einem der Kopf. SFR, SBR, Binnen, See, Motor, Segel und wie auch immer die Teile heißen.
Vielleicht kann hier ein erfahreneer Segler mal kurz darlegen, was man machen muss, um so ein Schiffchen bedienen und chartern zu dürfen?
Idee dabei wäre, den ganzen Theoriekram vielleicht über Winter hier zuhause zu machen und dann im nächsten Fürhjahr/Sommer die notwendige Praxis zu erwerben (ggf. sogar im Urlaub).

Wenn das hier wie üblich im Forum abläuft, muss ich mir wahrscheinlich bald eine Swan bestellen. Mit dem Schlauchboot als Idee geht es los und am Ende kommt eine Luxusyacht dabei raus!

 

Vielen Dank, das war eine erhellende Erklärung!
Keine Angst, ein eigenes Boot ist zwar ein reizvoller Gedanke, sowas würde ich aber nur machen, wenn ich direkt in einem Gebiet wohnen würde, in dem ich das auch tatsächlich nutzen kann. Der Gedanke ist meilenweit weg, bzw. überhaupt nicht vorhanden.

Das mit den 500€-Scheinen kann man wohl noch toppen, wenn man ein Motorboot hat. Ich hatte mal so einen Fall und dabei auch ein wenig drumherum mit dem Eigentümer gequatscht. Das Erlebnis "Tanken" ist auf einem Boot, das zwei Diesemotoren zwischen 300 und 400 PS hat, wohl auch etwas ganz besonderes. Da läuft das in den Tank, was ich als komplette Urlaubskasse ansehe! Die Dinger liegen daher wohl auch primär in den Häfen und sind eigentlich eine Art Wochenendhaus, wenn man sich im Yachtclub trifft. Nicht so ganz meine Welt. Die Gashebel flach legen macht man da nicht so gerne.

 

Es ist schon was her wo die vH meine Lappen gemacht habe.

Mit Motor und Segel binnen habe ich angefangen und anschließend den damaligen ‘Küstenschein’ für Motor und Segeln gemacht.
Zum letzteren muß man auch noch eine Funkprüfung machen.

Empfehlenswert ist es sich einem Verein anzuschließen , der regelmäßig Ausbildung anbietet. Über Segelschulen kann es schon etwas kostspieliger werden.

Binnen war damals eine Ausbildung an 8 oder 10 Abenden für die Theorie.
Der Fragenkatalog ist schon recht umfangreich. Wie beim Kfz Schein kommt es darauf an manchmal auf die Formulierungen zu achten.
Für die Praxis sind wir eine Woche nach Holland gefahren mit abschließender Prüfung.
Beim Binnenschein erlernt man das Wissen zur Seemannsxhaft.
Takelung, Segelgrundlagen, alles was man braucht um eine Jolle sicher durch das Wasser gleiten zu lassen. Umfassende Verkehrsregeln und -Zeichen sind obligatorisch.

Beim Küstenschein sind die Schwerpunkte anders gelagert. Im Wesentlichen Navigation, Gezeitenkunde, Navigation nach Leuchtfeuern usw.
Zeitlich ist die theoretische Ausbildung im ähnlichen Rahmen.
Vor dem Prüfungstörn hat man anhand eines Fahrtenbuchs eine gewisse Menge an Seemeilen nachzuweisen.
Mein Prüfungstörn ging über 2 Wochen. Zuvor hatte ich jeweils 2 Segeltörns à 2 Wochen absolviert.

Motorboote lassen sich in gewissen Regionen Führerschein frei ausleihen.
Binnengewässer in Holland, Mecklenburgische Seenplatte, Frankreich und Irland.
Hier handelt es sich um Fahrtenyachten für den Urlaub. Die Fahrgebiete sind eingeschränkt.
Wenn man mietet bekommt man eine zweistündige Einweisung und dann heißt es Leinen los. Eine gute Vollkaskoversicherung ist bei Vertragsabschluss empfehlenswert.

Bei Jollen oder Segelyachten sieht es gleich anders aus. Ohne Lappen kein Segel hoch, auch in Holland.

Wer mit einem kleinen Motorbötchen oder Schlauchboot herumschnuppern möchte, der darf in Deutschland bis 15 PS Führerschein frei unterwegs sein.
Empfehlenswert ist es trotzdem sich mit Verkehrsregeln, Knoten und Sicherheit auseinanderzusetzen.

Auch wenn man Inhaber der verschiedenen Scheine ist, erlernt man die eigentlichen Kenntnisse durch Erfahrung.
Bei meinen Törns ist eigentlich immer irgend etwas aufregendes passiert was den Jorizont erweitert hat.

Vorausschauendes fahren und Meer Vorsicht walten lassen ist unerlässlich.
Jede Situation ist anders und verlangt eine differenzierte Herangehensweise.
Dir meisten Unfälle passieren im Hafen durch zügige, aber unklare Manöver.

Grundregel:

Es gibt nur einen Kapitän an Bord, denn der hat die Verantwortung. Er sollte seine Mannschaft gut einweisen und auf die Fähigkeiten jedes Einzelnen Rücksicht nehmen.

Oft kann man sehen, dass beim Segeln mit viel zu viel Fläche und auch mit falscher Segelstellung gefahren wird.
Eine Yacht kann nur eine gewisse Geschwindigkeit erreichen welche längrnabhängig ist. Hart am Wind macht Spass, ist aber Marerialmordend.

Eigenes Boot:

Eine Segel- oder Motoryacht zum besitzen ist sehr kostspielig.
Die Anschaffung ist der eine Teil, hinzu kommen Liegeplatzgebùhren mit Strom und Wasser, Versicherungen, regelmäßige Wartung, Ersatz von Verschleißteilen, alle zwei Jahre Anstrich des Rumpfes (Antifouling) und, und und.

Aka Faustregel kann man die jährlichen Kosten grob mit ca. 10 % des Neuanschaffungspreises kalkulieren.
Sofern man handwerklich begabt ist und über einen passenden Maschinen- und Werkzeugpark verfügt kann da einiges sparen.

Man sollte sich vorher gut überlegen ob man die nötige Zeit aufbringen kann. Ggf. sind auch Anfahrten zum Hafen erforderlich.

Sorry für die lange Ausführung. Sie sollte aber einen groben Überblick geben.

 

Neben all den Scheinen ist Demut und vor allem Bereitschaft ein Leben lang zu lernen ein guter Ratgeber. Ich selbst habe den SSS, segle seit Jahren erfolgreich Hochseeregatten und lerne doch fast immer wieder Neues. Neben allgemeinen Aspekten der Seemannschaft und Seerecht halte ich vor allem solide Kenntnisse der Wetterkunde incl. entsprechender Revierkenntnisse als essentiell notwendig. Und diese sollten tiefer gehen als die Anwendung irgendwelcher Wetterapps. Ein Verständnis der physikalischen Aspekte des Wetters und dem Verstehen entsprechender amtlicher Information wie z.B. einer Bodendruckkarte sollte schon vorhanden sein.
Grundsätzlich stimme ich aber vielem zu, was oben genannt wurde. Eine Ausbildung bis zum SKS schadet sicherlich nicht und gepaart mit einigen Törns als Co-Skipper oder Wachführer sollten reichen, erfolgreich und sicher zu chartern.

 

ah, schön, die Zugspitze. Wo war das, Tutzing?