sauer und bitter? - trotziger Kaffee

Diskutiere sauer und bitter? - trotziger Kaffee im Bohnen und Kaffee Forum im Bereich Rund um die Bohne; Hallo liebe Espressi-Community, ich habe gerade einen besonders aufmüpfigen Espresso vor mir und da stelle ich tatsächlich direkt einmal meine...

  1. #1 Zitrone, 09.02.2022
    Zuletzt bearbeitet: 09.02.2022
    Zitrone

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    Hallo liebe Espressi-Community,

    ich habe gerade einen besonders aufmüpfigen Espresso vor mir und da stelle ich tatsächlich direkt einmal meine ganze Vorgehensweise in Frage. Er schmeckt bitter und sauer zugleich und ich bekomme einfach keine Süße und Balanciertheit hin. Ich habe bereits unzählige andere Beiträge hier im Forum gelesen (unter anderem in meiner Anfangszeit sehr geholfen: Diskussion: Ein Erste-Hilfe-Kasten für Espresso), die sehr gute Reihe von James Hoffmann durchgesehen und und und. Ich fühle mich zumindest nicht aufgeschmissen, wenn der Espresso einmal nicht schmeckt. Hier die hard facts:

    Maschine: Ascaso Steel Uno Thermoblock; bodenloser ST mit 14g Sieb (Ascaso competition; passen im Schnitt dunkle Röstung maximal 17g+- rein; bei 16g ist der Puck gerade noch so fest); Waage mit Nachkommastelle
    Mühle: Commandante mit RedClix (normalerweise sehr reproduzierbare Ergebnisse)
    Wasserhärte: 10°dH; 9 Alkalinität (schmeckt super, Kalk keine Probleme)
    Bohne: Kolumbien, mittlere Röstung El Carmen (washed) Caturra&Castillo Verietät; Region Pitalito von Rösterei Bonanza Berlin
    Puck-Prep: Leveling Tool; WDT bei Bedarf; passgenauer Tamper Motta (Channeling ist soweit im Griff; schöne Extraktion beim bodenlosen ST)

    Meine Vorgehensweise:
    -Bohne im Mittelfeld meiner maximalen Siebkapazität abwiegen (16,5g), damit später Platz zum finetuning bleibt (+-0,5g).
    -einen Mahlgrad würfeln und einstellen
    -Brühverhältnis von 35-45g wird angepeilt (wird meistens um die 37g als erstes probiert)
    .......................................
    Dann der erste Bezug: viel zu schnell? viel zu langsam? --> Mahlgrad anpassen (im Schnitt sind es 7 sek. die man pro Click bei der Commandante rausholen kann)

    Bin ich nun in einem gesunden Zeitrahmen (also ca. 25-30 Sekunden für 35-40g) gehts ans fine tuning, denn meistens ist der Kaffee bei mir noch nicht balanciert.

    -- Und nun mein erster Konflikt, wenn der Espresso noch nicht schmeckt:
    Nehmen wir an der Espresso läuft in 25Sekunden auf ein Endvolumen von 38mL durch, schmeckt aber leicht bitter.
    Dann würde ich meine Kaffeemehlmenge anpassen und auf z.B. 17g in gehen.
    Die 17g resultieren aber auch gleichzeitig in einer etwas längeren Durchlaufzeit, also wiederum Erzeugen einer Bitterkeit.
    Gegenbeispiel (Annahme gleich, aber zu sauer): Kaffeemehl auf 16g reduzieren, um mehr aus dem Mehl rauszuholen, v.a. Bitterstoffe (ist ja eine gängige Methode). Das wiederum lässt aber meinen Espresso wieder schneller durchlaufen und macht ihn saurer. Ist nun die Menge des Kaffeemehls geschmacklich ein größerer Faktor oder die gänderte Durchlaufzeit (die 0,5g Änderung im Brühverhältnis vernachlässigen wir hier einmal). Diese 0,5g mehr oder weniger K-Mehl machen schon ein paar Sekunden aus nämlich.
    Ziehe ich am einen Hebel, ändern sich zwei andere...

    -- Und nun zum zweiten Konflikt: Brühverhältnis
    Man könnte statt das Kaffeemehl zu verändern auch das Brühverhältnis ändern. Also nicht 1:2 oder 1:2,2 , sonder auch mal auf 1:2,5 gehen und den eh schon kurzen Espresso auf 40-45g durchlaufen lassen in einer annehmbaren Zeit. Dadurch wird er logischerweise bitterer.
    Wenn ich aber so einen Trotzkopf, wie den Kolumbien Espresso habe, der noch keine Süße hat, sondern eine stechende Säure und ein wenig bitter schmeckt. In welche Richtung verändere ich die Parameter?
    Brühverhältnis? Kaffeemehl? Beides?
    Die Temperatur ist nicht zu kalt, die möchte ich hier einmal beiseite lassen, da viele Kaffees ja auf Anhieb funktionieren, auch die Hellen. Der Mahlgrad passt soweit ja auch, es geht mir hier um die beiden anderen Faktoren, die sich gegenseitig teilweise neutralisieren.
    Generell lässt sich sagen, dass ich oft ein Problem habe die Süße rauszuholen, aber noch nicht ins Bittere zu gehen, aber eben nicht immer.

    Alles in Allem gar nicht so schlimm, da ich immer Cappuccini daraus mache und die Milch puffert viel, allerdings möchte ich natürlich das Maximum aus der Bohne holen und gewünschte Aromen betonen. Zudem ist es ja ein doofes Gefühl einen sauren Espresso mit Milch zu verdünnen. Das ist wie Farbe über Rost pinseln: Sieht gut aus, aber man weiß was dahinter steckt.


    Vielleicht hat jemand von euch einen Tipp, einen Herzinfarkt bei meiner Vorgehensweise bekommen oder motivierende Worte.


    Ich freue mich :)

    Felix

    (ich nutze übrigens Kaffee als überordnenden Begriff für Getränke, die in der Tasse landen, verzeiht mir also, wenn ich nicht immer von Espresso explizit spreche, es aber tatsächlich meine)


    Edit (und Achtung viel vielleicht schon überdachter Text): Ich habe jetzt einen kleinen Durchbruch erzielt: Meine beste Einstellung zuvor war: Mahlgrad (stellvertretende Zahl) 11 mit 17g in und 38 out in 30sek.
    Nun habe ich Mahlgrad 10 mit 15,9g in und 38 out in auch 30sek.
    Das witzige ist, die Crema war gleich gut, wenn nicht sogar ein wenig schlechter und der Flow der gleiche ungefähr. Schmeckt aber viel, viel besser. Die Säure war mehr integriert und der Kaffee nicht so aggressiv. Diesen Zahlen 30sek und 38g out habe ich mich heute wie ein Zange angenähert: einmal gröber gemahlen und geringer Flow durch 17g in und einmal feiner gemahlen und höherer Flow durch 15,9g in. Komplett anderer Geschmack... Mir gefällt nur noch nicht so ganz, dass ich mehrere Parameter gleichzeitig geändert habe. Den Input des Kaffeemehls und das Brühverhältnis und sogar den Mahlgrad. Ganz zufrieden bin ich tatsächlich immer noch nicht...Diese Bittersäure bleibt, wenn auch schon abgeschwächt.
    Meine Theorie, die sich durch diese "Zange" ergeben hat:
    Einmal mahle ich feiner, nähere mich der Zeit und der brewratio so an, dass ich den Flow erhöhe und die Extraktion durch weniger Kaffeemehl (15,9g) und einmal mahle ich gröber und muss den Flow erniedrigen mit viel Kaffeemehl (17g). Das resultiert in einmal doppel Süße/Bitter-Machern (fein gemahlen, wenig Kaffeemehl) und einmal doppel saurer-Macher (gröber gemahlen, mehr Kaffeemehl). Ich kann aber bei Methode 1 (doppel Süße/Bitter), nicht noch ein bisschen süßer machen, da ich den Flow ja schon maximal hochgeschraubt habe und die Extraktion auch. Viel Weniger als 16g ist zu wenig für das Sieb. Und andersrum genauso (die 17g sind maximal voll). Kann es sein dass die Röstung einfach genau dazwischen liegt? Oder ist jetzt der Punkt gekommen mit der Brew-Ratio zu arbeiten? Was wiederum im Bezugszeiten weit über den 30sek enden würde, wenn ich den shot voluminöser machen würde. Viel Text, aber auch ein großes Gedanken-Gewirr, wie ihr seht. ich hoffe man kann den Gedankengang verstehen.
     
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  2. #2 quick-lu, 09.02.2022
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    Ich würde solche Röstungen nie in ein 14g Sieb packen, ich würde min. 19g in ein ausreichend großes dimensioniertes Sieb füllen. Ich würde mir an deiner Stelle also zuerst ein geeignetes Sieb für solch anspruchsvolle Bohnen kaufen. VST 18 oder 20g, idealerweise ridgeless, wäre meine Empfehlung.
    Und dann würde ich ganz von vorne anfangen und versuchen eine BR von 1:2-1:2,5 in einer Zeit von 30-40 sec. zu erreichen.
    Dann von neuem bewerten und anpassen.
    Deine Maschine hat kein PID, richtig?
     
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  3. #3 Zitrone, 09.02.2022
    Zuletzt bearbeitet: 09.02.2022
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    Leider nicht :(
    Wieviel passt denn in so ein 18g Sieb effektiv? Bestimmt ein bisschen mehr in der Praxis oder?

    Das finde ich einen guten Plan, aber müsste das nicht nach unten skalierbar sein, also im Verhältnis gesehen auch ein passables Ergebnis mit den 17g Bohne schaffbar sein? Oder meintest du damit, dass es einfach schwerer sei, den optimalen Punkt zu treffen?

    Danke für den Input. :) Manchmal ist es tatsächlich besser alles noch einmal frisch aufzurollen.
     
  4. #4 quick-lu, 09.02.2022
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    Das hängt auch von der BG ab, wie weit sie ins Sieb hineinragt. Aber 18g gehen sicher. Es braucht schon etwas Platz zum Duschsieb, wieviel man überfüllen kann hängt vom Mahlgut, dem Mahlgrad, der Varietät, der Röstung und wie geschrieben der Maschine ab.
    Das nach unten skalieren versuchst du ja gerade und merkst, es ist nicht ganz einfach.
    Versprechen kann ich dir auch mit einem größeren Sieb und größerer Füllmenge nicht, dass er dir schmecken wird. Und welche Verhältnisse dann bei welcher Bezugszeit sich für dein Setup als optimal heraustellen wird, kann ich aus der Ferne leider auch nicht vorhersagen.
    Aber 14g Siebe sind gut für dunkle Röstungen, für derart helle wie dem deinen braucht es mehr Menge im Sieb.
    Ich habe die Röstungen von Bonanza immer als recht gutmütig kennengelernt. Einer meiner Lieblingsröster. Die verstehen ihr Handwerk, aber du hast auch ein komplett anderes Equipment.
     
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  5. FRAC42

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    Wenn du die Dosis änderst musst du auch den Mahlgrad anpassen, damit Bezugszeit und Brührate gleich bleiben. Wenn du nur die Dosis änderst kommst du sonst zu einem anderen Bezug, bei dem sich mehrere Parameter gleichzeitig geändert haben, wodurch die Sache unübersichtlich wird und zu schwer erklärbaren Effekten führt. Wirklich nur einen Parameter ändern geht nicht, dafür hängt alles zu sehr von allem ab. Aber von der Dreifaltigkeit aus Dosis, Brührate und Bezugszeit immer nur einen Parameter zu ändern und das mittels des Mahlgrads auszutarieren sollte helfen. Zusätzlich zu dem Tipp von quick-lu, ein größeres Sieb zu verwenden.
     
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