Mysteriöse “Faemina“- Vorserienmodell oder doch hochwertiger Klon?

Hi,
hab ja wie in den Raritäten schon geteasert mal wieder etwas sehr Spannendes erwerben können, auch wenn die Geschichte noch nicht ganz eindeutig geklärt ist, es mindestens zwei unterschiedliche Auffassungen aus profunden Mündern zu deren Historie gibt:


Letztes Jahr wurde ja dieser etwas seltsam hölzern (nicht nur bezüglich Materialität) anmutenden Prototyp einer Faemina in den sozialen Netzwerken gezeigt, wobei da in der Nachbesprechung wohl deutlich wurde, dass es sich hierbei nicht um eine Ur- Faemina handelt, sondern um den etwas späteren Versuch einer Weiterentwicklung, quasi sowas wie eine Studie, die dann doch nie in Serienproduktion gegangen ist. Zwar ein in höchsten Maße rarer, sicher sehr wertvoller Prototyp, der ja auch im Faema Buch von Maltoni als Einzelstück (?) in Hardware abgebildet ist, aber auch nicht mehr.

Dort gibt es aber dann ja aber auch noch das Bild dieser anderen, früheren „Ur-Faemina“ mit vielen konzeptionellen Anleihen, allerdings einem völlig anderem Sockel als bei den sonstigen Faeminas und noch dieser prägnanten „netzhaften“ Verzierung am Kessel:


Nun habe ich doch vor wenigen Wochen das Verkaufs- Bild eines kompakten Haushaltshandheblers, einer gewissen „Vivolina“ aus Milano zugesendet bekommen (zuvor nie gehört), dieser auch auf einer Versteigerungsplattform, die nicht gerade sehr gängig für so etwas ist und dort dann bereits recht günstig verkauft wurde.













Da mich die dort eingestellten Bilder sofort an die Maschine im Faema - Buch erinnert hat, hab ich Detail für Detail verglichen und tatsächlich sehr viele Übereinstimmungen gefunden, eigentlich bis auf das (sandgestrahlte oder geätzte?) „Ziergitter“ am vernickelten Gehäusemantel weitgehend identisch. Daher habe ich auf gut Glück „bei den üblichen Verdächtigen“ mal nachgefragt und bin dann im Südwesten Europas fündig geworden, konnte doch den Käufer ausfindig machen und nach etwas „zähem“ Verhandeln diese Maschine dann auch tatsächlich erwerben. Ihm war schon deren Seltenheit bewusst, denn er hatte bisher gar nichts dazu im Netz entdecken können. Zwischenzeitlich wurde ich auch noch aus meinem oberbayerischen Netzwerk (ois Schwoaba) auf Francesco Ceccarelli‘s Seite auf die fast identische „Facchinetti Neuchatel“ von der Firma FABAR (im Schweizer Lugano ansässig) aufmerksam gemacht, die ich mir dort zwar vor Jahren schon mal angeschaut, aber tatsächlich hier zunächst nicht mehr auf dem Schirm hatte.

Fortsetzung folgt!

 

Vielleicht vorab mal noch die Bemerkung, dass meiner Meinung nach die Faeminas hier generell etwas zu kurz kommen. Da ich mich selbst an die Souveränität eines Gastro- Handheblers (oder alternativ helle Röstungen als Brühkaffee) gewöhnt habe, ist bei mir auch keine dieser stylischen Steampunk- Maschinen im täglichen Einsatz. Allerdings wenn man sich vergegenwärtigt, dass diese Maschinen so ziemlich zu Beginn der Handhebler- Phase schon 1950 für sehr gut situierte Privathaushalte, Büros, kleine Gastrobetriebe,……entwickelt wurden, quasi schon Gastro- Brühgruppe besaßen, dann über Jahrzehnte in signifikanter Stückzahl (fast 30T) technisch fast unverändert produziert wurden, dann ist dies schon mehr als nur bemerkenswert. Julius (@oscarpeterson) hatte hier vor langer Zeit denen mal den Stellenwert gegeben, den sie tatsächlich auch verdient haben.

Jetzt habe ich nach dem Kauf natürlich bei den bisherigen Informationsquellen zu dieser Maschine angeklopft und wie eigentlich auch zu erwarten dann recht unterschiedliche Aussagen bekommen:

Francesco Ceccarelli: er ja sowas wie die Referenz schlechthin für die italienischen Haushalts- Handhebler, auf seiner umfangreichen Internetseite ja auch die Facchinetti von FABAR in Lugano nicht nur vorgestellt, sondern auch noch in Einzelteile zerlegt und dokumentiert. Es ist bei ihm als Produktionsdatum 1957 angegeben, auf Nachfrage, woran dies denn festzumachen sei, war er sich nicht mehr ganz sicher, könnte wohl auf der Heizung vermerkt gewesen sein. Er legt sich auch fest, dass es sich um einen hochwertig gemachten, sehr seltenen Schweizer Nachbau handeln müsse, Belege oder gar Beweise dafür hat er aber auch keine.

Enrico Maltoni: den habe ich natürlich auch angeschrieben, wurde zunächst um etwas Geduld gebeten und dann allerdings doch keine weitere Auskunft über die Informationen im Faema - Buch hinaus erhalten könne, wie schade. Dies mit der Begründung, dass er einem geplanten Buch nicht vorweg greifen könne/wolle, ich aber Einsicht in weitere Dokumente und Patentschriften vor Ort in Secchiano haben könnte, immerhin.
Im Buch, dass ja auf Basis eines mehr als umfangreichen Firmen- Archivs entstanden ist, steht als Bildunterschrift zu genau dieser Maschine (nur noch mit zusätzlichem Rautenmuster) zum SW- Bild von oben recht eindeutig:
„Kleine Espressomaschine für den Gebrauch Zuhause und im Büro. Vorläufermodell für Faemina, nur in geringer Stückzahl hergestellt.“
Klingt zumindest sehr unmissverständlich……

Sebastièn (@pootoogoo): wie gewohnt eine Bank, wenn es sich um eine Recherche zu der Historie von solchen Sachen handelt, wirklich beeindruckend. Er hat doch tatsächlich herausgefunden, dass Walter Perotti, der Gründer 1955 der Im- und Export- Firma FABAR in Lugano, zuvor der Repräsentant von EMI ( Zweitmarke von. Faema) in der Schweiz war, es also zumindest eine direkte Verbindung zu Faema in Mailand und Valente gab.

Bleibt also auch weiterhin spannend, daher „Fortsetzung folgt“!