Temperatursurfen für Quickmill 0820: niedrigere Temperaturen erwünscht

Diskutiere Temperatursurfen für Quickmill 0820: niedrigere Temperaturen erwünscht im Espresso- und Kaffeemaschinen Forum im Bereich Maschinen und Technik; Hallo zusammen, mal eine Frage an die erfahrenen QM-Nutzer: mit meiner 0820 praktiziere ich das Temperatursurfen, das @Sebastiano mehrfach...

  1. #1 BrikkaFreund, 16.02.2017
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    Hallo zusammen,

    mal eine Frage an die erfahrenen QM-Nutzer: mit meiner 0820 praktiziere ich das Temperatursurfen, das @Sebastiano mehrfach beschreibt. Entweder starte ich den Bezug direkt nach Beenden des Heizens, oder ich betätige nach Ende des Heizzyklus noch kurz die Dampftaste, um höhere Temperaturen erreichen zu können. Das Ganze klappt soweit recht gut und reproduzierbar, soweit ich mich da auf meinen Geschmack verlassen kann.

    Jetzt habe ich den Hinweis bekommen, es mal mit einer tieferen Brühtemperatur zu versuchen. Genannt sind 90°C. Mit welchem Workflow ist es denn möglich, reproduzierbar diese tieferen Brühtemperaturen zu erreichen? Hat da jemand eine Idee?
     
  2. #2 Sebastiano, 16.02.2017
    Zuletzt bearbeitet: 16.02.2017
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    Nun – Du als Surf-Profi könntest doch eigentlich auch genau das gegensätzliche Prozedere anwenden. Will sagen: nach Ende der Heizphase, als den quasi justierbaren/reproduzierbaren ‚Nullpunkt‘, eben einen Leerbezug starten oder eine bestimmte Zeit warten. Die Dauer des Leerbezugs oder die Zeit entscheiden über ein allmähliches Absinken der Temperatur, ähnlich wie das Ansteigen der Temperatur durch die Dampfheizung. Optimaler Temperatur-Tiefpunkt wäre wohl zwischen dem Abschaltpunkt und dem erneuten Einschaltpunkt der Heizung, der durch die empirische Methode zu finden wäre, also einfach durch ausprobieren. Würdest du am maximalen Temperatur-Tiefpunkt starten, so würde sich wohl eine leicht ansteigende Temperaturkurve während des Bezugs ergeben.

    Eine nachvollziehbare Temperaturkurve ergibt sich aus dem Diagramm von @Pemischl in diesem Beitrag. Dort ist auch eine gradgenaue Exeltabelle verlinkt. Eventuell ist das Prozedere für eine aktive Temperatursenkung nicht so treffsicher und schnell steuerbar wie beim Hochheizen durch die Dampf-Funktion, aber grundsätzlich dürfte das wohl funktionieren.

    Randbemerkung – Diese durchaus etwas 'spitzfindigen' Ausführungen sind kein erforderliches 'Standard-Prozedere' und mögen für 'Nicht-Temperatursurfer' vielleicht etwas abenteuerlich oder sogar abwegig anmuten – aber genau diese und andere Einflussmöglichkeiten beim Thermoblock schätze ich sehr. Falls gewünscht, lässt sich von Bezug zu Bezug gezielt so einiges experimentell und reproduzierbar manuell beeinflussen. Eine PID-Steuerung wäre gewiss hilfreich, aber gerade die manuelle Steuerbarkeit ist das, was ich im Laufe vieler Jahre an diesen Modellen schätzen gelernt habe. Zudem schult das jeweilige Ergebnis in der Tasse die Experimentierfreude des Home-Baristas – entweder als Belohnung und beglückende Bestätigung bei Erfolg, mitunter aber auch als gnadenlose, weniger beglückende Rückmeldung einer Fehleinschätzung… ;)

    Über das individuell bevorzugte Geschmacksprofil eines Caffès zu diskutieren erscheint bei Deiner eigentlich mehr technisch begründeten Ausgangsfrage vielleicht überzogen – dennoch: welche Bohnensorten/Röstungen verwendest Du, und was möchtest Du durch eine niedrigere Brühtemperatur bewirken?

    Begleitend dazu könnte diese Darstellung von @Ganzo auch hilfreich sein: Der Einfluss der Temperatur auf die Extraktion. Er beschreibt darin grob auch den Einfluss der Brühtemperatur auf das Geschmacksprofil – wenngleich das lediglich nur als grober Anhaltspunkt dienen kann, da die Brühtemperatur eben nur einen Faktor der Geschmacksbeeinflussung berührt.

    Gruß, Sebastiano
    .
     
  3. #3 BrikkaFreund, 16.02.2017
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    Danke für Deine Antwort. Das klingt ja erstmal logisch, ich muss halt einfach ein bisschen herumprobieren, welche Dauer der Leerbezug haben sollte.

    Ich habe eine Bohne eines auch hier präsenten Rösters, mit der ich einfach nicht zurecht komme: der Geschmack ist immer sehr sauer, auch wenn ich die Temperatur erhöhe. Sein Tipp war, es mal mit einer niedrigeren Temperatur zu versuchen (90°C) mit dem direkten Hinweis, dass dies eigentlich genau nicht den üblichen Empfehlungen entspricht. Die Begründung war, dass ich mit tieferen Temperaturen zwar die Quantität der Säure steigere, diese dann aber auch anders schmeckt bzw. wirkt. Und ausprobieren kann ich den Tipp ja mal, schließlich sollte der Röster seine Bohnen am Besten kennen.
     
  4. #4 Sebastiano, 16.02.2017
    Zuletzt bearbeitet: 16.02.2017
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    Ja, das klingt logisch und ist auch für mich nachvollziehbar. Eine gewisse, qualitativ ausgeprägte Säurenote kann durchaus angenehm schmecken…
    Aber – selbst wenn der Röster seine Bohnen am Besten kennt und einen Pfad aufzeigen kann, wie das Geschmacksprofil beeinflussbar ist… Er wird Dir aber niemals als letztgültige Instanz dienen können, soweit es Deine urpersönlichen Geschmacksvorlieben betrifft. Dein Geschmack ist eine individuelle Einzelanfertigung, die Du entweder als Naturtalent besitzt oder eben durch Experimentierfreude geschult und ausgebildet hast. Aber dafür hast Du ja wohl gute persönliche, wie auch gute technische Voraussetzungen… ;)

    Indes – nicht aus jeder Bohnensorte oder Röstung lässt sich durch Veränderung der Zubereitungsparameter ein individuell erwünschtes Geschmacksprofil erzwingen, gerade deswegen hat ja jede Sorte oder jede Mischung ihren Charakter… Vielleicht liegt Dir der Charakter des betreffenden Kaffees geschmacklich einfach nicht – und das auch (oder vielleicht sogar gerade) entgegen eines vermeintlichen 'Mehrheitsgeschmacks', der vielleicht von einer 'schreibenden Foristen-Mehrheit' bevorzugt wird, die Du persönlich gar nicht kennst, deren geschmackliches Urteilsvermögen daher nicht einschätzbar ist und nicht unbedingt 'der' richtungweisende Maßstab sein kann…?

    Viel Erfolg und Gruß, Sebastiano
    .
     
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  5. #5 S.Bresseau, 16.02.2017
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    User Ganzo hat lediglich Jim Schulman ins Deutsche übersetzt - ohne Quellenangabe.
    Im verlinkten Thread findet man aber einen Link auf das Original.
     
  6. #6 BrikkaFreund, 16.02.2017
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    Danke dir erneut Sebastiano.

    Ich möchte mit dem Versuch auch nicht den Forengeschmack treffen, sondern aus den Bohnen etwas Trinkbares heraus bekommen. Auf die Idee, die Temperatur nach unten zu nehmen, wäre ich nicht gekommen. Ich werde am WE mal ausprobieren, ob es was bringt und dann hier berichten. Auch die Infos von @Ganzo werde ich mir nochmal anschauen.
     
  7. #7 BrikkaFreund, 18.02.2017
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    Wie angedroht hier eine kurze Rückmeldung: ich habe heute versucht, durch Leerbezüge eine niedrigere Brühtemperatur zu erreichen. Nach dem ersten Leerbezug habe ich den Siebträger entnommen & das Sieb mit Pulver gefüllt. Sobald die Lampe der Heizung ausging, habe ich erneut ohne ST einen Leerbezug gestartet. Beim ersten Mal war ich zu lange (nach 8s ging die Heizung wieder an), beim zweiten Versuch habe ich nach 5s den Leerbezug gestoppt und anschließend den Bezug gestartet. Mit 16gr in und 29gr out in 26s schmeckte mir das Ergebnis wesentlich besser. Der Geschmack war weniger sauer, die vorhandene Säure schmeckte eher fruchtig und der Espresso hatte den gewünschten schokoladigen Geschmack. Reproduzierbar scheint das Ganze auch: den dritten Versuch habe ich wieder "normal" durchgeführt, und es schmeckte mir deutlich zu sauer. Versuch 4 war wieder mit eingeschobenem Leerbezug für 5s mit dem gleichen Ergebnis wie bei #2.

    Für mich bleiben zwei Lerneffekte:
    - Die Brühtemperatur einer 0820 ist sowohl nach oben als auch nach unten in gewissen Grenzen anpassbar.
    - Wenn der saure Geschmack zu sehr als Säure dominiert, werde ich zukünftig auch mal geringere Brühtemperaturen ausprobieren, um ein ausgewogeneres Ergebnis zu bekommen.

    Danke auch nochmal an @Sebastiano für die Hilfe und an @Ganzo für die gezeigten Infos von Schulman.
     
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  8. #8 Sebastiano, 18.02.2017
    Zuletzt bearbeitet: 18.02.2017
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    Danke für Deine Versuchsreihe und Deinen Erfahrungsbericht. Das bestätigt die Bandbreite des experimentellen Potentials dieser meiner Ansicht nach völlig unterschätzten Maschinen…

    Auf eine deutlich niedrigere Temperatur um Säure 'positiv' zu beeinflussen wäre ich bisher nicht so recht gekommen. Ich hatte vor kurzem einen sehr hell gerösteten äthiopischen Sidamo (Kaffee-Fabrik Braunschweig), den ich bewusst und gegen die Empfehlung des Rösters in meinem Thermoblock testete. Der Röster empfahl ihn wegen des Säuregehalts ausdrücklich 'nur' für Filter. Zunächst schien sich auch seine Empfehlung zu bestätigen, da sich selbst bei erhöhter Surf-Temperatur (Dampfheizung für 7 Sekunden +) zu intensive Säure zeigte. Als ich daraufhin die Temperatur in mehreren Stufen bis hin zu 12 Sekunden + (sehr extrem…) weiter erhöhte reduzierte sich die Säure deutlich und blumige, fast schokoladige Nuancen wurden wahrnehmbar. Ergänzend sei angemerkt, dass die Röstung zu Beginn 4 Tage alt war (eigentlich zu frisch) und sich das Aromaprofil im Laufe von zwei Wochen weiter intensivierte. Ich überfülle das 1er Sieb deutlich, im 2er wird's noch besser, Durchlaufzeit zeitweise bis zu 40 Sekunden (bei sehr hellen Röstungen).

    Meine Quintessenz um Säure 'wegzudrücken' war also eine extrem erhöhte Temperatur gegenüber meinen bisherigen hellen Röstungen, ich werde aber mal das entgegengesetzte Extrem ausprobieren, was ja - eigentlich - auch der Röster-Empfehlung nahe kommen würde. Dazu wäre es hilfreich zu erfahren welche Bohne mit welchem Röstdatum Du verwendet hast.

    Gruß, Sebastiano
    .
     
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  9. #9 BrikkaFreund, 19.02.2017
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    Es ist der COOCAFISA von Good Karma Coffee, Röstdatum 18.01.2017. Der Kaffee ist unter "Medium Roast" gelistet, ist auch wirklich nicht sehr hell. Es ist mein erster Versuch mit Bohnen, die nicht unter "Barschlampe" oder "dunkle Röstung" laufen. Der Tipp mit der niedrigeren Temperatur kam direkt von Torsten und hat ja auch funktioniert. Ergebnis in der Tasse ist fruchtig und schokoladig und könnte in die Richtung gehen, wie es bei so einer Röstung gewünscht ist. Ich werde mich zukünftig trotzdem eher mit dunkleren Barschen beschäftigen ;-)
     
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