[Veranstaltung] Wood Grouse Transparenz Offensive

Es ist nun mal so, dass zumindest in Kolumbien, der Produzent zur Zeit nicht Kostendeckend produziert!
Die Produktion einer Carga (125kg Cafe Pergamino) kostet zw. 650.000 und 700.000 Pesos (190-205€). Gestern bekam der Produzent 725.000 d.h er hat für 125kg 25.000 Pesos (7,3€) "Gewinn". Wenn dann der Kaffee um 28€/kg vom Röster (mit ein wenig Marketingschnickschnack) verkauft wird, sehe ich ein kleines Ungleichgewicht.

 

@Cafe Export Colombia : Das sehe ich auch so als Ungleichgewicht, beschämend.
Und nur weil es so ist, oder immer so war, muss es ja nicht in alle Ewigkeit so bleiben.
Wäre es nicht möglich, direkt bei dem Produzenten zu kaufen als Röster und ihm dabei einen angemessenen Preis zu zahlen?
Ich dachte auch dafür wären die Besuche vor Ort und die direkten Kontakte da.
Diese ganze Globalisierung und Internet und "Online" muss man doch auch positiv nutzen können für ganz neue Handelskonzepte...
Oder muss das immer über Zwischenhändler gehen, die alle was "abhaben" wollen? Oder gehts um die Organisation/Durchführung des Transports/Zoll?

 

Pingo zeigt es vor wie es geht. Ist jedoch ein Kosten- und Zeitaufwand.
Und auch er wird schon schlechte Erfahrung mit Produzenten gemacht haben, wo einiges dann eben nicht passt.
Sicher erleichtert das Internet einiges, aber der Produzent mit seinen 3 Hektar in Indien, Vietnam oder sonst wo auf der Welt muss ja mal gefunden werden. Den trifft man nicht auf der Coteca in Hamburg.

Die Zwischenhändler die alles abhaben wollen, jonglieren auch im Centbereich.

 

Interessante Diskussion. Gespickt mit einigem Fachwissen.

Mich stört u.a. das Offenlegen der Kalkulation. Das kann beim Kunden wie beim Wettbewerb Unmut erzeugen und überdies die Kosten für das Produkt sogar erhöhen.

Wohin so ein Unsinn führen kann, sehe ich täglich in meinem Berufsalltag. Stichwort MIFID und MIFID II. Ihr könnt euch nicht im Entferntesten vorstellen was uns das als Unternehmen kostet, wie schwer das den Vermittlern unserer Produkte und Lösungen macht und wieviel Unmut es bei den Endkunden erzeugt, zumal sie das, was wir und die Wettbewerber so alles veröffentlichen müssen, häufig nicht verstehen. Und dann am Ende ohne Anlageentscheidung zurückbleiben.

Das ist sicher ein sehr groß gewähltes Beispiel. Aber der Gesetzgeber könnte ja eines Tages auch auf die Idee kommen sowas auch auf andere Branchen zu übertragen.

 

Das Offen legen der Kalkulation geht ja einher mit Beschreibung der Anteile wie viel jeder für sich beansprucht und was vor Ort passiert. Beim Kunden kann es höchstens Unmut erzeugen wenn er sieht, dass man ein Kilo Kaffee in Hamburg schon um 3,5 Euro kaufen kann, und dieser dann 28, 30 oder mehr Euro kostet.
Ohne alle Röster über einen Kamm scheren zu wollen, jedoch ist es Tatsache dass bei unserem Newsletter 90% der klicks auf die Preisliste generiert werden und lediglich 10% auf die Beschreibung der Finca.

 

Das ist ja genau der Punkt. Der Kunde sieht auf einmal, wieviele Protagonisten die Hand aufhalten, bis der Kaffee bei ihm im Warenkorb landet. Jemand der nicht bis zu Ende denkt, bekommt jetzt ne ziemlich dicke Kravatte und hat gar kein Verständnis mehr dafür, dass jeder einzelne was von seiner sauer verdienten Marie abhaben will.

Glaube mir, ich kenne diese Reaktionen. Wie gesagt, in meiner Branche ist das deutlich komplexer, aber das Grundprinzip bleibt gleich. Ich kann nur davor warnen die Hosen komplett runter zu lassen.

Ach und an den TE, ich finde den Begriff Transparency sehr unglücklich gewählt. Falls ihr es nicht wisst, der Begriff ist in aller Munde im Zusammenhang mit Korruption. Das kann beim Kunden jetzt auch völlig falsch verstanden werden. Außerdem ist der Kontext viel zu mächtig für ein wenig Kaffeemarketing.

 

Wie viele Protagonisten sind es denn?
Der Produzent, der am wenigsten bekommt.
Der "Entpeeler"
Der Zwischenhändler
Der Transporteur innerland
In Kolumbien noch die Federacion (0.06$/kg)
Der Reeder
Bis hierher ist man bei einem Preis von 6,5€ (in DE)
Der Zoll in DE
Der Transporteur
Die Steuer
Der Röster

Ich bin aber jetzt draußen, da ich den Thread nicht kapern möchte.
Ich finde die Idee des TE gut und es verdeutlicht, dass beim Produzenten mehr über bleibt.
Morgen habe ich ein Meeting mit einem Mitglied einer Assoziation aus Planadas (Tolima). Da diese BIO Kaffee verkauft, und ich nicht glauben kann, dass alle 53 Mitglieder keine Chemie verwenden, habe ich ihn angerufen und wir treffen uns morgen in Bogota.
Der Bio Schmäh beginnt leider schon vor Ort, da kann man den Röstern (fast) keinen Vorwurf machen, außer sich vor Ort selbst zu überzeugen. Und wenn braune Blätter am Boden liegen, weiß man dass man besch... wird.
Schönen Abend noch.

 

Ich kenne ja diese Offenlegung der Kalkulation von der Teekampagne:
https://www.teekampagne.de/Transparenz/Kalkulation-offen-legen
Die machen das schon lange so, und bei den Kunden scheint es gut anzukommen.

 

Ich vertraue Arno und denke, dass er es einfach ernst meint. In unserer Branche gibt es wirklich viele engagierte Kollegen. Viele trauen sich nur einfach nicht, konseqenter in der Umsetzung zu sein. Wir wollen dafür ja selber ein Vorbild sein und freuen uns tierisch wenn es so engagierte Kollegen ähnlich tun. Und so, wie ich Arno kennengelernt habe, ist er einfach ein guter Kerl. Ganz einfach.

Skepsis finde ich auch in Bezug auf uns immer sehr gut, sie sollte halt nur konstruktiv sein. Arno unterfüttert aber seine Behauptungen mit guten und überprüfbaren Fakten. Was will man mehr? Ein Anruf bei Nordic Approach oder bei uns und schon gibt es weitere Infos zum jeweiligen Kaffee wenn man es genau wissen möchte.

 

Richtig, ich bin in der Finanzindustrie. Genauer im Investmendfondsgeschäft. Und glaube mir, der Schuß geht sowas von nach hinten los. Für alle Beteiligten. Inkl. Kunde. Ich spreche jetzt von MIFID.

 

Das mag in der Theorie richtig sein, dennoch beweisen bereits einige Shopinhaber (Kaffee/Tee ...) in der Praxis das Gegenteil Vollständige Transparenz, gepaart mit hochwertigsten Bohnen bringen einem bleibende Kunden. Eine etwas detailliertere Entschlüsselung aller Posten halte Ich hier aber ebenfalls für Vorteilhaft.

Man könnte ja auch "zweigleisig fahren", sprich speziell für anspruchsvollere Kunden eine komplett gläserne Produktlinie entwerfen. Beispielsweise einige Microlot, Third Wave oder Speciality Sorten. Fraglich ob eure Kunden dann auch einen Kilopreis von über 50/60€ akzeptieren...

 

Da hat sich ja noch jemand eingeschlichen? Vielen Dank @tristram!

Linea Mini EP / K30 Vario / Comandante Nitro

 

Ich finde deine Prämisse vollkommen falsch. Du gehst davon aus, dass "der Kunde" zu blöd ist, um auf der Grundlage von Informationen eine eigene Entscheidung zu treffen und daher von "Experten" bevormundet werden muss - selbstverständlich nur zu seinem und nicht zum Vorteil des "Experten". Im Endeffekt ging es aber nie um den Kunden, sondern um den kurzfristigen Profit der Finanzindustrie. Die Finanzindustrie hat sich mit genau diesem im unsozialen und undemokratischen Grundgedanken selbst die jetzigen Veränderungen eingehandelt, die noch immer nicht weit genug gehen.
Versuche diese bevormundende und gesellschaftlich zersetzende Handlungsmuster zu ersetzen, können nur willkommen sein. Wer sauber arbeitet/kalkuliert, hat nichts zu verbergen - auch keine eigene Gewinnspanne.

Soviel von mir als Privatperson zu dem Thema. Wer mag, kann den Beitrag melden.