So, jetzt mal Hand aufs Herz: Mühle und Geschmack

Diskutiere So, jetzt mal Hand aufs Herz: Mühle und Geschmack im Mühlen Forum im Bereich Maschinen und Technik; Bei einem Testlauf von jeweils 2-3 Wochen komme ich schon um die "innere einbildung herum" Das wage ich zu bezweifeln. Die Leute kennen Coca Cola...

  1. emc2

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    Das wage ich zu bezweifeln. Die Leute kennen Coca Cola und Pepsi schon seit mehr als 50 Jahren (?). Trotzdem siegt im Blindtest Pepsi und im Test mit sichtbaren Flaschen Coca Cola. Es ist eher anders herum: je länger man sich einer Marke aussetzt, desto stärker schwindet die Objektivität.

    Wenn tatsächlich mehr als ein paar Tage notwendig sein sollten, um zu einer statistisch signifikanten Beobachtung zu kommen, dann wäre das Ergebnis, dass es kein Ergebnis gibt und dass Faktoren wie die Mahlgradeinstellung entscheiden.
     
  2. #22 old harry, 13.04.2007
    old harry

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    geschmackserinnerungsvermögen? wenn man sich nur schon die im rahmen neurologischer versuche vielfältig auftretenenden varianten in der beschreibung vergangener ereignisse vorstellt, fällt es mir schwer, an ein verlässliches geschmackserinnerungsvermögen zu glauben. ganz abgesehen von faktoren wie der tagesform (meinetwegen auch 'biorhythmus'), den aktuellen vorlieben, beeinflussungen durch andere unmittelbare sensorische reize...

    da gebe ich dann doch mehr auf einen soliden blindtest - meinetwegen mehrere solcher versuche im abstand einiger tage.
     
  3. #23 chris_weinert, 14.04.2007
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    Sehe ich genau so. Wobei beim Thema Espresso noch hinzukommt, daß das ganze System, also die ganzen Einflußfaktoren so verdammt schwanken, daß es m.E. unglaublich schwierig ist, einen solchen Faktor wie die Mühle als Ursache für bestimmte Geschmacksveränderungen - und in derartigen Nuancen - auszumachen. Die ganze Zubereitungskette unterliegt einfach einer solch niedrigen Präzision (bzw. im anglosphonen Sprachbereich "Akkuratheit"), man denke da nur an die ganzen Schwankungen wie Luftfeuchtigkeit und entwprechend unterschiedlicher richtiger Mahlgrad, Füllhöhe, Tamperdruck, Temperaturstabilität im Zweikreiser.

    Und wenn man sich mal den ganzen Kram wirklich anschaut, es ist das komplette Grobmotorik-Programm: Große Stücke werden kleingemahlen, in einer ungefähren Menge in einen Behälter gefüllt, mit einem ungefähren Druck zusammengepreßt, und Wasser durchgejagt, das über einen Wärmetauscher im Dampfkessel erhitzt wurde, der durch einen Pressostaten geregelt ist. Und vor dem Bezug wird auch noch nach Gehör und Augenmaß das völlig überhitzte Wasser aus diesem Wärmetauscher abgelassen, um eine ungefähre Temperatur anliegen zu haben. Da muß doch jeder Regelkreis-Experte schallend laut lachen. Ist nicht Koffeinschock so ein Kandidat? Koffeinschock, und? Lachste? :)

    Nichtsdestotrotz bieten die großen Mühlen schlichtweg das geilere Handling, das bringt eben mehr Spaß - das werden nur wenige bestreiten, die es mal ausprobiert haben. Und auch das kann ja der Mehrwert sein, für den ein Verrückter hier einfach mal mehr Geld auszugeben bereit ist.

    Das mit dem Erinnerungsvermögen kann ich jetzt bei mir so spontan nicht... äh - erinnern, aber das mit dem Hin- und Herschalten finde ich sehr richtig. Wie oft habe ich schon gedacht, aha, so schmeckt das also, so jetzt noch mal das andere, gut und jetzt noch mal den hier etc. So funktioniert das nicht, zumindest nicht bei Caffè. Ich brauche für einige Sorten wirklich Zeit, um sie kennenzulernen, zu entdecken und "liebzugewinnen", wenn man bei so etwas wie Caffè davon sprechen möchte. Deswegen ist es manchmal gar nicht schlecht, wenn es Kaffeesorten nur in der 1-kg-Packung gibt - 250g sind bei den meisten Kaffees einfach zu wenig, um den wirklich komplett zu "erkunden".

    Grüße,
    Chris
     
  4. #24 Dirk2/3, 14.04.2007
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    Der selbsterfundene Begriff "Geschmackserrinnerung" ist genauso unpräzise wie die Beschreibung eines Geschmackerlebnisses.

    Daher mein Versuch eine Grundstimmung bei der Festlegung einer Aussage über ein Geschmackserlebnis oder Geschmackswahrnehmung zu definieren.

    Das Unvermögen sich auf den eigenen sensorischen Mechanismus zu verlassen führt nebenbei zu diesem Irrsinn, Coca cola sei lecker.



    Deshalb mein Vorschlag, sich sehr viel Zeit zu lassen, ein eigenes Urteil
    selbst zu finden. Blindtests haben leider die ungewollte Beeinflussung (ähnlich Schroedingers Katze.)

    (die Beobachtenden beeinflussen die Probanden.)

    Desweiteren ist es unbedingt notwendig den Probanden selber den Espresso zuzubereiten lassen.
    Darum geht es am Ende ja, wie soll das Blind funktionieren?

    Denn der bedient ja am Ende sein Equipment ohnehin zu Hause alleine.

    Die Flasche Wein, die so super lecker im Urlaub geschmeckt hat, ist zu Hause eine Enttäuschung.
    Woran liegt das wohl, kann das ein Blindtest klären?

    Gruß
     
  5. emc2

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    Deshalb macht man sogenannte Doppel- (oder sogar Dreifach-) Blindtests.
     
  6. #26 chris_weinert, 14.04.2007
    chris_weinert

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    Das versteh ich nicht. Warum sollte man den Espresso selber zubereiten, wenn es darum geht, herauszufinden, ob eine Mühle "fruchtiger" mahlt? Im Gegenteil, ich finde eigentlich, man müßte bei einem solchen Vergleichstest so viele Parameter konstant halten wie möglich, d.h. dynamometrischer Hebeltamper, Mahlmenge nach Waage, Doppelboiler mit PID, bei dem man keinen Leerbezug braucht. Und das kann auch jemand anders zubereiten, wenn der ordentlich gebrieft ist.

    Auch das Beispiel mit dem Wein lasse ich nicht durchgehen ;-) obwohl das natürlich total richtig ist, nur der Vergleich nicht, denn er argumentiert gerade FÜR das Konstanthalten möglichst vieler Faktoren: Denn richtig, der Ort, die Uhrzeit, die Umgebung, die Situation, alles das kann Einfluß auf den Geschmack haben. Aber gerade diese Faktoren wäre eben in einem Vergleichstest konstant. Wenn man diesen Vergleichstest zu Hause macht, mit o.g. Setup und zu einer gewohnten Uhrzeit, doppelblind mit ahnungslosem "Kellner", dann dürfte eigentlich nichts mehr schiefgehen.

    Grüße,
    Chris
     
  7. #27 koffiedrinker, 14.04.2007
    koffiedrinker

    koffiedrinker Mitglied

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    Hallo,
    ich kann auch ohne "Blindtests" behaupten, es ist ein Unterschied zu schmecken.

    Ich hatte um eine Mühle auszusuchen ca. 4 Wochen eine Bregnant Roma zu Hause im Test und habe versucht diverses zu optimieren.
    Der Espresso war sehr gut und prinzipiell war ich mit der Mühle zufrieden.

    Aufgrund der diversen Lobesbeiträge über die Mazzer habe ich nach den 4 Wochen eine Mazzer Mini Doser ausgeliehen bekommen.

    Nach 2 Fehlversuchen (zu fein gemahlen) kam der erste "korrekte" Espresso. Abgesehen davon, dass es bereist optisch bei der Produktion nach mehr Crema aussah, war die Aussage meiner Frau nach dem ersten Schluck "Ich will eine Mazzer", obwohl Sie vorher aus Finanzgründen immer etwas dagegen gesprochen hatte. Meine Meinung ist das ebenso, aber man kann mir bereits vorher Befangenheit vorwerfen :wink:

    Nun kann man streiten, ob es an der stufenlosen Einstellung der Mazzer liegt oder wirklich an etwas in der Mühle (Mahlscheiben etc.).

    Fakt für mich ist:
    Mit der Mazzer kann ich ein besseres Ergebnis produzieren als mit der Bregnant Roma.

    Insofern kann ich die Frage dieses gesamten Beitrages aus Praxiserfahrung mit "Ja" beantworten. Es ist ein Unterschied zu schmecken.
    Viele Grüße
    Michael
     
  8. benny

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    Michael schrieb:
    Ich besitze eine Roma Timer und eine Mazzer Mini E, obwohl ich aus nachvollziehbaren Gründen mittlerweile fast nur noch die Mazzer nutze. Deutliche Unterschiede zwischen beiden Mühlen können also auch nach meiner Meinung nicht wegdiskutiert werden. Allerdings würde ich mir nicht zutrauen, bei einer Blindverkostung herauszuschmecken, welche Mühle für den Espresso zum Einsatz gekommen ist.
     
  9. #29 kornholio, 15.04.2007
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  10. #30 Dirk2/3, 15.04.2007
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    Und das ganau zweifele ich an.
    Ein Blindtest stellt nur ein Verhältnis, aber nicht das tatsächliche, durch viele Faktoren beeinflusste Geschmackserlebnis dar.

    Ich behaupte, das subjektive Wahrnehmung in Auseinandersetzung mit sich selbst über einen langen Zeitraum zu viel objektiveren Ergebnissen führt.

    Auch und vorallem Stiftungwarentest Tests zeigen immer wieder das unvermögen "ojektiver Tests" tatsächlich stimmende Ergebnisse herbeizuführen.

    Alleine die Auswahlkriterien sind Teils hahnebüschen.

    Und da liegt auch ein Problem, wer bestimmt die Definition von fruchtig, wenn der Probant coca cola mag.
    Da sollte alles sauer schmecken, was nicht 80 % Zucker enthält.
    Hilft da ein Blindtest?

    Sollte der Probant dann nicht in jahrelangen Geschmacksübungen erstmal ausgebildet sein.
    Bevor er fruchtig benennen kann.

    Hilft eine Augenbinde gegen Verblendung?



    Gruß
     
  11. emc2

    emc2 Mitglied

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    Ich weiss beim besten Willen nicht, was das bedeuten sollen. Deine Antworten legen manchmal nahe, dass Du nicht genau verstehst, was Blindtest bzw. Doppelblindtests sind. Offensichtlich nimmst Du an, das hat was mit verbundenen Augen zu tun?

    Blindtests und speziell Doppelblindtests sind ein erprobtes, "wissenschaftliches" Verfahren, da gibt es nichts zu diskutieren: wenn man etwas testen will, dann kommt man um diese Prozedur kaum herum.

    Ein Test, in dem es letztlich um Geschmack geht, kann natürlich nicht mit einem Blindtest "entschieden" werden, denn wie es so schön heisst: de gustibus non est disputandum. Der Blindtest ist nur eine Vorgehensweise, um den Testvorgang zuverlässig von einigen - wenigen - Faktoren zu bereinigen, die hier schon mehrmals erwähnt wurden, insbesondere Voreingenommenheit und Einbildung. Das sind mächtige Mechanismen, deren Ausschaltung sich lohnt.
     
  12. #32 ergojuer, 15.04.2007
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    Bei der Gelegenheit muss ich mal schreiben, was mir schon länger durch den Kopf geht:
    Warum nur haben wir alle solche Probleme außer haus noch nen ordentlichen Espresso zu bekommen? Im Grunde genommen schmeckt der kurze Schwarze nur noch dann, wenn man dem Barista bei der Zubereitung zumindest über die Schulter schauen konnte.

    Und am besten kann es eben nur schmecken, wenn man alle Zubereitungsparameter selbst in der Hand und erfahren hat.
    Da kann ein anderer den Espresso noch so professionell zubereitet haben. So richtig gut schmeckt er mir zumindest erst dann, wenn ich ihn selbst auch vom Kaffeekauf über Mühle, Leerbezug und Tamper bis Tasse habe beeinflussen können. In dem ganzen Prozess steckt einfach soviel Haptik, sonstige Sensorik, Sorgfalt und Einbildung dass das Ergebnis ganz subjektiv erst danach perfekt sein kann.

    Nur mal so am Rande....
     
  13. #33 rafiffi, 15.04.2007
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    Blindtest

    @emc²

    Du sprichst mir wirklich aus der Seele ! Manchmal geht in diesem Forum die Esoterik zuweit, speziell die Verknüpfung von einer spez. Maschine A oder einer spez. Mühle B , wo im Vergleich dazu dann natürlich Maschine C abgekanzelt wird. Der Einflußfaktor Mensch in der Zubereitung und dessen subjektive Wahrnehmung wird bei einem mehrfachen Blindtest wunderbar neutralisiert und übrig bleibt , was man oft bei einem einfachen , simplen Italiener irgendwo in den italienischen Pampas einfach genießt : das Geschmackserlebnis Espresso verbunden mit ein wenig Lebenskultur !

    Gruß aus Wien Reinhold :roll: :wink:
     
  14. lukask

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    Ergojeur, ich muss gestehen - manchmal mag ich sogar einen Espresso (sehr gerne!), wenn ich sehe, wie der Barista schindluder getrieben hat - in der Luft getampt, Sieb nicht sauber gemacht, oder den Siebträger quasi mit dem tamper zerdeppert und nicht "geklopft" - wenn der Espresso gut ist, die Maschine halbwegs sauber und die Mühle gut eingestellt, schmeckt er trotzdem.
    So geschehen bei Café Vergnano in London :)
     
  15. #35 Dirk2/3, 15.04.2007
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    Mich überkommt das Gefühl wir sind prinzipiell einer Meinung.

    Gruß
     
  16. #36 chris_weinert, 16.04.2007
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    SEHR schön zusammengefaßt.

    Grüße,
    Chris
     
  17. #37 Sirblackadder, 17.04.2007
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    Letztlich geht es bei Eurer Diskussion über Sinn und Unsinn von (Doppel-)Blindtests um die uralte statistische Frage: Einzelfall oder Mittelwert?

    Die wichtigste Information, die wir in Blindtests herausfinden, ist eine mittlere Geschmacksbeurteilung. Die Entscheidung "A ist besser als B" macht sich zuallererst immer am Mittelwert fest. Doch auch beim im Mittel sehr guten Produkt werden einzelne Tester "Pfui!" gesagt haben, während beim Durchfaller einzelne Urteil positiv gewesen sein mögen. Aussagen wie "Im Mittel erhält Produkt A die Schulnote 2.35" oder "80 % der Tester fanden Produkt B gut oder sehr gut" sind für den Einzelfall nicht von Bedeutung. Entweder gehöre ich zu den einen 80 % - oder eben zu den anderen 20 %. Eine gute Bewertung sagt bestenfalls etwas über die Wahrscheinlichkeit aus, mit der im konkreten Einzelfall ein bestimmtes Urteil fallen wird.

    Deshalb haben hier prinzipiell alle ein wenig recht. Repräsentative Blindtests sind wichtig, weil sie uns etwas darüber sagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit neue Personen, die am Test nicht beteiligt waren, zu einem bestimmten Urteil kommen werden. Als Endverbraucher hilft mir das durchaus. Wenn ich weiß, dass Produkt A von 80 % der Tester gut oder sehr gut gefunden wurde, Produkt B aber nur von 10 %, werde ich wahrscheinlich zuerst A ausprobieren. Und dann zum selben Ergebnis kommen oder auch nicht.


    Entscheidend ist aufm Platz, wie es so schön heißt. Wenn mir mein Espresso aus der letzten Hinterwaldmühle so vorzüglich mundet, weil ich ihn selbst zubereitet habe, oder weil man mir gesagt hat, dass angeblich Blue Mountain drin ist, so what!? Ist mir doch erstmal egal, Hauptsache es schmeckt.

    Trotzdem bin ich absolut für Blindtests. Wenn sich nämlich herausstellt, dass alleine das Wissen um die Marke/Bohne/Mischung das Geschmacksurteil erheblich beeinflusst, ist das für mich eine wichtige Information, die mich vielleicht zur Neubewertung meines Geschmacksurteils anregt. Sobald ich weiß, dass mein gutes Urteil über einen Espresso zum Teil auch Einbildung ist, wie emc2 gesagt hat, kann ich mein Urteil neu überprüfen. Das gibt mir die Möglichkeit, eine eigene, fundierte, kompetente Meinung zu bilden und senkt das Risiko, auf esoterisches Gebrabbel hereinzufallen.

    Kurzum: Pro Blindtest! Aber über meinen Geschmack lässt sich trotzdem nicht streiten :wink: .

    Grüße, Malte
     
  18. #38 Sirblackadder, 17.04.2007
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    In der Psychologie hat man das den introspektiven Ansatz genannt, und diese Idee vor Jahrzehnten verworfen. Klappt einfach nicht gut. Gerade die subjektive Auseinandersetung mit einem gedanklichen Gegenstand führt in aller Regel zu vollständiger Blindheit und Ignoranz gegenüber der Wirkung bestimmter Einflussfaktoren. Und damit häufig zu haarsträubenden Laientheorien, die keiner ernsthaften Überprüfung standhielten. Der einzelne Mensch mag mit seinen Idiosynkrasien ein Leben lang wunderbar klarkommen, aber spätestens beim Transfer dieser subjektiven Gedankenwelt auf andere Personen versagt die Introspektion: "Solange Du Deine Füße unter meinen Tisch stellst, magst Du DIESEN Espresso!" - "Huh?"

    Deshalb ist der experimentelle Ansatz mit (Doppel-)Blindtests der Introspektion überlegen. Wir treffen eine Aussage über eine Gruppe, nicht über den Einzelfall. Diese Aussage bezieht sich niemals auf die einzelne Person, sondern enthält eine Wahrscheinlichkeitsinformation darüber, was wir im Einzelfall erwarten dürfen. Ob das dann konkret so ist oder nicht, kann niemand im Vorhinein sagen.


    Jetzt könnte man einwenden, dass einem das repräsentative Urteil über eine Gruppe total egal ist und man doch jedem Tierchen sein Pläsierchen lassen soll. Beim Espresso stimmt das sicher, es gibt aber sehr viel kritischere Fälle. Ein Beispiel: In einen bekannten psychologischen Experiment hat man Lehrern einen Film von einer Schülerin gezeigt, die einen mündlichen Vortrag hält. Die Lehrer hatten die Aufgabe, der Leistung dieser Schülerin eine Note zu geben. Allerdings hat man der einen Hälfte der Lehrer vorher mitgeteilt, dass die Schülerin aus gutem Elternhaus komme und mit 1 vorbenotet sei, den übrigen Lehrern wurde das Mädchen als Unterschichtkind mit einer Vorbenotung von 5 präsentiert. Wohlgemerkt: Alle Lehrer sahen exakt dasselbe Video. Man kann sich das Ergebnis schon denken. Die Note des "guten" Mädchens war im Mittel fast 1.5 Notenpunkte besser als die des "schlechten" Mädchens. Nur durch das Vorwissen bzw. den Glauben der benotenden Lehrer. Das bitte jetzt nicht als Lehrer-Bashing auffassen, jede andere Personengruppe schneidet in ähnlich manipulierten Entscheidungssituationen ähnlich ernüchternd ab. Urteilen ist halt eine sehr, sehr schwierige Sache, die wir Menschen allzu häufig gar nicht gut können.

    Das zeigt, wie wichtig es sein kann, über die Einflussfaktoren von Entscheidungen gut Bescheid zu wissen. Da hilft mir Introspektion erstmal sehr wenig.

    Beste, Malte.


    p.s.: Genug gefaselt! Zurück zu den Mühlen. Wer hat noch was zum Thread-Thema zu sagen :p ?
     
  19. #39 Walter_, 25.04.2007
    Walter_

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    Meine erste Garnitur hat - wenn ich mich recht erinnere - neu ca. 1300€ gekostet, ~1000€ die Maschine (Butterfly) und ~300€ die Mühle (Macap M4). Würde ich heute nocheinmal 1300€ für eine neue Garnitur ausgeben, wäre es mit Sicherheit umgekehrt: ca. 1000€ für die Mühle (z.B. Kony) und 300€ (CC) für die Maschine. Mit der zweiten Kombination vermag ich nämlich wesentlich bessere - weil differenziertere - Espressi zu machen als mit der ersten.

    Ich glaube den geschmacklichen Unterschied zwischen meiner I2 (aber auch z.B. einer Mazzer Mini) und meiner Kony deutlich zu erschmecken (immer vorausgesetzt die Ingredienzien sind gut, die Maschinerie intakt und justiert und die Espressi wurden von jemandem zubereitet der tatsächlich 5 oder auch 10 quasi identisch schmeckende Espressi hintereinander zubereiten kann...sonst macht das ganze Vergleichen nämlich keinen Sinn) und deshalb ist für mich die Mühle wesentlich wichtiger als die Maschine...
     
  20. bjp

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    AW: So, jetzt mal Hand aufs Herz: Mühle und Geschmack

    Als ich letzte Woche von Demoka auf Super Jolly umgestiegen bin, dachte ich, es hätte mir jemand Schokolade zwischen die Bohnen geschmuggelt...
     
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So, jetzt mal Hand aufs Herz: Mühle und Geschmack

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