Wozu Flowcontrol ?

Diskutiere Wozu Flowcontrol ? im Grundsätzliches Forum im Bereich Fragen und Tipps; Hallo allerseits, ich würde gerne wissen, wozu manche Maschinen mit einer sog. Flowcontrol ausgerüstet sind? Was ist der Sinn so einer...

  1. #1 LittleJoe, 31.01.2023
    LittleJoe

    LittleJoe Mitglied

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    Hallo allerseits,

    ich würde gerne wissen, wozu manche Maschinen mit einer sog. Flowcontrol ausgerüstet sind? Was ist der Sinn so einer Einrichtung?
    Die gibt es manchmal wohl auch zum Nachrüsten, z.B. für die ECM Technika V Profi.
     
  2. moatl

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    auf dieses Thema gibt es sehr unterschiedliche Perspektiven.
    Im Prinzip geht es darum zu steuern wie das Wasser auf den Kaffeepuck trifft.
    Also wir gehen mal davon aus, du hast deinen Siebträger fertig für den Bezug eingespannt in der Maschine. Wenn du jetzt die Pumpe anschaltest und dann direkt mit 9 Bar druck draufballerst, dann passiert unter Umständen folgendes:

    Das Kaffeemehl im Siebträger ist nicht an allen Stellen gleichmäßig verdichtet und das Wasser sucht sich folglich den Weg des geringsten Widerstandes. Das heißt es geht in den weniger dichten Bereichen schneller durch und an anderen dafür langsamer oder im Extremfall gar nicht. Das heißt an einer Stelle wird überextrahiert und an der anderen unterextrahiert. Jedenfalls ist die Extraktion sehr ungleichmäßig und du bekommst gar nicht das volle Aroma raus - bzw. schöpfst das Potenzial nicht voll aus.

    Mit Flowrate Control kannst du das Kaffeemehl erst langsam mit Wasser benetzen - dadurch dunst dieses auf und verdichtet sich und wenn du dann die Flowrate erhöhst, hast du eine gleichmäßigere Extraktion.

    Anderer Aspekt:
    Wir gehen nochmal davon aus, es ist keine Kontrolle über Flowrate oder Pumpendruck vorhanden:
    Die Maschine drückt also kontinuierlich mit ca. 9bar auf das Kaffeemehl. Über die Dauer des Bezugs wird dieses aber kontinuierlich durchlässiger -> das Wasser schießt immer schneller durch -> der Bezug wird immer unkontrollierter.
    Mit Flowrate- oder auch mit Pressure Profiling könntest du dafür sorgen, dass die Flowrate über den ganzen Bezug konstant (und kontrolliert) bleibt und nur das in der Tasse landet, was gewünscht ist.

    Wenn du mal das alte Prinzip der Federhebel Maschinen zum Vergleich nimmst, machen die etwas ganz ähnliches aufgrund der sich verändernden Spannung der Feder. Am Anfang baut sich der Druck über eine gewisse Zeit auf und nimmt dann beim Entspannen der Feder bis zum Ende des Bezugs ab. Das Bemerkenswerte dabei ist: Wenn man die Flowrate misst, bleibt die bei diesem Prinzip nahezu konstant.
    Deswegen schwören auch viele auf den Espresso aus diesen Maschinen ;)

    Ich weiß nicht, ob dir mein Roman jetzt weiterhilft, aber soweit ein paar Aspekte der Flowcontrol ;)
     
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  3. #3 LittleJoe, 31.01.2023
    LittleJoe

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    Ahaa.

    Danke für die anschauliche Aufklärung. :cool:
     
  4. omega3

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    Du solltest Lehrer werden - wenn du nicht schon einer bist. ;)
     
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  5. #5 Cappu_Tom, 01.02.2023
    Cappu_Tom

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    Auf freundliche Zeitgenossen ist Verlass :rolleyes:
     
  6. joost

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    wunderbar - und jetzt noch mein Hinweis: stell dich vllt mal an eine Pavoni, dann spürst du auch, was du dann siehst und all die Theorie wird zur direkt erlebbaren Praxis :)
     
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  7. omega3

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    Im Prinzip haben wir es hier einfach mit zwei linearen Funktionen zu tun: Die Federspannung nimmt proportional zum zurückgelegten Weg ab, und der im Puck vorhandene Widerstand proportional extrahierten Menge an löslichem Material im Kaffee. Wenn beides aufeinander abgestimmt ist, resultiert eben diese konstante Flowrate.
    Genau - wobei ein Robot oder eine Flair mindestens so geeignet sind für Einsteiger wie eine Pavoni. Ich kann nur für mich sprechen, aber ich wurde mit der Europiccola nie so richtig warm, während ich den Robot sofort ins Herz geschlossen habe. Auch - oder gerade - ohne Manometer. Den Widerstand im Puck zu spüren und den Druck intuitiv anzupassen, während man im Spiegel sieht, was beim Bodenlosen passiert, macht einfach Spass und ist super lehrreich. Das Ganze an eine Software zu delegieren oder zu hoffen, mit konstanten 9 Bar werde es schon irgendwie klappen, käme mir nicht in den Sinn!

    ps. Das mit dem Lehrer war keine Ironie, sonder als ehrliches Kompliment gedacht!
     
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  8. #8 Technokrat, 01.02.2023
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    Die Präinfusion beim Feder-basierten Handhebler, und um die geht es vorliegend, wird nicht mittels der Feder bewirkt. Die Präinfusion erfolgt durch das Einströmen des Wassers in die Brühgruppe während der sogenannten Arbeitsstellung des Hebels, wobei dieses Einströmen - d.h. die Präinfusion - beispielsweise durch eine herkömmliche Vibrations- oder Rotationspumpe bewirkt wird. Erst die Bewegung zurück in die Ruhestellung während der Extraktion erfolgt dann mit linear abnehmender Federkraft.
     
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  9. #9 Schlachsahne, 01.02.2023
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    Genau, das ist ein großes Missverständnis. Wenn beim hh der Weg zwischen Boiler und Brühgruppe offen ist, fließt das gesamte Bezugswasser in sehr kurzer Zeit in die Brühgruppe und steht quasi auf dem Kaffee. Die Tröpfchenweise pi, die viele praktizieren ist eher das Gegenteil vom hh...
     
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  10. moatl

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    top!

    #wiederwasgelernt
     
  11. #11 Cappu_Tom, 01.02.2023
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    Wenn das so einfach wäre, dann müsste doch bei einer Maschine mit konstantem Druck (Pumpe + OPV) die Durchflussrate im Laufe des Bezugs deutlich zunehmen?
     
  12. #12 yoshi005, 01.02.2023
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    Nur als Ergänzung: Bei den meisten klassischen Handheblern (ohne Wärmetauscher oder Dualboiler) wird die Brühgruppe über den Kesseldruck befüllt, die PI erfolgt mit dem Kesseldruck. Die Pumpe dient hier nur zum Befüllen des Kessels.
     
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  13. moatl

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    genauso ist es.

    Meine Frau hat ein Café mit einer 2-gruppigen Storm. Bei der kann man über einen Hebel den Pumpendruck variabel steuern und zu jederzeit die Flowrate ablesen.
    Wenn die Pumpe auf einen festen Wert eingestellt ist, sieht man, wie die Flowrate über die Dauer des Bezugs kontinuierlich zunimmt.
     
  14. #14 Technokrat, 01.02.2023
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    oder bei einem Festwasseranschluss entfällt sogar die Pumpe zum Befüllen des Kessels. Lautlose Bezüge, schon schön ...

    OT end
     
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  15. tobsn

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    Es gibt aber halt immer Ausnahmen.
    Hab da so ein paar Kaffee bei denen der Durchfluss bei konstantem Druck abnimmt, bzw. bei konstantem Durchfluss der Druck steigt.
    Ich beobachte das bei dunklen Kaffee mit hohem CO2 Anteil.
    Das sind dann die Kaffee, die mir immer auf meiner alten Silvia mit konstantem Druck besonders gefallen haben, jetzt weiß ich warum.

    PXL_20221120_133046715-COLLAGE.jpg

    Oben mit konstantem Fluss und unten mit konstantem Druck.

    :)
     
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  16. joost

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    ja, pardon. Ein direkter Handhebler, am besten mit bodenlosem Siebträger. Egal welcher. Die Pavoni war nur ein Beispiel, weil am weitesten verbreitet.
    :)
     
  17. #17 Technokrat, 01.02.2023
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    Ja, habe ich auch schon beobachtet. Nach meiner Erfahrung dominiert der Effekt der einstellbaren Flowrate bei sehr feinen Mahlgraden während der PI, weniger Einfluss gibt es am Ende des Bezugs. Wenn der Druck bei sehr feinem Mahlgrad bei hohen Flowraten sehr schnell ansteigt, wird der Puck schlagartig komprimiert und nimmt danach kein Wasser mehr auf. Der Bezug ist dann hinüber. Dem kann man mit geringen Flowraten entgegenwirken.
     
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  18. S.C.H.

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    Ich habe die Lelit Bianca mit Nadelventil.

    Eine Art damit umzugehen ist das Paddle (man kann das Nadelventil eine halbe Umdrehung auf oder zu drehen) auf z.B. halbe Position zu setzen. Auf dieser Position stehen lassen und "ganz normal" den Kaffee beziehen.
    Was dann passiert ist technisch gesehen eine Reduzierung der Wassermenge pro Zeiteinheit (Gramm/Sekunde). Was aus Sicht der Kaffee-Extraktion passiert ist folgendes:

    Der Druckaufbau in der E61 Brühgruppe ist sowieso schon verzögert. Durch das Zudrehen dauert es nochmal länger. Die Zeit die es benötigt kann man mit der Position des Paddles beeinflussen. Das nennen manche progressives Blooming, da kein konstanter Druck zum bloomen verwendet wird, sondern ein "langsam" ansteigender.
    Wenn der Druck dann voll da ist, fließen die ersten paar Gramm. Der Puck erodiert mit der Zeit die Fines und die Espressomaschine kann stetig zunehmend weniger Wasser liefern um den vollen Druck am Puck anliegen zu haben. Die Druckkurve am Puck fällt ab (declining pressure profile). Durch die feste Position des Paddles hat man trotz "analoger Steuerung" wiederholbare Ergebnisse; im Gegensatz dazu wenn man während der Extraktion per Hand eingreift.
    Das ist im Grunde genau der Bereich in dem viele DECENT Leute experimentieren.
    Nur bei Flowcontrol steuert man einen einzigen Parameter, der sowohl Blooming als auch das abfallende Druckprofil gleichzeitig beeinflusst. Eine weitere Variable ist der Maximaldruck. Dreht man den Hahn weiter zu erreicht man am Peak irgendwann nicht mehr den vollen Druck.
    Der Einfluss des Nadelventils ist immer multifaktoriell, deswegen rate ich dazu mit festen Positionen am Paddle zu experimentieren und dann mit Zeit, Ratio und Mahlgrad an das gewünschte Ergebnis eigentlich ganz traditionell heran zu arbeiten. Leichtere Espressi entstehen so mit eher zugdrehten Ventil und klassisch kräftige Espressi mit voll aufgedrehten Ventil.

    Warum möchte man Bloomen?
    Das Kaffeemehl sollte erstmal ganz durchfeuchtet sein, bevor der volle Druck kommt um gleichmäßiger extrahieren zu können.
    Zusätzlich muss man feiner mahlen, was zusätzlich den Geschmack verändert.

    Warum möchte man ein Druckabfall am Ende der Extraktion?
    Meiner Meinung nach versucht man zum Ende der Extraktion des Espresso, also die Stelle an der Körper entsteht, noch behutsamer und mit weniger Druck zu arbeiten um den Körper einerseits zu reduzieren bzw. den Körper im Idealfall eleganter und weniger wuchtig heraus zu arbeiten.
    Ergebnis sind viel hellere, eher an Fruchtsaft erinnernde Espressi bei reduziertem Flow. Auch schmecke ich mehr Zeste von Zitrusfrüchten. Sehr schön für typisch äthiopische Kaffees.
     
  19. #19 Technokrat, 01.02.2023
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    Nö. Die erodierenden Fines führen dazu, dass der Puckwiderstand abnimmt. Dies führt dann ohne Flow-Regelung dazu, dass der Flow zunimmt, d.h. die Espressomaschine liefert zunehmend mehr Wasser pro Zeiteinheit. Wie viel mehr Wasser pro Zeiteinheit geliefert wird, hängt dann u.a. von der Stellung des Paddles ab. Der Druckabfall rührt dann daher, dass dieses mehr an Wasser pro Zeiteinheit in Verbindung mit dem geringeren Widerstand des Pucks nicht mehr ausreicht, den "vollen Druck" am Puck abfallen zu lassen.

    Die Bianca mit konstanter Paddle-Stellung entspricht einer herkömmlichen Maschine mit festem Gicleur, wobei der Durchmesser des Gicleur der Paddle-Stellung entspricht.
     
  20. #20 mr.smith, 01.02.2023
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    Komisch - ich hab eigentlich umgekehrte Erfahrungen !
     
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