Ist das Kunst oder kann das weg? ;)

Nunja, letztens im Museo Thyssen-Bornemisza, als ich so durch die Räume schlenderte - alte niederländische Meister. Handwerklich perfekt, Himmel, so weit das Auge schaut, opulente Landschaften. Aber für mich - inflationär. Einheitlich, kaum zu unterscheiden. Dann doch lieber eine Transportvorrichtung für einen Löffel Hustensaft, mit Erklärvideo (Andreas Slominski, damals im Guggenheim Berlin). Sollte ich den alten Meistern jetzt aber den Kunststatus absprechen? Weil ICH sie beliebig, uninteressant finde? Das wage ich nicht!

 

Menschen erzählen viel, wenn der Tag lang ist. Ich neige eher dazu, alles anzuzweifeln. Manchmal werde ich dabei sogar angenehm überrascht, aber dies sind eher die seltenen Momente....

 

Nun, die bisherigen Kommentare lassen eher darauf schließen, dass für einige Foristen die .'Besucherschule‘..(klick) von Bazon Brock (emeritierter Professor für Ästhetik und Kulturvermittlung an der Bergischen Universität Wuppertal). 'zu lang' im Sinne von zeitintensiv oder bezüglich der .'intellektuellen Stimulanz' .den einen oder anderen schlicht überfordern kann…

Jede Bildwirkung geht (letztlich) vom Betrachter selbst aus. Ein Kunstwerk, ein Artefakt, wird stets nur in dem Maße sprechen und wirken, wie der Rezipient selbst es 'für sich zur Sprache' bringen kann und somit zu verlebendigen vermag. Diese Wirkung anzuspornen ist die eigentliche Leistung eines Künstlers. Den Weg dorthin für den Betrachter anhand von beispielhaften Interpretationen zu ebnen ist Absicht der Besucherschule, nicht etwa Kunst zu erklären oder zu begründen… Kunst ist sogar qua Gesetzt 'frei' (Artikel 5.3 des Grundgesetzes), sie genügt sich selbst und 'braucht' keine Begründung…

Aber – Rettung naht, andere Kunstvermittler haben erkannt, dass viele Besucher vielleicht eher 'bodenständiger‘ verortet und abgeholt werden sollten, eben dort wo sie mit ihrem aktuellen Rezeptions(un)vermögen zur Zeit stehen. Dieser Umstand wurde auch in der Stadt Wolfsburg mit ihrer bemerkenswerten soziokulturellen Monostruktur erkannt, wo die überwiegende Mehrzahl der Menschen primär mit dem Autobau und weniger mit Kunst-Rezeption beschäftigt sind – obwohl es dort ein lobenswertes Kunstmuseum gibt. Also gab es ein Stipendium des .Fördervereins der Städtischen Galerie Wolfsburg, jugend in der galerie e.V., und des Volkswagen Konzerns,. das im Jahre 2017 an Norgard Kröger & Paula Mierzowsky aus Kassel/Freiburg mit ihrem .Schulungsprogramm für betreute Kunstbetrachtung – CARE LESS. vergeben wurde.

Vielleicht wäre dieses Programm ja für manchen Protagonisten hier ein hilfreicher Rezeptions-Ansatz:


CARE LESS – Schulungsprogramm für betreute Kunstbetrachtung

Was wollte der Künstler uns damit sagen. nein, letztlich geht es bei .Besucherschulung. nicht primär darum ein Werk zu erklären oder zu begründen, sondern beispielhafte Erklärungs- oder Wirkmechanismen anzubieten, um dem Rezipienten einen Pfad für seine eigene Interpretation, das eigene 'Weiterdenken' zu ebnen – und das muss nicht zwingend mit der ursprünglichen Intention des Künstlers übereinstimmen. Was wollte der Künstler uns damit sagen… ist letztlich nichts weiter als eine hohle Phrase von Menschen, die sich keine eigenen Gedanken machen wollen oder können. Wenn der Künstler etwas 'sagen‘ wollte, so hätte er es schriftlich niedergelegt, denn – wie der gute Goethe schon sagte: Die Kunst ist eine Vermittlerin des Unaussprechlichen…

Kunst sollte gewiss auch in ihrem zeitlichen Kontext gesehen und bewertet werden. Zudem geht es letztlich 'Freier Kunst' nicht darum (Kunst)Werke im Sinne von 'schmückendem, wohlgefälligem' KunstHandWerk zu schaffen, sondern als Mittel zum Zweck, um die Öffentlichkeit dazu zu bringen sich mit Themen/Problemen zu beschäftigen.

Anders als in früheren Zeiten – in denen 'Kunst' in der Regel Auftragsarbeiten 'Herrschender' mit definiertem Zweck waren – will oder soll nicht jede 'Aktion' oder jedes ’Kunstwerk‘ nur auf eine eingleisig vorgegebene Weise ’verstanden’ werden. Es geht auch um Evokation, inspirierende Impulse für Fragestellungen oder ein In-Fragestellen und das, was der Rezipient individuell für sich persönlich interpretiert und daraus entwickelt. Mitunter wurde daher das (künstlerische) Anregen zum Nachdenken oder Andersdenken als politisch unerwünscht, ja sogar als die staatliche Autorität gefährdend angesehen. Denken wir an Zeiten des Nationalsozialismus und der sogenannten ’entarteten’ Kunst, Literatur oder Musik – oder manche neueren chinesischen Vorkommnisse…

Zum Thema 'Kulturindustrie' (klick) und dem heutigen Waren- oder Kapitalanlagecharakter von Kulturprodukten gäbe es einiges zu sagen, aber das würde wohl endgültig den Rahmen dieses Threads oder sogar dieses Forums sprengen…

Inspirierenden Gruß, Sebastiano
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Schluck...

 

Beindruckendes Fundstück (von Marcia Zimpel):